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Überleben in Zeiten von Netzwerkökonomie und digitalen Ökosystemen?

19.11.2019 12:49 Uhr - Autor: Marcus Disselkamp  auf twitter

Buchautor Marcus Disselkamp ist unser neuer Gastautor zu dem Themenkomplex der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Digitalen Transformation. Bild und Copyright: Marcus Disselkamp.

Im letzten Gastbeitrag über die Disintermediation diskutierte ich die Frage, wer noch Intermediäre wie Händler, Banken oder Makler benötigt. Denn dank der digitalen Vernetzung, dem Transaktionsprotokoll Blockchain und intelligenten Smart Contracts werden immer mehr etablierte Geschäftsmodelle vergiftet, also toxisch.

Der Megatrend der Netzwerkökonomie verstärkt diesen Effekt der Disintermediation! Rein theoretisch bedeutet die Netzwerkökonomie zuerst einmal nur, dass sich eine Vielzahl autonom operierender Netzwerkpartner gegenseitig dabei helfen, ihre jeweiligen Defizite auszugleichen, um gemeinsam ökonomische Mehrwerte (wie Umsätze und Gewinne) zu generieren. Wir reden von der Vernetzung und Transparenz aller Marktteilnehmer, in welcher jeder Teilnehmer erst dank seinem Netzwerk einen Mehrwert für seine Kunden generieren kann und selbst davon monetär profitiert. Umgekehrt ist er auch nur solange für sein Netzwerk interessant, solange er diesem einen Mehrwert bietet!

Die digitale Vernetzung und die enorme Ansammlung von Nutzerdaten, mittels Online-Bewertungen, Transaktionsdaten im Internet und Big Data Analysen, hebt den Ansatz der Netzwerkökonomie auf ein neues Niveau: Aus engen, lokalen Netzwerken werden globale Strukturen mit hoher, sichtbarer Markttransparenz. Wie also kann man in einer Welt der (digitalen) Netzwerkökonomie überleben? Was ist zu tun, wenn auf einmal die eigene Leistung in einem globalen Wettbewerb für jeden Interessenten sichtbar und transparent ist? Wie kann man sich davor schützen, dass neue Wettbewerber direkt an die eigenen Kunden gehen (Thema Disintermediation)? Die Antwort lautet: Auch in Zeiten der Digitalen Transformation und der Netzwerkökonomie gelten die klassischen Wettbewerbsstrategien der Kosten- oder Nutzenführerschaft, nur ist ihre Bedeutung und Notwendigkeit enorm gestiegen! Entweder überlebt man dank signifikanter Kostenvorteile (neudeutsch „operational excellence“), so dass selbst bei geringen Verkaufspreisen hohe Margen und Renditen realisiert werden. Oder man begeistert als Nutzenführer (neudeutsch „customer experience“) seine Kunden derart mittels Innovationen, Qualität, Service, Risikominimierung und besonders Emotionen, so dass diese höhere Preise und damit Margen akzeptieren.

Nur wer mindestens einer dieser beiden Strategien erfolgreich umsetzt, überlebt in der Netzwerkökonomie. All die anderen Unternehmen, die weder Kosten- noch Nutzenführer sind, landen spätestens dank der digitalen Vernetzung und Markttransparenz im Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit! Und es wird noch heftiger. Was früher kaum vorstellbar war, kommt nun immer häufiger vor: Mittels neuer Geschäftsmodelle kombinieren besonders innovative Unternehmen die Kosten- und Nutzenführerschaft, wie beispielsweise mit Hilfe digitaler Ökosysteme.

