Wirecard Aktie dick im Plus: Anleger springen auf Insolvenz-News an
Die „Zocker-Halle” bei Wirecard ist wieder eröffnet: Schon am Freitag war die Wirecard Aktie am Abend deutlich geklettert und auch heute Morgen liegt der immer noch im DAX notierte Bilanzskandal-Titel weit über dem XETRA-Schlusskurs vom Freitag. Dieser wurde bei 1,59 Euro notiert und lag mehr als 5 Prozent zum Vortag im Minus. Aktuelle Indikationen am Montagmorgen notieren kurz vor dem XETRA-Handelsstart bei 2,26/2,35 Euro, im Tradegate-Handel ging es heute Morgen sogar schon einmal bis auf 2,70 Euro nach oben.
Hier noch einmal unser Bericht vom Samstag zu den News des Insolvenzverwalters und den Hintergründen des Kursanstiegs:
Wirecard: Einladungen an die „Zocker” - Aktie mit Kurssprung
Insolvenzzocks mit plötzlichen hohen Kurssprüngen sind an der Frankfurter Börse keine Seltenheit. Wirecard bildet da keine Ausnahme. Immer wieder sind es vor allem Mitteilungen aus dem Insolvenzverfahren, die Einladungen an die „Zocker” darstellen. Das gilt vor allem für News im Zusammenhang mit der Zerschlagung der insolventen Unternehmen, wenn sich mögliche Investoren für Schnäppchenpreise am operativen Geschäft bedienen können.
Was dabei von den Anleger im kurzfristigen Zocker-Rausch immer wieder übersehen wird: Die gezahlten Preise für das operative Geschäft reichen regelmäßig nicht aus, auch nur die Gläubiger auszuzahlen, geschweige denn, dass aus den Verkäufen noch etwas für die Aktionär herausspringt. Im Klartext: Am Ende des Insolvenzverfahrens steht der Totalverlust. Das bringt Trader aber nicht favon ab, im Umfeld solcher Meldungen immer wieder ihr Glück zu versuchen und auf schnelle, hohe Gewinne zu setzen.
Gestern war es wieder einmal bei Wirecard soweit und das Hochrisikospiel nahm seinen Lauf. Auslöser war eine Nachricht des Insolvenzverwalters Michael Jaffé, der - wieder einmal - die hohe Zahl der Interessenten für diverse Teile von Wirecards operativen Aktivitäten betonte. Das gab es im Juli schon einmal: Am 7. Juli nannte Jaffé erste Einzelheiten zur Zahl möglicher Kaufinteressenten für Teile von Wirecard und der Aktienkurs des Unternehmens schoss von 2,05 Euro auf 3,44 Euro nach oben - in rund zwei Stunden wohlgemerkt. Im den Tagen danach gingen nicht nur alle Gewinne wieder verloren, die Wirecard Aktie unterschritt auch die 2-Euro-Marke deutlich und fiel bis auf 1,52 Euro.
Gestern fiel die Aufwärtsbewegung nach Jaffés Äußerungen nicht ganz so drastisch aus. Mit 1,59 Euro ging die Wirecard Aktie aus dem XETRA-Handel und schoss am Abend nach dr gegen 19 Uhr veröffentlichten Pressemitteilung des Wirecard-Insolvenzverwalters dann im Tradegate-Handel bis auf 2,10 Euro empor. Mit 2,064 Euro und einer Marktkapitalisierung von 255 Millionen Euro ging es für den insolventen Skandal-Konzern dann aus dem Handel ins Wochenende.
Man habe trotz der enorm schwierigen Ausgangslage und der zu Verfahrensbeginn fehlenden Liquidität weitere Fortschritte gemacht, so die Insolvenzverwaltung. „So konnte zwischenzeitlich die Liquidität bis auf weiteres gesichert werden. Die eingeleiteten Investorenprozesse kommen gut voran”, wird gemeldet. Im Fokus stehen dabei vor allem das Kerngeschäft des Konzerns und die Aktivitäten in Nordamerika, aber auch für Beteiligungen von Wirecard sollen Verwertungsprozesse eingeleitet werden.
Vor allem für Wirecards Nordamerika-Geschäft scheint es größeres Interesse zu geben: 60 Interessenten haben laut Jaffé Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichnet und unter anderen Zugang zu Datenräumen erhalten. In den nächsten Wochen ist mit möglichen Angeboten zu rechnen. „Die Interessenten zeigen erhebliches Interesse am Erwerb des eigenständig und unabhängig am Markt agierenden Unternehmens”, so Wirecards Insolvenzverwalter Jaffé.
Für das Kerngeschäft Acquiring und Issuing rührt der Insolvenzexperte die Werbetrommel. „Wir sind zuversichtlich, einen Investor für das Kerngeschäft zu finden, das erhebliche unternehmerische Chancen in einem enorm wachsenden Markt für einen Investor bietet”, so Jaffé. 77 Interessenten soll es geben.
Was die potenziellen Investoren aber für die Überreste des einstigen Börsenstars zu zahlen bereit sein werden, steht auf einem anderen Blatt. Zu Finanziellem gab es von der Insolvenzverwaltung übrigens keine Einzelheiten.