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Verspielt? Warum es beim Börsen-Hype um Gamestop & Co. mehr Verlierer als Gewinner gibt - BÖAG Kolumne

03.02.2021 13:36 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Wo nach mehr als einer Dekade Nullzinsen sich mitten in der Corona-Krise und unsicheren Zukunftsaussichten wieder spürbar mehr und vor allem junge Menschen den Chancen des Kapitalmarkts als Selbstentscheider zugewandt hatten, wird nun das alte Klischee der Börse als Casino wieder voll bedient. Bild und Copyright: Dragon Images / shutterstock.com.

Vom Kampf David gegen Goliath war zu lesen, von Gut gegen Böse, die Degenerierten gegen das Establishment. Ein über Social Media organisierter Flashmob von Hobbytradern treibt Aktienkurse von angeschlagenen Unternehmen in ungeahnte Höhen, bei denen profitgierige Hedgefonds im großen Stil mit Leerverkaufspositionen Kasse machen wollten.

Beim so provozierten Shortsqueeze (VW-Aktionäre aus 2008 erinnern sich) inklusive medialer Revolutionsstimmung wittern Glücksritter die Chance auf schnelles Geld und feuern den Hype weiter an. Die Systeme von Banken, Brokern und Börsen laufen heiß. Unter der Masse von Trades und schwindelerregenden Umsätzen drohen die sonst routinierten Abwicklungsprozesse im Hintergrund zu kollabieren. Wo als stabilisierende und vermeintlich Anleger-schützende Maßnahme vereinzelt keine Kaufaufträge mehr in den betroffenen Werten angenommen werden, entlädt sich ein veritabler Shitstorm über die Beschränkung der Freiheit im Handel. Die attackierte Großfinanz trägt schmerzhafte Wunden von kolportierten 70 Mrd. USD davon, verarztet sich aber untereinander mit Kapitalspritzen.

Was machen die Kurse in der Folge? Während die Märkte ob der Ereignisse nur kurzzeitig zusammenzucken, geht es bei den überraschenden Highflyer-Aktien mangels unternehmerischer Substanz schnell wieder abwärts. Wer zu spät zu der Party gestoßen war, dürfte sich nun auf der Verliererseite wiederfinden. Versuche nach dem gleichen Muster bei ähnlich leerverkauften Unternehmen waren direkt weniger erfolgreich; auch beim Silber währte die Rallye aus den Internetforen nur kurz.

Und es gibt einen ganz großen Verlierer zu beklagen: die in Deutschland ohnehin schwach ausgeprägte Aktienkultur. Wo nach mehr als einer Dekade Nullzinsen sich mitten in der Corona-Krise und unsicheren Zukunftsaussichten wieder spürbar mehr und vor allem junge Menschen den Chancen des Kapitalmarkts als Selbstentscheider zugewandt hatten, wird nun das alte Klischee der Börse als Casino wieder voll bedient. Man kann nur hoffen, dass alle Beteiligten inklusive der Aufsicht die richtigen Lehren aus dem Geschehenen ziehen und Börsen-Hypes so kurzfristig bleiben, wie sie entstehen.

Autor: Thomas Strelow, Börse Düsseldorf

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der BÖAG Börsen AG, der Trägergesellschaft und Betreiberin der Wertpapierbörsen Hamburg, Hannover und Düsseldorf. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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