Tories gewinnen britische Unterhauswahlen mit überraschend großer Mehrheit - Commerzbank Kolumne
Noch sind zwar nicht alle Wahlkreise ausgezählt, aber ein deutlicher Sieg der Konservativen ist sicher. Die Umfragen hatten im Vorfeld schon einen Tory-Sieg prognostiziert, jedoch waren britische Meinungsumfragen oft unzuverlässig. 384 von 641 bisher ausgezählten Wahlkreisen gehen an die Tories. Damit steht schon jetzt fest, dass Boris Johnson das beste Wahlergebnis für die Tories seit Margaret Thatcher erreicht hat und er auch seinen Wahlkreis mit klarer Mehrheit gewonnen hat. Zuletzt waren Spekulationen laut geworden, Johnson könnte seinen eigenen Parlamentssitz verlieren. Damit kann Johnson mit einer üppigen Mehrheit regieren und steht nicht unter Druck wie seiner Vorgängerin. Mit dem Wahlergebnis ist es sehr wahrscheinlich, dass Großbritannien zum Ende Januar die EU geordnet verlässt. Der Austrittsvertrag sieht vor, dass die EU und Großbritannien nach dem Brexit Verhandlungen über die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen, besonders über ein Freihandelsabkommen, beginnen und bis Ende 2020 abschließen. Während dieser Verhandlungen ändert sich beim Handel mit Waren und Dienstleistungen nichts, d.h. Großbritannien bliebe noch im Binnenmarkt. Allerdings ist es fraglich, ob sich beide Seiten in nur elf Monaten auf ein Abkommen über ihre zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen verständigen. Um mehr Zeit zu bekommen, müsste Großbritannien bis Mitte 2020 eine Fristverlängerung beantragen, ansonsten kann es weiterhin zu gravierenden Folgen eines ungeregelten Verhältnisses zur EU kommen. Das britische Pfund hat sich seit Wochen mit der gestiegenen Aussicht auf einen geregelten Ausstritt ggü. Euro und US-Dollar aufgewertet. Die Unsicherheit ist zunächst weg und das Pfund hat nach der Wahl noch einen Satz nach oben gemacht. Wir bleiben aber nur bei einer neutralen Votierung für das Pfund, da die Unsicherheit über den Verlauf die Verhandlungen weiter bleibt.
Anleihen
Japan: Tankan-Bericht (Q4), 00:50 Uhr
USA: Einzelhandelsumsätze (Nov.), 14:30 Uhr
An den Börsen überschlagen sich die Ereignisse: Die USA und China haben sich – offenbar wirklich – auf ein Handels-abkommen geeinigt, das heute unterschrieben werden soll. Eine weitere Eskalation des Handelskonflikts wird damit zu-nächst vermieden. Die schwierigen Themen umschifft das Abkommen wohl, weitere Verhandlungen sind nötig. Und in Großbritannien hat Boris Johnson mit den Tories die absolute Mehrheit im Unterhaus gewonnen. Der Weg scheint frei für das vor der Wahl errungene Austrittsabkommen mit der EU (vgl. „Im Blickpunkt“). Das britische Pfund legte zum Euro und vor allem zum US-Dollar deutlich zu. Christine Lagarde hat gestern ihre erste geldpolitische Sitzung geleitet und sich auf der anschließenden Pressekonferenz den Fragen der Journalisten gestellt. Sie wollte sich bewusst von ihrem Vorgänger abheben, das ist ihr gelungen. Zugleich war sie bemüht, sich nicht festzulegen. Überraschungen lieferte sie keine. Bei der Frage nach Helikoptergeld duckte sie sich etwas weg: Ob das Thema auf die Agenda der Strategie kommt, darüber müsse der geldpolitische Rat entscheiden. Sie sprach sich aber dafür aus, beim Thema Digitalwährungen die Nase vorn zu haben, denn die Nachfrage nach neuen digitalen Zahlungsmitteln sei sicherlich gegeben und die EZB müsse darauf reagieren. Sie scheint einer staatlichen Digitalwährung („stable coin“) gegenüber nicht abgeneigt zu sein. Die Gefahr ist groß, dass private Lösungen wie Bitcoins oder Libra von Facebook das Tempo vorgeben werden. In Japan ist die Stimmung in den Industrieunternehmen ge-messen an der Tankan-Umfrage auf den tiefsten Stand seit 2013 gefallen. Leicht besser als erwartet bewerteten dagegen die Dienstleister das konjunkturelle Umfeld. Auch die Bestellungen im Maschinenbau waren im Oktober enttäuschend.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Die europäischen Aktienmärkte tendierten nach einer verhaltenen ersten Handelshälfte fester. Den entscheidenden Impuls für die Märkte brachte kurz nach Eröffnung der Wallstreet ein Tweet von US-Präsident Donald Trump, wo-nach ein Handelsabkommen mit China näher rücken könnte. Die europäischen Leitindizes legten daraufhin deutlich zu. Den stärksten Anstieg verzeichnete der österreichische ATX-Index (+1,4%). Kursrückgänge (wie am Dienstag) oder positive Meldungen in Bezug auf das Thema Handelsstreit werden rasch dazu genutzt, um Aktien (zurück) zu kaufen, auch wenn die Bewertungsrelationen nach den zum Teil sehr starken Anstiegen in diesem Jahr (Dax: +25%) nicht mehr so günstig sind. Zudem bleibt die Geldpolitik sehr expansiv. Die US-Notenbank beließ vorgestern den Zielkorridor für die Fed Funds Rate bei 1,50-1,75%. Die US-Währungshüter dürften gemäß ihren jüngsten Aussagen einige Zeit abwarten und der nächste Zinsschritt sollte eher weiter nach unten als wieder nach oben gehen. Die EZB beließ den Leitzins auf dem Rekordtief von null Prozent. Die EZB-Sitzung unter den neuen Chefin Lagarde bewegte den Markt kaum. Dagegen senkte die türkische Notenbank den Leitzins zum vierten Mal in diesem Jahr und zwar um 200 Basispunkte auf 12%. Der Dax gewann 0,6%. Tagesgewinner war die Aktie der Deutschen Bank (+3,4%). Auf europäischer Sektorenebene waren v.a. Bankaktien gefragt (+2,3%). Nahrungsmittel- & Getränkeaktien büßten als Tagesverlierer im Schnitt 1% ein. Die Börsen in den USA tendierten nach dem Trump-Tweet ebenfalls fester. Alle drei US-Leitindizes erzielten neue Rekordhochs. Besonders gefragt waren Energie- und Finanzaktien (+2%), wohingegen Immobilienaktien im Schnitt 1,5% verloren. Die Börsen in Asien tendierten infolge des Wahlsiegs von Boris Johnson in Großbritannien und des wahrscheinlichen Handelsabkommens der USA mit China vielerorts sehr fest.