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Grenke: Vorschneller „Freispruch” durch Anleger trotz vieler „roter Flaggen“

27.02.2021 09:22 Uhr - Autor: Michael Barck  auf twitter

Mal wieder sieht sich Grenke von den Vorwürfen Fraser Perrings entlastet und die Aktie erholt sich deutlich. Doch wesentliche Kritikpunkte haben sich bestätigt. Bild und Copyright: Grenke.

An der Börse hinterließ die am Freitag in der Frühe veröffentlichte Nachricht von Grenke deutliche Spuren. Ein zweistelliges Plus gab es als Reaktion auf die Neuigkeiten zu Ergebnissen einer Prüfung, die die BaFin als Aufsichtsbehörde Grenkes veranlasst hatte. Es war eine Reaktion auf harte Beschuldigungen gegen das Unternehmen aus Baden-Baden, die Fraser Perring schon im September 2020 über sein „Vehikel“ Viceroy Research an die Öffentlichkeit gebracht hatte.

Damals rauschte Grenkes Aktie von 55 Euro in drei Tagen bis auf 24 Euro in die Tiefe. Teile des Rückschlags hat das Papier anschließend zwar aufholen können. Doch weiter als 46,00 Euro und 43,10 Euro ging es in den Folgemonaten nicht nach oben. Was Perring, der auch bei der Aufdeckung des Wirecard-Skandals eine Rolle spielte, veröffentlicht hatte, blieb hängen. Das Misstrauen nagte am Aktienkurs von Grenke – egal, was das Unternehmen aus Baden-Baden im Anschluss auch dementierte und behauptete.

Wie sich nach und nach zeigte, waren Perrings Vorwürfe gar nicht so substanzlos, wie Grenke es anfangs hinstellte und das Misstrauen der Anleger nicht unberechtigt. Und auch jetzt noch tut der Konzern so, als sei nichts Wesentliches passiert. Man sieht sich von den diversen Gutachten und Prüfungen, die seitdem stattgefunden haben, stets „entlastet“. Dass wesentliche Vorwürfe Perrings zutreffen, vor allem im Zusammenhang mit möglicher millionenschwerer Vetternwirtschaft zu Lasten der Aktionäre im Franchise-Geschäft des Unternehmens im Ausland – eher unangenehm für Grenke. Man räumt ein, was eh nicht mehr zu leugnen ist, verharmlost ansonsten und verspricht Konsequenzen.

Grenke verharmlost Prüfungsergebnisse

So auch am Freitag, als Grenke die Ergebnisse der Untersuchung der Vorwürfe von Perring durch die Wirtschaftsprüfer bei Mazars bekannt gab. In Auftrag gegeben von der BaFin, die über den Finanzdienstleister, der vor allem Leasing und Factoring anbietet, wachen soll und die seit dem Wirecard-Skandal endgültig einen Ruf zu verlieren hat.

„De facto ist die einzige Entlastung, dass Grenke kein neues Wirecard zu sein scheint“, kommentierte das Magazin „Finance“ süffisant die Ergebnisse der Untersuchung, mit denen sich Grenke in einer eigens einberufenen Online-Pressekonferenz wieder in rechtes Licht setzen wollte. Und die Reaktion an der Börse mit einem prozentual zweistelligen Plus der Grenke Aktie am Freitag zeigt, dass das durchaus gelang – ob berechtigt, ist eine andere Frage. Mazars hatte in der Stellungnahme nämlich reichlich Kritik an Grenke geäußert, die es in sich hat und die den Kurssprung vom Freitag zu einem vorschnellen Freispruch der Börse werden lassen könnte.

Da sind zum einen die Strukturen von Grenke, die mangelhaft sind, und das in zentralen Bereichen des Finanzdienstleisters. Es sind unter anderem Verstöße gegen die Mindestanforderungen an das Risikomanagement, fehlende oder nicht wirksame prozessabhängige Kontrollen im internen Kontrollsystem, Lücken in der internen Revision und Compliance-Organisation. Mazars spricht in dem Report, nach dem was bekannt ist, da die BaFin das Dokument nicht herausgeben darf und Grenke es nicht offenlegen möchte, zudem von ineffektiven Kontrollen bei der Geldwäscheprävention. Man kritisiert die sachliche und personelle Ausstattung des Bereichs.

Schwere strukturelle Defizite für einen etablierten Finanzdienstleister

Es sind Defizite, zu denen man bei Startups vielleicht noch ein Auge zudrückt – anders bei Finanzdienstleistern, die seit Jahrzehnten am Markt vertreten sind, hier sind es „rote Flaggen“. Noch hat die BaFin die Ergebnisse nicht abschließend bewertet, was für Grenke und seine Anteilseigner ein Damoklesschwert ist. Ob und welche Konsequenzen die gravierenden Mängel bei der Geldwäscheprävention für Grenke haben werden, ist damit offen.

