Euroland BIP: Deutliche Bremsspuren! - Nord LB Kolumne
Soeben wurde die erste Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone im II. Quartal 2019 veröffentlicht. Im Quartalsvergleich wächst die Wirtschaft des gemeinsamen Währungsgebiets nur noch um 0,2%. Auf Jahresbasis macht dies 1,1% aus. Damit wird klar, dass die konjunkturellen Bremsspuren immer deutlicher hervortreten. Die zuvor veröffentlichten Statistiken für Spanien und Frankreich lagen jeweils unter den Erwartungen. Madrid konnte immerhin 0,5% Q/Q melden, Paris allerdings lediglich 0,2% Q/Q. Italien veröffentlichte ein Nullwachstum für die Monate April bis Mai.
Auch für Deutschland erwarten wir ein eher enttäuschendes Quartal. Aus den Zahlen von Eurostat ergibt sich die Vermutung, dass das positive Vorzeichen möglicherweise knapp gehalten werden könnte. Unsere Modelle weisen derzeit ein negatives Quartal aus. Die offizielle Destatis-Veröffentlichung gibt es allerdings erst am 14. August.
Besonders deutlich manifestiert sich der Gegenwind der globalen Konjunktur in der Industrieproduktion. Hier ist Deutschland besonders betroffen, die Hersteller meldeten für den Mai einen Rückgang von 3,7% Y/Y und bei den Aufträgen sogar einen Einbruch um 8,6% Y/Y. Gestützt wird das Wachstum noch vom Binnenkonsum, allerdings dürfte sich hier eine längere Negativphase bei der Industrie bald bemerkbar machen.
Somit wird sich die EZB weiter bestätigt fühlen, im September wieder einen Schritt in Richtung ultra-expansiver Geldpolitik zu gehen und ein Paket zu verabschieden, das über eine reine Einlagesatzsenkung hinausgeht. Die Ankündigung der Wiederaufnahme von Nettoneunankäufen dürfte dazugehören. Allerdings darf bezweifelt werden, dass sich hieraus größere Impulse ergeben werden. Das geldpolitische Pulver ist weitestgehend verschossen. Umso gefragter ist nun die Konjunkturpolitik. Allein die Preisentwicklung, die ebenfalls heute veröffentlicht wurde – die Kernrate gab auf 0,9% Y/Y nach – ist allerdings schon ein valides Argument, dass die Notenbank sich genötigt sieht, zu handeln. Sie sollte nur nicht von der Politik allein gelassen werden.
Die Märkte reagierten kaum auf die Veröffentlichung. Der Euro notierte schon im Vorfeld leicht schwächer, an Renten- und Aktienmärkten gab es keine Impulse zu verzeichnen. Dies dürfte angesichts dessen, dass sich die Erwartungen der Konsensprognose erfüllten, auch wenig überraschen.
Fazit: Im II. Quartal hat das Wirtschaftswachstum der Eurozone lediglich um 0,2% Q/Q zugelegt. Dabei dürften die Auslandsnachfrage und Verunsicherung durch Handelskrieg sowie Brexit eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Die EZB wird im September auf das geringere Wachstum und die nachlassende Dynamik der Verbraucherpreise reagieren. Dies hat sie auf der letzten Zinssitzung angedeutet. Doch sie hat ihr geldpolitisches Pulver eigentlich verschossen. Insofern ist es nun an anderen, europäische Konjunkturpolitik zu betreiben.