Aurubis: Willbrandts deutliche Worte an die Bundesregierung
Klare Worte findet Peter Willbrandt, der Vorstandsvorsitzende von Aurubis, zur Neugestaltung des EEG. Er sorgt sich dabei um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Standorte. Im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de gibt Willbrandt einen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr von Aurubis. Er spricht über die Entwicklung des Kupferpreises und über die weitere Internationalisierung seiner Gesellschaft. Auch Investitionsschwerpunkte und die Dividendenpolitik werden von Willbrandt in dem Gespräch thematisiert.
"/medienpool/unternehmen/aurubis/willbrandt.jpg" alt="Peter Willbrandt, der Vorstandsvorsitzende von Aurubis, im 4investors-Interview. Bild und Copyright: Aurubis." title="Peter Willbrandt, der Vorstandsvorsitzende von Aurubis, im 4investors-Interview. Bild und Copyright: Aurubis." class="textbild" />www.4investors.de: Viele Branchen sollen sich 2014 erholen, bei ihren Märkten gibt man bisher keine Entwarnung. Teilen Sie diese Ansicht?
Willbrandt: Nein, für den für uns sehr wichtigen Kupfermarkt kann ich diese negative Sicht z.B. nicht bestätigen. Ich denke, dass die Marktsituation hier manchmal viel zu einseitig gesehen wird. Schließlich haben wir es zurzeit am internationalen Markt für Kupferkathoden sogar mit einer weltweiten Knappheit zu tun. Mengen sind nicht ausreichend verfügbar, die Lagerbestände bei Metallbörsen befinden sich bereits seit längerem im Abwärtstrend und liegen auf einem insgesamt eher niedrigen Niveau. Zwar sind in China neue Produktionskapazitäten hinzugekommen, allerdings steht dies einer Nachfrage gegenüber, die auf dem Wege der Erholung ist. In China, dem größten Absatzmarkt der Welt, sollen beispielsweise die diesjährigen Ausgaben für den Ausbau des Stromnetzes um 13 Prozent steigen, was einen entsprechenden Mehrbedarf für Kupfer impliziert. In den klassischen Märkten Nordamerika und Europa dürften sich die konjunkturellen Erholungstendenzen ebenfalls nachfragesteigernd auswirken. Vieles spricht also dafür, dass sich der Kupfermarkt in 2014 positiv entwickeln wird.
www.4investors.de: Analysten werden bei der Einschätzung der Aurubis-Aktie immer vorsichtiger, teils werden die Gewinnerwartungen klar reduziert. Haben die Experten damit Recht?
Willbrandt: Die auf Basis aktueller Gewinnerwartungen von Analysten geschätzten Kursziele liegen aktuell zwischen 36,00 Euro und 67,00 Euro bei einem aktuellen Kurs vom Donnerstag von 43,89 Euro. Die von Thomson Reuters ermittelten Kursziele haben sich im Durchschnitt in den letzten 90 Tagen um rund 2,00 Euro auf rund 48 Euro vermindert. Dies gilt auch für die Analystenempfehlungen: Hier haben uns lediglich zwei Analysten von „Kaufen“ auf „Halten zurückgestuft.
www.4investors.de: Sie haben jüngst erwähnt, dass sich die Geschäftslage ab dem zweiten Quartal deutlich verbessern soll. Der Markt sieht dies bisher noch sehr kritisch. Was bringt Sie zu der optimistischen Einschätzung?
Willbrandt: Im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2012/13 haben wir einige wichtige Maßnahmen umgesetzt. Hierzu zählen der Aufbau einer Anlage zur Verarbeitung aller im Konzern anfallenden edelmetallhaltigen Anodenschlämme sowie die Verlagerung der Produktionsanlagen im Bereich „Flat Rolled Products“ von Schweden in die Niederlande. Den Großstillstand der Konzentratverarbeitung in Hamburg haben wir in Q4 des abgelaufenen Geschäftsjahres und in Q1 des aktuellen Geschäftsjahres 2013/14 abgeschlossen. Alle genannten Maßnahmen machen das Unternehmen aus meiner Sicht stärker für zukünftige Herausforderungen. Darüber hinaus weisen für Aurubis wichtige Parameter des Kupfermarktes wie die Schmelz- und Raffinierlöhne für Kupferkonzentrate sowie die Kathodenprämie positive Entwicklungen auf, die allerdings erst im 2. Quartal ergebniswirksam werden.
