Commerzbank: BoE von Zinserhöhung weit entfernt – Brexit bleibt hohes Risiko
Auf der turnusmäßigen Tagung der Bank of England (BoE) und im vierteljährlichen Inflationsreport wurden gestern wie erwartet die Wachstumsprognose von 2,5% auf 2,2% und die Inflationsprognose von 1,10% auf 0,8% für dieses Jahr gesenkt. Der geldpolitische Rat rechnet erst in 2018 mit einer Inflationsrate in Höhe des Notenbankziels von 2%. So betonte BoE-Chef Mark Carney, dass sich Großbritannien als eine besonders exportorientierte Volkswirtschaft dem globalen Umfeld und den anhalten-den Finanzmarktturbulenzen nicht entziehen kann. Die Abstimmung bezüglich des Leitzinses fiel erstmals seit Juli 2015 wieder einstimmig für eine Beibehaltung des Reposatzes von 0,5% aus. In den letzten Sitzungen hatte Ian McCafferty für eine Zinserhöhung gestimmt. Carney betonte, dass die BoE bezüglich der Leitzinsen das Richtige zum richtigen Zeitpunkt tun werde. Der nächste Zinsschritt dürfte sehr wahrscheinlich nach oben gehen. Die Märkte erwarten für dieses Jahr keine Zinserhöhung mehr, zu Jahresbeginn hatte man noch mit zwei Erhöhungen in diesem Jahr gerechnet.
Das britische Pfund hat bereits Federn lassen müssen, gestern wertete es sich ggü. dem EUR ab, was in erster Linie aber an der EUR-Stärke ggü. dem USD lag. Ein Risiko für das Pfund bleibt das geplante Referendum zur EU-Mitgliedschaft, das spätestens Ende 2017 abgehalten sein muss. Bei den momentanen Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU kommt EU-Ratspräsident Donald Tusk Großbritannien entgegen, um einen Austritt des Landes aus der EU (Brexit) zu verhindern. Knackpunkt ist, dass London das Recht erhalten soll, Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern Sozialleistungen bis zu vier Jahre lang zu verweigern (sogenannte Notbremse). Außerdem will Großbritannien bei einer stärkeren Verlagerung von Kompetenzen auf die EU-Ebene nicht mitziehen. Über die Vorschläge wird beim EU-Gipfel am 18. und 19. Februar in Brüssel näher beraten.
Zinsen und Anleihen
Deutschland: Aufträge, Industrie (Dez.), 8:00 Uhr
USA: Arbeitsmarktbericht (Jan.), 14:30 Uhr
Durch den niedrigen Ölpreis werden die Konsumenten entlastet und besonders für energieintensive Produktionsunternehmen verbessert sich die Kostenseite. Mittelfristig wird daher von den niedrigen Energiepreisen – vor allem für die ölimportierenden Industrieländer – ein positiver Impuls auf die Wirtschaft ausgehen. Für die Zentralbanken bedeutet dies, dass sie ihre Wirtschaft weniger stimulieren müssen. Zurzeit geht die Argumentation aber in die entgegengesetzte Richtung: So ruderte gestern nach der Fed auch die Bank von England zurück – sie senkte ihre Wachstums- und Inflationsprognosen. Implizit bedeutet dies, dass eine erste Zinserhöhung durch die Bank von England weiter in die Zukunft gerückt ist. Mithin schlagen sich aktuell vor allem die belastenden Aspekte in den Einschätzung der Zentralbanken – aber auch der Finanzmärkte – nieder: Der Ölpreis signalisiere eine Abschwächung der Nachfrage in China, er führt weltweit zu geringeren Investitionen in der Ölbranche und drückt die Importnachfrage in den ölproduzierenden Ländern. Trotzdem werden sich zukünftig auch die positiven Effekte der niedrigen Energiepreise stärker entfalten. Von der US-Notenbank erwarten die Märkte mittlerweile die nächste Zinserhöhung erst 2017. Da sind wir anderer Meinung und rechnen noch mit zwei Zinserhöhungen in diesem Jahr. Auch wenn sich die Produktionszuwächse leicht ab-schwächen sollten, so zeigt sich doch langsam, dass die sinkende Arbeitslosigkeit zunehmend mit steigenden Löhnen einhergeht. Wenn die Produktionskapazität in den USA künftig nicht durch Produktionszuwächse oder Investitionen erhöht wird, führt die expansive Geldpolitik unweigerlich zu steigenden Löhnen und Preisen. Für eine neutrale, d.h. nicht expansive, Geldpolitik müsste die Fed nach eigener Einschätzung den Leitzins aber auf sagenhafte 3,5% anheben.
Aktien
BNP Paribas, Q4-Zahlen
BG Group, Jahreszahlen
Intesa Sanpaolo, Jahreszahlen
Es bleibt dabei, eine nachhaltige Erholung bleibt den europäischen Aktienmärkten verwehrt. Auch gestern kam nach zwischenzeitlich soliden Gewinnen wieder Verkaufsdruck auf. Erholungen werden weiterhin von vielen Investoren angesichts der unverändert vorhandenen Unsicherheit als Verkaufsgelegenheit betrachtet. Dabei sorgten gestern weniger die Ölpreise als vielmehr die Entwicklung beim Euro für zwischenzeitlichen Druck auf die Kurse. Der charttechnische Bruch der Abwärtstrend des Euros ggü. dem US-Dollar sorgte für Abgaben. Darunter litten insbesondere Autowerte (-2,0%), zumal Daimler (-3,2%) mit dem Ausblick enttäuschte. Die Berichtssaison sorgte vor allem auf der Einzelwertebene für größere Bewegungen. So wurde Credit Suisse (-10,5%) nach schwachen Zahlen abgestraft, während Munich Re (+3,2%, deutliche Dividendenerhöhung) und auch ING (+8,9%, gute Zahlen) deutlich zulegen konnten. Auf Erholungskurs befanden sich dank steigender Öl- und Rohstoffpreise die Titel aus den Sektoren Grundstoffe und Energie. An den US-Märkten ging es ebenfalls hin und her. Am Ende reichte as zu einem kleinen Plus. Wie schon in Europa stand auch in den USA der Dollar im Fokus, dessen Schwäche zu einer Erholung bei Rohstofftiteln (+2,8%) führte. Die bis dato bevorzugten defensiven Verbrauchsgüter (-0,9%) gaben am stärksten nach. Hier belasteten zudem auch schwächere Quartalszahlen (u.a. Kohl’s -19%). In Asien notieren die Märkte heute Morgen uneinheitlich. Am deutlichsten geht es in Japan nach unten, wo der stärkere Yen belastet. In China ist heute der letzte Handelstag vor der einwöchigen Handelspause (chinesisches Neujahrsfest). Heute stehen die US-Arbeitsmarktdaten im Fokus.