China: Talsohle noch nicht erreicht! - Nord LB Kolumne
Das chinesische Wachstum weist immer deutlichere Bremsspuren auf. Im letzten Quartal des Jahres 2018 betrug es „nur“ noch 6,4% Y/Y. Dies stellt für europäische Verhältnisse zwar immer noch einen exorbitant hohen Wert dar, für die Volksrepublik ist es aber der schwächste Wert seit der Finanzmarktkrise.
Es gibt mehrere Faktoren, die derzeit eine bremsende Wirkung auf die Dynamik des chinesischen Wachstums entfalten. Es allein dem Handelskrieg zuzuschieben wäre zu einfach. Es gibt auch zyklische und strukturelle Komponenten, die eine Rolle spielen.
Während der Einzelhandel sich aktuell noch relativ robust zeigt, gab es voraussichtlich deutliche Einbußen bei den Investitionen und den Exporten. Die genaue Zusammensetzung der Wachstumskomponenten wird allerdings erst später veröffentlicht. Der Konsum ist am aktuellen Rand jedoch gefährdet. Insbesondere der Automobilsektor ist unter Druck. Aber auch andere Konsumgüter bekommen zu spüren, dass Wachstum Grenzen hat: Ein großer amerikanischer Smartphone-Hersteller hatte beispielsweise vor kurzem mit Absatzproblemen für Schlagzeilen gesorgt. Der Bausektor meldete zuletzt auch einer Abkühlung.
Die Volksrepublik versucht aktuell verstärkt entgegenzusteuern. Am aktivsten zeigt sich die People‘s Bank of China, die zum Jahresauftakt eine Senkung der Mindestreservesätze um einen Prozentpunkt im Januar ankündigte und damit fortsetzt, was sie schon im letzten Jahr begann – die Liquidität im Finanzsystem zu erhöhen. Im Jahresverlauf wird die Mindestreservevorgabe für chinesische Banken mit Sicherheit weiter gelockert.
Die Regierung versucht Stimuli – wie Steuersenkungen – auszurollen, die unter anderem dem Autoabsatz und den Haushaltsgeräten unter die Arme greifen sollen. Steuersenkungen für Unternehmen sind in der Diskussion. Wir rechnen auch mit Infrastrukturinvestitionen und weiteren Stimuli. Diese könnten dann im 2. Halbjahr Wirkung entfalten. Vorerst ist die Talsohle aber noch nicht erreicht.
Die Situation ist dennoch nicht ganz einfach, denn in vielen Sektoren im privaten aber auch im öffentlichen Bereich ist die Verschuldung ein Problem. Eine Lockerung der Finanzierungskonditionen könnte fatale Folgen haben. Die Anstrengungen Pekings, den Schuldenberg aufzuräumen, kamen vielleicht insgesamt zu spät. Handelskrieg und Zyklik machen diese nun partiell wieder zunichte. Auch die Lockerung von Umweltvorgaben ist betrüblich.
Fazit: Das chinesische Wirtschaftswachstum schwächt sich im letzten Quartal 2018 weiter ab. Für einen so niedrigen Wert muss man schon lange zurückblicken. Allein den Handelskrieg für die Misere verantwortlich zu machen, greift jedoch zu kurz. Ja, er ist ein gewichtiger Faktor aber es gibt auch hausgemachte Probleme. Die Talsohle ist noch nicht erreicht. Peking ergreift Gegenmaßnahmen – Finanzierungsbedingungen werden gelockert und Steuern gesenkt. Richtig große Konjunkturprogramme zeichnen sich derzeit noch nicht ab, werden aber noch kommen. Die Stimuli werden jedoch erst später im Jahr ihre Wirkung entfalten.