Bei digitalen Ökosystemen handelt es sich um eine besondere Ausprägung digitaler Netzwerke. Hier geht der Gedanke weit über die reine Vernetzung von (Geschäfts-) Partnern in losen Netzwerken hinaus. Wie in den biologischen Ökosystemen Wald / Wiese oder dem gesellschaftlichen Ökosystem einer Stadt, bilden die Wechselwirkungen zwischen den Partnern die Basis für eine gemeinsame Existenzgrundlage und Wertschöpfung. Apple’s Apple Store, Google’s Android, SAP’s Open Industry 4.0 Alliance und Siemens Mindsphere sind solch digitale Ökosysteme, bei denen viele Partner miteinander immer innovativere Lösungen für die Befriedigung von Kundenbedürfnissen erarbeiten, ohne sich untereinander kennen zu müssen. Google bietet beispielsweise mit Android eine Plattform, auf welcher eine Unmenge von Entwicklern nicht nur ihre eigenen, autonomen Softwareprodukte kreieren, sondern auch direkt eine Vielzahl von Nutzern erreichen. Die enorme Kundenreichweite motiviert wiederum Hardware-Anbieter, sich „freiwillig“ an das Betriebssystem Android zu binden. Dabei überlassen Software- sowie Hardware-Anbieter Google den Zugriff auf alle Kundendaten. Die Kunden begrüßen umgekehrt das immer breitere Produktangebot, welches Google alleine nicht hätte bereitstellen können.

Digitale Ökosysteme und Netzwerke sind keine rein technischen Strukturen, sie leben von einem gemeinsamen Verständnis einer stabilen Partnerschaft und fairen Kooperation. Nur solange gehört ein Netzwerkpartner einem Netzwerk freiwillig an, wie ihm genügend Möglichkeiten zu seiner von ihm gewünschten, eigenen Entfaltung offeriert werden. Wer dank seines eigenen Mehrwertes auch für andere Netzwerke interessant ist, verlässt hingegen jene Netzwerke, in denen er sich ausgenutzt fühlt. So verklagten in diesem Jahr deutsche Handelspartner das Amazon Marketspace wegen dessen kurzfristigen Sperrungen und Kündigungen. Amazon verlor in der Folge gar vor dem BGH. Es bleibt spannend, wie lange Amazon dank seines Kundenzugangs, Markenkraft und Lager- und Lieferservices noch all seine Handelswettbewerber motiviert, die Abhängigkeit zu dem Marktplatz bei zuhalten und dabei die Daten aller Kundentransaktionen an Amazon zu verlieren. Generell sollte man von keinem einzigen Netzwerkpartner oder Ökosystem abhängig sein, aber auch diese Erkenntnis kannten bereits die klassischen Wettbewerbsstrategien.

Doch zurück zur Old-Economy: Viele traditionelle Unternehmen assoziieren leider immer noch mit ihren Lieferanten reine Hersteller von Vorprodukten oder den Begriff Dienstleister hauptsächlich mit „Dienen“ gegenüber dem einkaufenden Unternehmen. Demgegenüber findet in digitalen Ökosystemen die Leistungserbringung in einem intensiveren Miteinander und umfänglicheren Hin- und Her-Interaktionen statt. Aus einer wertschöpfenden und kommunikativen Einbahnstraße entsteht eine Mehr-Wege-Kommunikation mit allen weiteren an der Wertschöpfung beteiligten Geschäftspartnern, Kunden und Nutzern. Dies geht aber nur, wenn sich etablierte Denk- und Geschäftsmodelle ändern: Wer seinen Profit nur im Einkauf sieht, wird nie seine Lieferanten oder Dienstleister als gleichberechtigte Innovationspartner anerkennen. Wer in Einbahnstraßen denkt, wird nie agil. Und wer einfach nur „Business as Usual“ betreibt, der wird von der Disintermediation und neuen Geschäftsmodellen überrollt.

Alle Blogbeiträge von Marcus Disselkamp zum Themenkomplex der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Digitalen Transformation finden Sie auf seiner Blog-Seite auf 4investors: hier klicken!

Marcus Disselkamp ist unser neuer Gastautor zu dem Themenkomplex der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Digitalen Transformation. Gerade erschien sein neuestes Buch mit dem Titel: Digitale Megatrends – Die Zukunft von Unternehmen. Mehr über ihn und sein Business Coaching finden Sie unter www.disselkamp.com.

Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne von Marcus Disselkamp. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!


Lesen Sie mehr zum Thema Apple im Bericht vom 29.10.2019

Wer braucht noch Intermediäre, wie Händler, Banken oder Makler?

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