„Auf wesentliche Hinweise aus den laufenden Prüfungen hatte die Grenke AG in den vergangenen Wochen und Monaten bereits reagiert. Unter anderem hat Grenke zwischenzeitlich begonnen, interne Prozesse maßgeblich weiterzuentwickeln, den Vorstand um einen Chief Risk Officer erweitert und die Ressortverantwortung klarer strukturiert“, kommentiert das Unternehmen bisherige interne Konsequenzen. Der Vorstand solle nach dem Rücktritt von Vorstandsmitglied Mark Kindermann verstärkt werden, heißt es weiter.

Immerhin habe sich laut Mazars „der Vorwurf der Geldwäsche insgesamt nicht bestätigt“ – meldet Grenke. Auch gebe es laut der Prüfer „keine Zweifel an der Existenz des Leasing-Geschäfts, das mit seinen Leasingforderungen von 5,6 Milliarden Euro das Kerngeschäft von Grenke darstellt“, so das Unternehmen. Die Wortwahl klingt beruhigend. Ob diese Forderungen tatsächlich auch in dieser Höhe werthaltig sind, gibt das Statement aber nicht her.

Wie berechtigt einige Kritik Perrings am Geschäftsgebaren des Grenke-Konzerns war und ist, wird aber vor allem im Franchise-Geschäft der Süddeutschen deutlich. Hier hatte der Brite den Finger in eine Wunde gelegt, die das Image von Grenke als sauber arbeitenden Konzern kräftig beschädigt hat: Der Verdacht, dass sich über Vetternwirtschaft – wer auch immer – über Grenkes bisherigen Partner, der CTP Handels- und Beteiligungs GmbH, zulasten der Aktionäre bereichert hat, steht weiter im Raum.

Franchise-Geschäfte mit Grenke brachten Dritten hohe Renditen

„Mazars kritisiert in diesem Kontext die Rendite der CTP sowie der übrigen Finanzinvestoren ex post als überhöht. Das schließt Mazars aus einer Analyse der Top 10-Erwerbe nach der Höhe des Goodwills“, räumt Grenke ein. So stehen bei den Franchisebeteiligungen zwischen 2003 und 2018 Rückflüssen von 62,6 Millionen Euro lediglich Investitionen von 7,2 Millionen Euro gegenüber, heißt es. Offen sind mögliche operative Verluste, die die CTP in der Zeit renditeschmälernd tragen musste.

Damit setzen sich die Besorgnis erregenden Nachrichten zu diesem Themenbereich fort. Schon der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton waren im Franchise-Bereich kaufpreiserhöhende Abweichungen von der ursprünglich vereinbarten grundsätzlichen Bewertungsmethodik in Höhe von 15,1 Millionen Euro aufgefallen – wir berichteten. „Mazars bestätigt, dass keine systematischen Fehler bei der Überprüfung der Werthaltigkeit des Goodwills auf bereits erworbene Franchiseunternehmen gemacht wurden. Die Wertansätze des Goodwills seien trotz methodischer Defizite im Einzelfall vertretbar“, so Grenke weiter.

Im Gegensatz zur bisherigen Auffassung der Grenke AG geht Mazars davon aus, dass der Konzern die Franchise-Gesellschaften von Beginn an in seinem Konzernabschluss hätte berücksichtigen müssen. Grenke will dem nun nachkommen. Die Zahlen für 2019 sollen korrigiert werden, frühere Bilanzen will man aber nicht antasten. Die veränderte Bilanzierung führt zu einer Belastung von Grenkes Eigenkapital in Höhe von 90 Millionen Euro. „Nach vorläufigen Berechnungen liegt die bilanzielle Eigenkapitalquote bei rund 16 Prozent, was dem Zielniveau des Konzerns entspricht“, so der Finanzdienstleister, der an der Börse mit 1,55 Milliarden Euro bewertet wird. Per 30. September 2020 wies das Unternehmen ein Bilanzielles Eigenkapital von 1,26 Milliarden Euro aus. Die Bilanz für 2020 liegt noch nicht vor und wird wohl erst im zweiten Quartal 2021 vorgelegt. Vorläufigen Angaben zufolge werde man das Jahr mit einem Nachsteuerergebnis im oberen zweistelligen Millionenbereich abschließen.

Die Geschäfte mit CTP und anderen Finanzinvestoren im Franchise-Bereich will Grenke übrigens wie angekündigt beenden, sobald die Übernahme der Franchiseunternehmen vollzogen ist. Zudem sollen Corina Stingaciu und von ihr beherrschte Gesellschaften nun als „related parties“ geführt werden – Hintergrund ist die Verbindung zum Konzerngründer, Großaktionär und langjährigen Vorstandschef Wolfgang Grenke, der zurzeit sein Aufsichtsratsamt ruhen lässt. Warum der Konzern dies nicht längst getan hat, obwohl die Beziehung bekannt gewesen sein soll, bleibt unklar und unerklärt – wie so vieles bei Grenke.

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