"/medienpool/unternehmen/aurubis/kupferbarren.jpg" alt="Kupferbarren aus der Aurubis-Produktion. Bild und Copyright: Aurubis." title="Kupferbarren aus der Aurubis-Produktion. Bild und Copyright: Aurubis." class="textbild" />www.4investors.de: Der Kupferpreis scheint sich von seinem Tief aus dem Sommer 2013 langsam zu erholen. Welche Anzeichen haben Sie, dass sich der positive Trend fortsetzt?
Willbrandt: Der Kupferpreis an der London Metal Exchange (LME) war im Sommer 2013 auf knapp unter 7.000 US-Dollar/t gefallen, hatte sich ab Anfang August aber wieder erholt und liegt derzeit bei etwa 7.300 US-Dollar/t. Für den weiteren Jahresverlauf sollte dies angesichts der fundamentalen Lage des Marktes eine solide Kursbasis sein. Es fällt auf, dass sich der Preis in einem relativ engen Kursband bewegt und die Volatilität vergleichsweise gering ausfällt. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass sich der Einfluss institutioneller Anleger am Markt verringert hat. Ein wesentliches Indiz für ein gefestigtes Preisniveau ist die derzeitige Terminstruktur der Kupferpreise. Hier existiert eine Backwardation, bei der die Kassa-Preise höher als die Terminpreise sind. Dies ist eine Konstellation, die in der Regel eher Knappheit ausdrückt. Sollte sich ab Februar nach dem Neujahrsfest Chinas die Nachfrage intensivieren, könnten sich in der Folge zeitweise auch noch etwas höhere Preise ergeben.
www.4investors.de: Wie werden sich die Preise für Schwefelsäure im Jahresverlauf entwickeln?
Willbrandt: Die Schwefelsäurepreise auf den verschiedenen regionalen Märkten haben nach unserer Einschätzung ihren vorläufigen Tiefpunkt zu Beginn des Jahres 2014 erreicht. Wir gehen von einer langsamen Erholung ab dem Frühjahr aus, wobei wir aber nicht erwarten, dass das Marktpreisniveau kurzfristig wieder z.B. an die hohen Werte des Jahres 2012 anknüpfen kann.
www.4investors.de: Der Koalitionsvertrag zur Energiepolitik wurde von Ihnen scharf kritisiert. Was muss die Bundesregierung aus Ihrer Sicht ändern, um ein Lob zu erhalten?
Willbrandt: In der Hauptsache stört mich, dass der Koalitionsvertrag für diesen Bereich doch wenig konkret ist. Wir begrüßen, dass sich die neue Bundesregierung nachdrücklich für den Erhalt der Besonderen Ausgleichregelung für die energieintensive Industrie im EEG einsetzen will. Energie muss sicher, sauber und bezahlbar sein. Der Zweck der Besonderen Ausgleichregelung ist, stromintensiven deutschen Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und ohnehin mit die höchsten Strompreise verkraften müssen, keine zusätzlichen Belastungen aufzuerlegen, die der internationale Wettbewerb nicht hat. Schon ein im Raum stehender Selbstbehalt von bis zu 20 Prozent der Regelbelastung, oder eine sogar drohende vollständige Abschmelzung der Befreiung bergen erhebliche Wettbewerbsrisiken für die betroffenen Unternehmen. Wir können solche politisch motivierte Belastung nicht mit unserem Produkt an die Kunden weitergeben, da Kupfer ein Börsenmetall ist und der Kupferpreis damit an den internationalen Börsen festgestellt wird.
www.4investors.de: Die EU prüft momentan, ob die Befreiung von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eine unerlaubte Beihilfe ist. Sie sparen aufgrund der Rechtslage rund 50 Millionen Euro pro Jahr. Wird sich daran künftig etwas ändern?
Willbrandt: Für den zur Zeit für uns kaum vorstellbaren Fall, dass die besondere Ausnahmenregelung ganz oder weitgehend entfallen sollte, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer deutschen Standorte und damit sicher auch auf die Investitionsmöglichkeiten an diesen Standorten.
Allerdings hat unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung zu Europa am 18.12.2013 erklärt: „Die Ausnahmen beim EEG sind Thema bei der EU. Wir werden klar machen, dass Deutschland ein starker Industriestandort bleibt. Solange in anderen europäischen Ländern Industriestrom billiger als in Deutschland ist, weiß ich nicht, wieso wir zur Wettbewerbsverzerrung beitragen.“
Es muss also eine für die energieintensive Industrie verträgliche Neugestaltung des EEG’s gefunden werden.
www.4investors.de: Können Sie sich vorstellen, Deutschland den Rücken zu kehren?
