Wirecard: Kommen weitere Attacken auf die Aktie?
Die gute Nachricht vorab: Wirecards Aktienkurs notiert - zumindest aktuell - einigermaßen stabil. Die schlechte Nachricht: Nach dem gestrigen zwischenzeitlichen Absturz von 140 Euro auf 107,80 Euro - eine Folge eines neuen kritischen Berichts in der Financial Times - bleiben die Kurse damit im Bereich um 122 Euro, weit unter dem Schlusskurs vom Montag also. Das Sentiment ist angeschlagen, die gestrige Intraday-Erholung endete bei 123,20 Euro und damit knapp unterhalb einer charttechnischen Hürde, die bei 124,10/125,50 Euro angesiedelt ist. Mögliche stärkere Pullback-Marken wie der Bereich um 130,40/131,00 Euro kamen für Wirecards Aktienkurs damit nicht in Sichtweite während der Erholungsbewegung im gestrigen Handel.
Wirecards Aktie bleibt zwar für Trader angesichts der Volatilität hoch interessant, zumal es für diese Börsianer mit Engagements im Long- und Shortsektor oder Spekulationen auf Seitwärtsbewegungen egal ist, wohin die Reise geht. Anders sieht dies für den „klassischen” Anleger aus. Erinnert sei an die Situation zu Jahresbeginn: Ersten Berichten in der FInancial Times folgten weitere und letztlich war der Absturz von 170 Euro auf 86 Euro keine Frage eines Tages, sondern dauerte vom 30. Januar bis zum 8. Februar an. Es ist auch diesmal kaum anzunehmen, dass die britische Wirtschaftszeitung und ihr streitbarer Autor Dan McCrum ihr Pulver in einem Beitrag zu Wirecard komplett verschossen haben. So muss man auf Anlegerseite bei der Wirecard Aktie zumindest einkalkulieren, dass weitere Belastungen kommen könnten.
Für das Unternehmen und die Aktionäre ist dies aber auch eine Chance: Ersteres kann nun - endlich - Transparenz beweisen und die Vorwürfe umfassend aufklären. Kommt es nicht dazu, liegt der Ball bei den Aktionären, Druck auf Wirecard auszuüben. In der gestrigen Stellungnahme der DZ Bank war zu lesen, dass man erwarte, dass der DAX-Konzern in Kürze Stellung nehmen will. Ob das Gewissheit oder ein dringender Appell an das Wirecard-Management war, ist offen. Vom DAX-notierten Fintech-Konzern kam bisher zwar ein scharf formuliertes Dementi, doch inhaltlich war das wachsweich und ohne konkrete Widerlegung der Vorwürfe, die in der „FT” gestern auftauchten. Hier muss Wirecard nachlegen, will man nicht das gerade mühsam aufgebaute Vertrauen bei den Anlegern schon wieder verlieren.
Nicht vergessen: Den Kurseinbruch nach der ersten Welle von „Enthüllungsberichten” seitens der Financial Times hat Wirecards Aktienkurs bis heute nicht komplett kompensieren können. Am Nächsten kam der DAX-Titel der 170er-Marke Ende Mai mit einem Anstieg bis auf 162,30 Euro, Anfang September wurden noch einmal 159,80 Euro erreicht. In der Zwischenzeit hat der Konzern reichlich News-Pulver verschossen: Höhere Prognosen für 2019 und 2025 sowie die strategische Partnerschaft mit Softbank waren die Highlights. Gebracht hat es nur begrenzt etwas, wenn man auf den Kurs schaut. Anlegern könnte das zu Denken geben, erst recht wenn Wirecard nun wieder kommunikative Fehler und nicht endlich reinen Tisch macht.