ZEW-Umfrage: Der Himmel voller Damoklesschwerter - Nord LB Kolumne
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hat soeben die Ergebnisse seiner monatlichen Umfrage unter etwa 200 Volkswirten, Analysten und Fondsmanagern für den Berichtsmonat November veröffentlicht. Demnach konnten sich die Konjunkturerwartungen für Deutschland mit -24,1 Saldenpunkten gegenüber dem Vormonat immerhin stabilisieren. Die Mehrheit der Finanzmarktexperten blickt allerdings weiterhin pessimistisch in die Zukunft, was schon allein durch das negative Vorzeichen des Indikators zum Ausdruck kommt. Die Erwartungen für die Eurozone haben sich sogar abermals eingetrübt. Auch sie verbleiben in negativem Terrain und notieren auf dem schwächsten Niveau seit dem Sommer 2012, als die Eurokrise eine ihrer schärfsten Zuspitzungen erlebte.
Die Beurteilung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland fällt mit nunmehr 58,2 Punkten sehr viel zurückhaltender aus als bisher. Ein ähnliches Bild in allerdings noch um einiges dunkleren Farben zeigt sich auch bei den Einschätzungen zur aktuellen Konjunkturlage in der Eurozone. Bereits die vorläufigen Berechnungen von Eurostat zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im gemeinsamen Währungsraum im III. Quartal hatten eine merkliche Abschwächung der Dynamik dokumentiert. Für Deutschland wird das Statistische Bundesamt erst morgen früh eine erste Vorausschätzung veröffentlichen. Wir rechnen sogar mit einem preis- und saisonbereinigten Rückgang der Wirtschaftsleistung gegenüber der Vorperiode. Auch wenn hier Sondereinflussfaktoren wie die Produktionsausfälle in der Automobilindustrie im Kontext der nun vorgeschriebenen Zertifizierung nach dem neuen WLTP-Messverfahren für Abgasemissionen eine erhebliche Rolle gespielt haben, passt die allenthalben schwindende Zuversicht durchaus zu der kaum schön zu redenden Konjunkturdelle.
Die erheblichen Risiken für die Wirtschaft u. a. durch den ungewissen Ausgang der Brexit-Verhandlungen, den stabilitäts- und europafeindlichen Kurs der italienische Populistenregierung sowie die aggressive protektionistische Politik des US-Präsidenten Trump fordern mehr und mehr ihren Tribut – auch bei den vom ZEW befragten Finanzmarktexperten. Wer mag schon optimistisch in die Zukunft blicken, wenn der Himmel voller Damoklesschwerter hängt?
Die heutigen Zahlen geben für den Moment wenig Hoffnung darauf, dass der erwiesenermaßen gegenwärtig mit nur reduzierter Drehzahl laufende Konjunkturmotor in absehbarer Zeit wieder merklich Tempo aufnehmen wird. Da sich die Teilnehmer der ZEW-Umfrage erfahrungsgemäß bisweilen auch einmal übertrieben schreckhaft zeigen, bleibt zunächst allerdings der besser „geerdete“ Konjunkturtest des Münchener ifo-Instituts bei rund 9.000 Unternehmen abzuwarten. Die Ergebnisse des wohl verlässlichsten Stimmungsindikators werden allerdings erst am 26. November veröffentlicht.
Fazit: Die vom ZEW erhobenen Konjunkturerwartungen für Deutschland konnten sich im November mit -24,1 Saldenpunkten gegenüber dem Vormonat immerhin stabilisieren. Die Mehrheit der Finanzmarktexperten bleibt im Umfeld des ungewissen Ausgangs der Brexit-Verhandlungen, des stabilitäts- und europafeindlichen Kurses der italienische Populistenregierung sowie der aggressiven protektionistischen Politik des US-Präsidenten Trump allerdings weiterhin pessimistisch. Wer mag schon optimistisch in die Zukunft blicken, wenn der Himmel voller Damoklesschwerter hängt? Die heutigen Zahlen geben für den Moment wenig Hoffnung darauf, dass der erwiesenermaßen gegenwärtig mit nur reduzierter Drehzahl laufende Konjunkturmotor in absehbarer Zeit wieder merklich Tempo aufnehmen wird.