National-Bank: Druck auf die britische Regierung wird heute erheblich zunehmen
Auf dem Gipfel der EU-Staatschefs, der am heutigen Nachmittag beginnt, wird der Druck auf die britische Regierung, endlich in die Austrittsverhandlungen einzutreten, sicher massiv erhöht werden. Wirkung wird das beim scheidenden britischen Premier kaum hinterlassen. Inzwischen kann man sich nämlich des Eindrucks nicht erwehren, dass die britische Politik völlig unvorbereitet ob des Ausgangs des Referendums ist, so dass das Herauszögern der Austrittsverhandlungen nicht nur reine Taktik ist. Ansonsten wäre doch schon längst ein Katalog von Themen auf den Tisch gelegt worden oder über die Presse der Öffentlichkeit zugespielt worden, wie sich die britische Politik den Verlauf der Verhandlungen vorstellt. Sich aus dieser Situation heraus zu manövrieren, dürfte für die Briten nicht einfach werden. Cameron & Co könnten zwar den griechischen Weg wählen. Der Vertrauensschaden wäre dann jedoch sehr groß, und bis die Briten dann wieder als ernst zu nehmender Partner akzeptiert würden, dürfte sehr viel Zeit vergehen. Auf zusätzliche Forderungen würde die EU sicher nicht eingehen, und die alten Rabatte ständen auf dem Prüfstand. Mit Nachsichtigkeit darf in Anbetracht der ausgelösten Turbulenzen nicht gerechnet werden. Das gilt gleichermaßen für die Finanzmärkte. S&P hat seine Ankündigung in die Tat umgesetzt. Nach der Zustimmung für den EU-Austritt wurde das Länderrating von AAA auf AA gesenkt. Für die Refinanzierung des Landes wird das noch keine direkten Folgen haben. Die Ratingabstufung wird sich in den kommenden 14 Tagen jedoch sukzessive in die Unternehmens- und Bankenratings hineinarbeiten.
Es gibt jedoch abseits von „Brexit“ weitere Themen: Auf dem EU-Gipfel wird sicher nicht nur auf die britische Regierung Druck ausgeübt, sondern auch auf die kommissarische spanische. Die Neuwahlen haben bekanntlich bestätigt, dass es ohne Koalition nicht geht. Weit mehr als sechs Monate ohne handlungsfähige Regierung sind genug. Die EU wird auf eine Regierungsbildung drängen.
Die zahlreichen Konjunkturdaten sollte zumindest etwas Beachtung finden. Die deutschen Importpreise dürften aufgrund der gestiegenen Ölpreise im Monatsvergleich kräftig angezogen sein, im Jahresvergleich bleiben sie dagegen noch tief im Minus. Die Stimmungsdaten das Italien werden keine Stimmungsverbesserung mehr anzeigen. Ähnliches könnte mit dem Indikator des Conference Boards in den USA passieren. Die Situation am Arbeitsmarkt ist zwar weiterhin gut. Doch geben sich die US-Konsumenten zusehends zurückhaltend. Der endgültige Q1-Wert des US-BIPs dürfte kaum Potenzial für Überraschungen haben.
Der Bund Future sollte den Handelstag mit leichten Kursgewinnen beginnen. Das UK-Referendum bleibt das wesentliche Thema, was die Risikoneigung der Investoren bestimmen wird. Die europäischen Notenbanker werden alles daran setzen, um beruhigend auf die Kapitalmärkte einzuwirken, wobei ihre Handlungsmöglichkeiten beschränkt sind. Liquidität im Finanzdienstleistungssektor ist kein Problem. Swaplinien für die Refinanzierung in Fremdwährung sind vorhanden. Geschäftsmodelle kann die EZB jedenfalls noch nicht retten. Der Bund Future sollte sich zwischen 165,50 und 167,75 bewegen. Die Rendite 10jähriger US-Treasuries sollte zwischen 1,40 und 1,55% schwanken.