US-Einzelhandelsumsätze: Konsumrausch trifft auf Lieferengpässe - Nord LB
In den USA sind vor wenigen Minuten aktuelle Daten zur Entwicklung der Einzelhandelsumsätze im Berichtsmonat Juni gemeldet worden. Die noch vorläufigen Zahlen stellen eine positive Überraschung dar. Es kam zu einem Anstieg um immerhin 0,6% M/M. Die zeitgleich verkündete leichte Abwärtsrevision der Angaben für den Mai sollte daher kein wirkliches Problem sein. Ganz offensichtlich hilft die zunehmende Öffnung der US-Wirtschaft der Nachfrage. So zogen die Umsätze unter Ausklammerung des Gaststättengewerbes, welches bekanntlich besonders stark unter der Coronavirus-Krise gelitten hatte, im Juni beispielsweise nur um 0,3% M/M an.
Der Blick auf die Details der aktuellen Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen in den USA zeigt zudem, dass die Autohäuser weiterhin mit Problemen zu kämpfen haben. In Zahlen ausgedrückt kam es in dieser Untergruppe zu einem Absatzrückgang um 2,0% M/M. Diese Nachricht darf aber wohl keinesfalls als klares Anzeichen für eine „schwächelnde“ Nachfrage gewertet werden. Nach einigen starken Monaten zollen die Automobilabsätze nun nämlich langsam den Versorgungsengpässen in der US-Industrie Tribut. Die Konsumenten würden offenbar gern auch weiterhin in stärkerem Umfang Kraftfahrzeuge kaufen wollen, das Angebot an Automobilen muss aktuell aber als eher limitiert bezeichnet werden. In diesem Umfeld ist der Handel immerhin in der Lage, höhere Preise bei den Kunden durchzusetzen. Die Einzelhandelsumsätze stellen bekanntlich eine nominale Größe dar. Entsprechend wird der aktuelle Rückgang zumindest partiell durch die steigenden Preise von Kraftfahrzeugen gedämpft. Exklusive Automobile legten die Einzelhandelsumsätze im Juni um immerhin 1,3% M/M zu.
Die zwei eng mit dem US-Immobilienmarkt verknüpften Segmente Möbel und Baumaterialien mussten am aktuellen Rand ebenfalls erneute Rückgänge hinnehmen. Lieferengpässe dürften auch bei diesen beiden Zeitreihen zumindest eine partielle Erklärung für die momentane zu beobachtende Schwäche sein. Folglich verbietet es sich wohl, auf der Basis dieser aktuellen Daten Rückschlüsse bezüglich der aktuellen Lage am US-Immobilienmarkt zu ziehen.
Erwartungsgemäß konnten die Umsätze an den Tankstellen im Juni zulegen. Es wurde eine Veränderungsrate von +2,5% M/M gemeldet. Diese Entwicklung ist vor allem das Resultat eines auch saisonbereinigt steigenden Benzinpreises.
Die Kontrollgruppe der Einzelhandelsumsätze, die für die BIP-Berechnung in den USA relevant ist, konnte im Berichtsmonat Juni immerhin um 1,1% M/M anziehen. Damit zeigt sich einmal mehr, dass der US-Konsument auch derzeit als tragende Säule für den Wirtschatsaufschwung in Nordamerika anzusehen ist.
Fazit: Die Zahlen zur Entwicklung der US-Einzelhandelsumsätze konnten im Juni mit einem Anstieg um immerhin 0,6% M/M positiv überraschen. Es zeigt sich aber zunehmend, dass Lieferengpässe das Anziehen der Nachfrage dämpfen. Dies gilt in ganz besonderem Maße für die Autohäuser. Die Einzelhändler reagieren auf dieses für sie doch schwierigere Umfeld mit Preiserhöhungen, was bei der Stabilisierung der Umsätze natürlich hilft. Insofern liefern die heutigen Zahlen zu den US-Einzelhandelsumsätzen auch wichtige Informationen zur Lage an der Inflationsfront in den Vereinigten Staaten. Die aktuellen Daten könnten daher sogar eine noch größere Bedeutung für die Notenbank in Washington haben. Klar ist zudem auch, dass die Besserung der Beschäftigungssituation in den USA perspektivisch helfen wird, das Auslaufen staatlicher Unterstützungsprogramme zu kompensieren. Auch mit Blick auf diesen Punkt sollte sich das FOMC also wohl keine zu großen Sorgen machen müssen.