Hat Immobilien-Crowdinvesting das Zeug zum Eisbrecher?
Es sind die Erfolgsgeschichten, die einer neuen Idee zum Durchbruch verhelfen können. Mit Bezug auf das Crowdinvesting heißt das nicht nur, das ein Projekt das Finanzierungsziel erreicht hat. Es heißt auch, dass die Investoren mit dem Projekt Geld verdienen.
Noch liegt der Fokus beim Crowdinvesting in Deutschland auf der Finanzierung von Start-up-Unternehmen. Investoren sollten hier einen langen Anlagehorizont von fünf bis acht Jahren einkalkulieren. Diese Reifezeit im Portfolio kann durch Übernahme, Börsengang oder im negativen Fall auch durch eine Insolvenz abgekürzt werden – letzteres bei Start-ups ein Risiko, das einkalkuliert werden muss.
In der noch jungen Branche sind die Fälle, in denen Anleger ihr Geld vollständig plus Verzinsung zurückerhalten haben, naturgemäß noch überschaubar: Der Online-Teehändler 5 Cups and some sugar kaufte die ausgegebenen Anteile mit einem Aufschlag von 45 % zurück, am Technologieunternehmen Gini hat sich Main Incubator zu einem nicht veröffentlichten Preis mit einem Minderheitsanteil beteiligt. Einen spektakulären Exit über die Börse gab es hierzulande noch nicht. Für größere Schlagzeilen sorgten bislang vor allem Geschäftsideen, die gescheitert sind, Anleger somit ihren Einsatz verloren haben. Als Werbung und Katalysator für die neue Anlageform ist das kaum geeignet.
Immobilien-Projekte sorgen für Marktwachstum
Rückenwind könnte die Szene aus einer eher konservativen Branche erhalten, der Immobilienwirtschaft. Schon im vergangenen Jahr sorgte das Crowdinvesting für Immobilien in Deutschland quasi im Alleingang für das Wachstum des Gesamtmarktes. Nach Erhebung von fuer-gruender.de wurden 2015 13,1 Millionen Euro für Immobilienprojekte eingesammelt, 80 % als im Vorjahr. Und obwohl die Immobilienfinanzierung mit Hilfe der Crowd eine deutlich kürzere Historie hat als die Finanzierung von Start-ups, ließ jetzt die Plattform Kapitalfreunde mit einer Erfolgsmeldung aufhorchen: Die Finanzierung des Frankfurter Projekts „Kleiner Ritter“ wurde nach drei Jahren und somit ein Jahr vor Ende der Laufzeit zurückgezahlt. Neben einer Verzinsung von 6 % pro Jahr erhielten die Anleger eine Bonuszahlung von 5 %, erzielten somit einen Überschuss von 23 % auf das eingesetzte Kapital.
Am „Kleinen Ritter“ lässt sich beispielhaft die Attraktivität des Immobilien-Crowdinvesting zeigen:
- Erstens: Zunächst kann es für Anleger wie Initiator eine echte Win-win-Situation sein, denn beide erhalten einen attraktiven Zinssatz. Bei einer Mischfinanzierung aus Eigenkapital, Mezzanine und Bankdarlehen übernimmt die Crowd die Rolle des Mezzanine-Gebers, und das zu einem deutlich günstigerem Zins als für den Entwickler am Markt erzielbar.
- Zweitens können Immobilien je nach Entwicklungsstadium eine höhere Sicherheit bieten, Mieteinnahmen geben eine vergleichsweise hohe Planungszuverlässigkeit und lassen ggf. auch eine attraktive jährliche oder unterjährige Zinszahlung zu.
- Drittens macht ein Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren das Investment deutlich liquider als ein Start-up-Engagement.
Weitere Anbieter stehen in den Startlöchern
Die drei genannten Aspekte könnten das Immobilien-Crowdinvesting in der herrschende Niedrigzinsphase schnell zum Durchbruch verhelfen. Mit Brickvest, die deutsch-britische Plattform von Rocket Internet, ist im Januar ein weiterer Anbieter online gegangen. Und aktuell stehen mindestens drei neue Plattformen in den Startlöchern, die für eine weitere Belebung der Szene sorgen dürften. Ob es gleich so dynamisch zugehen muss, wie im Nachbarland Frankreich, wo seit Ende 2014 ganze 26 Immobilien-Crowdinvesting-Plattformen den Betrieb aufnahmen, ist allerdings diskussionswürdig. Hier ist eine Marktbereinigung programmiert, und damit auch potenzielle Reibungsverluste bei den Investoren.
Über den Autor:
Frank Schwarz ist Kapitalmarkt- und Kommunikationsexperte, Finanz-Journalist und Netzwerker. 2003 gründete er die Agentur Schwarz Financial Communication. Er ist einer der Herausgeber des „Jahrbuch Crowdfunding 2015“.