Draghi reagiert auf Euro-Aufwertung ohne Erfolg - Commerzbank Kolumne
Bei der gestrigen EZB-Ratssitzung gab es wie erwartet keine geldpolitischen Änderungen. Das einleitende geldpolitische Statement wurde gänzlich unverändert gelassen. Zudem wurde die Forward Guidance, dass die Zinsen erst eine ganze Weile nach Beendigung des Anleihekaufprogramms angehoben werden, ebenfalls nicht verändert. Die EZB sei auch weiterhin bereit, wenn erforderlich, die Anleihekäufe sogar zu erhöhen. Viele hatten erwartet, dass zumindest diese Passage gestrichen wird. EZB-Chef Mario Draghi gab sich insgesamt sehr zuversichtlich. Das Wachstum sei stärker als die EZB erwartet hatte. Somit dürfte sich auch die Inflationsrate ganz allmählich in Richtung Zielmarke bewegen. Im Moment gäbe es aber noch keinen Aufwärtstrend bei der Kerninflation. Deshalb müsse die Geldpolitik weiter expansiv bleiben, auch wenn sich die Inflationsrate erhöhen sollte. Man könne deshalb noch von keinem Sieg sprechen, denn der Preisauftrieb sei weiterhin dafür zu gedämpft. Auf die Frage, inwieweit die Anleihekäufe im September beendet oder fortgeführt werden, sagte Draghi, dass hierüber im Rat noch nicht debattiert wurde. Angesichts einer sich besser als erwartet entwickelnden Konjunktur sei allerdings eine Diskussion hierüber in den kommenden Monaten notwendig. Für den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung ist aufgrund der Forward-Guidance der Zeitpunkt der Beendigung der Anleihekäufe aber ausschlaggebend.
Im Vorfeld der Sitzung hatten viele Marktteilnehmer erwartet, dass die EZB versucht, die Euro-Aufwertung zu begrenzen. EZB-Chef Präsident Mario Draghi betonte auch, wie schon im September 2017, dass die Volatilität des Euro-Kurses eine Quelle der Unsicherheit darstellt. Da ansonsten nicht der Eindruck entstand, dass sich die EZB Sorge über den starken Euro macht, wertete er sich während der Pressekonferenz weiter ggü. dem USD auf; er näherte sich kurzzeitig der Marke von 1,2550 USD.
Anleihen
Japan: Verbraucherpreise (Dez.), 00:30 Uhr
Frankreich: INSEE Geschäftsklima (Jan.), 8:45 Uhr
Euroraum: Kreditvergabe (Dez.), 10:00 Uhr
USA: Bruttoinlandsprodukt (Q4), 14:30 Uhr
USA: Aufträge langlebiger Güter (Dez.), 14:30 Uhr
EZB-Präsident Mario Draghi sieht die Konjunktur im Euroraum auf einen guten Weg. Die Inflation würde sich in die richtige Richtung bewegen – allerdings langfristig und sehr langsam. Dies stellte er gestern während der Pressekonferenz im Anschluss an die geldpolitische Sitzung fest. Er teilt die Einschätzung vom Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann, dass basierend auf den aktuellen Daten eine erste Zinserhöhung etwa Mitte 2019 erfolgen könnte. Als Reaktion auf seine Worte legten die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen merklich zu – fielen später aber zurück. Auch der Euro notierte zum US-Dollar im Verlauf der Pressekonferenz fester. Seine Worte wurden mithin etwas einseitig interpretiert. Erneut wurden gestern aus Deutschland gute Stimmungsdaten gemeldet. Zum einen ist das GfK-Verbrauchervertrauen auf einen neuen Höchststand geklettert. Zum anderen legte der Ifo-Geschäftsklimaindikator zu und liegt jetzt wieder auf dem erstmals im letzten November erreichten Gipfel von 117,6 Punkten. Die Ifo-Geschäftserwartungen waren jedoch den zweiten Monat in Folge rückläufig. Dabei dürfte es sich aber um eine Korrektur handeln und nicht um den Beginn eines längerfristigen Stimmungsabschwungs. Die aktuellen Ifo-Umfrageergebnisse sind jedenfalls im Einklang mit einem erneut sehr kräftigen Wachstum im ersten Quartal in Höhe von etwa 0,6% zum Vorquartal. Da die EZB die Konjunktur weiter anschiebt, dürfte der Aufschwung auch zumindest die nächsten zwei Jahre andauern. Solange die Inflation in Deutschland auch nicht deutlich höher ist als in anderen Euroraumländern, schadet die EZB mit ihrer expansiven Politik auch nicht einseitig deutschen Interessen.
Aktien
Colgate-Palmolive, Ergebnis Q4
Honeywell, Ergebnis Q4
Vor dem anstehenden Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank agierten die Anleger am gestrigen Handelstag zurückhaltend. Allerdings konnten die frühen Abschläge trotz des weiter festen Euros bis zur Mittagszeit aufgeholt werden und die meisten Indizes drehten so in positives Terrain. Unterstützend wirkte unter anderem die überraschend gute Unternehmensstimmung in Deutschland. Während der Pressekonferenz von EZB-Präsident Draghi fiel dann mit einem deutlich anziehenden Euro vor allem der Dax wieder in die Verlustzone zurück. Mit deutlichem Abstand stärkste Einzel-werte im deutschen Leitindex waren die Titel des Industriegaseproduzenten Linde (+2,8%), die von den überzeugenden Zahlen des künftigen Fusionspartners Praxair profitierten. Zum Auftakt der Tarifverhandlungen sind indes die Aktien der Deutschen Post (-2,9%) unter Druck geraten. Wie bereits an den anderen Handelstagen dieser Woche verzeichneten sie Kursverluste und fanden sich so am Ende des Dax 30 wieder. Im EUROSTOXX 50 tendierten in diesem Umfeld die meisten Branchen leichter. Als einzige Ausnahme konnten sich die Banken (+1,2%) von dem allgemeinen Schwächetrend positiv abheben. An der Wall Street vollzogen die Leitindizes eine Berg- und Talfahrt. Zwischenzeitlich hatten Aussagen von Finanzminister Mnuchin und darauf eine Relativierung von Präsident Trump für eine Achterbahnfahrt des US-Dollar gesorgt. Gegen Handelsende konnte sich der Dow Jones erholen und schloss klar im Plus, während sich der marktbreite S&P 500 und der Nasdaq 100 fast unverändert zeigten. Auf Branchenebene ragten Versorger (+1,5%) und Gesundheit (+0,9%) positiv heraus. Nach starken Zahlen und einer Prognoseanhebung standen die Aktien des Mischkonzerns 3M (+1,9%) mit an der Spitze der Kursliste. In Asien tendieren die einzelnen Indizes heute Morgen uneinheitlich.