Commerzbank: Massive geldpolitische Erwartungskorrektur scheint für die USA etwas übertrieben
Die Unsicherheiten rund um den „Brexit“ haben eine massive geldpolitische Erwartungskorrektur ausgelöst, wie an den Renditen 2jähriger Staatsanleihen ablesbar ist. Am abruptesten im Großbritannien, wo die Notenbank bereits über neue Lockerungsmaßnahmen nachdenkt. Doch auch für die USA war die Einschätzungsänderung massiv. zweijährige rentieren dort so niedrig wie Mitte Oktober, als der Markt sich von Gedanken an eine Leitzinswende im Dezember 2015 verabschiedet hatte; als sich diese dann doch ab-zeichnete, drehte er schnell. Ähnlich sehen wir die Lage an der aktuellen Wegscheide: Selbst wenn die Fed – wie wir erwarten – erst im Dezember das nächste Mal straffen wird, wäre ein deutlicher Renditeanstieg vorgezeichnet.
Zinsen und Anleihen
China: PMI-Caixin Dienstleistungen (Juni), 3:45 Uhr
Euroland: PMI Dienstleistungen (Juni), 10:00 Uhr
Euroland: Einzelhandelsumsätze (Mai), 11:00 Uhr
USA: Auftragseingang Industrie (Mai), 16:00 Uhr
Nach dem Brexit-Votum der Briten sind die Renditen erstklassiger Staatsanleihen weltweit kräftig gesunken und haben meist neue Tiefstände erreicht. Am stärksten war die Bewe- in Großbritannien selbst: Seit dem Referendum ist die Rendite zehnjähriger britischer Gilts um fast 60 Bp. zurückgegangen. In Großbritannien dürfte das Wachstum am meisten unter dem Brexit leiden, außerdem hat die BoE geldpolitischer Lockerungen für den Sommer in Aussicht gestellt. Eine Zinssenkung scheint uns wahrscheinlich. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries ging um 30 Bp. zurück. Dort sind die Zinserhöhungserwartungen für die Fed (siehe im Blickpunkt) deutlich zurückgegangen. Für dieses Jahr ist keine Zinserhöhung mehr vom Markt in den Zins-Futures eingepreist. Bei Bundesanleihen betrug der Renditerückgang nur knapp 25 Bp. seit dem Referendum. Vor allem die EZB hatte die Renditen mit ihren Anleihekäufen stark gedrückt, ein Übriges tat der Brexit, der zu einer Flucht in sichere Anleihen führte. Inzwischen gibt es nur noch sage und schreibe acht deutsche Bundesanleihen, die keine negative Rendite aufweisen. Das Kaufuniversum der EZB, die monatlich ein Volumen von 80 Mrd. EUR an Anleihen erwirbt, ist dadurch stark geschrumpft. Die EZB darf keine Anleihen mit einer Rendite unter ihrem Einlagensatz (-0,40%) erwerben. Dadurch kommen momentan 60% der Bundesanleihen für die EZB-Käufe nicht mehr in Frage. Am Freitag kam das Gerücht auf, die EZB werde die Staatsanleihen nicht mehr nach dem Kapitalschlüssel kaufen. Das würde zwar das potenzielle Kaufvolumen erhöhen, der Willkür werden aber Tür und Tor geöffnet. Dies sorgte kurzfristig für Marktirritationen, bis die EZB das Gerücht dementierte.
Aktien
Ryanair, Verkehrszahlen Juni
An den europäischen Aktienmärkten gab es gestern nach den deutlichen Gewinnen der Vorwoche eine Verschnaufpause. Zwar konnten die Indizes zu Handelsbeginn noch ein paar Punkte zulegen, danach ging es allerdings kontinuierlich abwärts. Die Umsätze fielen angesichts des Feiertages in den USA unterdurchschnittlich aus. Auch waren Makrodaten Mangelware, so dass die Impulse fehlten. Zudem scheint sich abzuzeichnen, dass der Großteil der Eindeckungen von Leerverkäufen abgearbeitet ist. Diese Short-Eindeckungen waren ein bedeutender Faktor der Erholung der Vorwoche. Damit dürfte es dem Markt schwer allen, weiter nach oben zu laufen. Angesichts steigender Rohstoffpreise (Silber mit einem deutlichen Preissprung) waren Grundstoffwerte (+1,5%) gefragt. Ansonsten ging es für defensive Sektoren überdurchschnittlich nach oben. Versorger (+0,5%) und Healthcare (+0,2%) waren die einzigen weiteren Sektoren, die im Plus schließen konnten. Am deutlichsten abwärts ging es für Autos (-2,0%), die unter einer negativen Brokerstudie und schwachen Absatzdaten aus den USA litten. Auch für Finanzwerte ging es weiter nach unten. Einmal mehr standen die italienischen Institute unter Druck, deren Kapitalausstattung angesichts hoher ausfallgefährdeter Kreditengagements mit Sorge betrachtet wird. Bei den Einzelwerten fielen Lufthansa (+1,2%, positiver Ausblick) und ThyssenKrupp (-3,8%, Spekulationen über Verzögerungen beim geplanten Zusammen-schluss des Stahlgeschäfts mit Tata Steel) auf. An den asiatischen Märkten dominieren heute Morgen infolge von Gewinnmitnahmen die Minuszeichen. Die Indizes folgen damit den Vorgaben aus Europa. In Japan drückt der steigende Yen auf die Stimmung und sorgt für leichte Abgaben. Energiewerte verlieren angesichts des rückläufigen Ölpreises. Der bes-ser ausgefallene Einkaufsmanagerindex in China hilft dagegen den chinesischen Indizes leicht nach oben.