Willbrandt: Große und kapitalintensive Produktionsanlagen wie unsere können nicht ohne weiteres an andere Standorte verlagert werden. Bei den drohenden drastisch höheren Belastungen für unsere energieintensive Industrie würden jedoch die Investitionsmöglichkeiten, wie schon erwähnt, für unsere deutschen Standorte stark reduziert werden. Diese Standorte wären dann über kurz oder lang nicht mehr wettbewerbsfähig, was mittel- und langfristig zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Beschäftigungslage hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass schon die derzeitigen Diskussionen die Planungssicherheit der Industrie für Investitionen erheblich einschränken.
"/medienpool/unternehmen/aurubis/kupferkathoden.jpg" alt="Kupferkathoden aus der Aurubis-Produktion. Bild und Copyright: Aurubis." title=" Kupferkathoden aus der Aurubis-Produktion. Bild und Copyright: Aurubis." class="textbild" />www.4investors.de: Wo setzen sie im neuen Jahr Investitionsschwerpunkte?
Willbrandt: Im Geschäftsjahr 2012/13 lag der Investitionsschwerpunkt im Bereich der Edelmetallverarbeitung. Zudem wurden am Ende des Geschäftsjahres die Schmelzhütte und die zugeordnete Schwefelsäureanlage in Hamburg grundüberholt. Letzteres Großprojekt mit einem Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro fiel zum Teil auch noch in das neue Geschäftsjahr. Im Kalenderjahr 2014 wird das seit 2011 laufende Programm „Aurubis Bulgaria 2014“ zur Kapazitätserweiterung und zur Verbesserung des Umweltschutzes mit einem Investitionsvolumen von gut 44 Millionen Euro, davon 60 Prozent für Umweltschutzmaßnahmen, an unserem bulgarischen Standort Pirdop abgeschlossen. Die geplanten Investitionen betreffen darüber hinaus diverse kleinere Erhaltungs- und Optimierungsmaßnahmen.
www.4investors.de: Aurubis will die Internationalisierung vorantreiben. Welche Länder haben Sie im Fokus?
Willbrandt: Wir haben 2013 unsere Konzernstrategie überarbeitet und neu gefasst. Sie gibt uns den Handlungsrahmen für weitere Schritte vor. Wir arbeiten weiter daran, unsere Position auf den Rohstoffmärkten zu verbessern und unsere Kompetenz in der Verarbeitung komplexer Einsatzstoffe auszubauen. In Abhängigkeit davon, um welche Art einer Produktionsanlage es sich handelt, wäre für uns die Nähe zu den Rohstoffen bzw. zu den Märkten wichtig. Hier bieten sich zwei Kontinente besonders an: Amerika und Asien. Wir fokussieren uns dabei nicht auf einzelne Länder, sondern analysieren die Möglichkeiten für Investitionen länderübergreifend.
www.4investors.de: Was muss ein möglicher Zukauf bieten, um für sie interessant zu sein? Welche Geldsummen würden Sie für eine Akquisition derzeit ausgeben wollen?
Willbrandt: Zunächst muss er unseren strategischen Kurs unterstützen. Investitionen werden dabei stets nach dem Verhältnis von Aufwand und betriebswirtschaftlichem Nutzen geprüft und entschieden. Das heißt, neue Produktionsanlagen sollten nach einer kurzen Integrationsphase, die auch Restrukturierungen enthalten kann, gewinnbringend betrieben werden können. Darüber hinaus muss sich die Investition in einem überschaubaren Zeitrahmen amortisieren und unseren Ziel-ROCE (return on capital employed) unterstützen.
www.4investors.de: Welche erste Prognose gibt es für das neue Geschäftsjahr? Wird die Dividende erneut sinken oder schaffen Sie die Wende?
Willbrandt: Aurubis verfügt insgesamt über gute Voraussetzungen, um sich auch in dem anhaltend herausfordernden Umfeld der kommenden Jahre gut behaupten zu können. Auch wenn das erste Quartal noch durch den Großstillstand in Hamburg und die Restrukturierung des Flachproduktbereichs belastet sein wird, sind wir zuversichtlich, im Verlauf des Geschäftsjahres 2013/14 zu deutlich verbesserten Ertragsniveaus zurückkehren zu können. Daran wird sich auch der Dividendenvorschlag an die Hauptversammlung 2013/14 orientieren.