Wirecard Aktienkurs bricht ein - es wird immer deutlicher: Diese Spekulation geht nicht auf
Knapp 18 Prozent verliert die Wirecard Aktie aktuell auf 2,65 Euro, nachdem mittlerweile Zweifel aufgekommen sind, ob das Kerngeschäft des Payment-Dienstleistrs überhaupt die Profite abgeliefert hat, die bisher vom Unternehmen ausgewiesen wurden. Nachrichten wie diese, zusammen mit den News über immer mehr abspringende Großkunden und Geschäftspartner, dürften das Leben des Insolvenzverwalters Michael Jaffé nicht gerade einfacher machen: Durch den Verkauf von Unternehmensteilen will dieser zumindest noch etwas Geld reinholen, mit dem man die Gläubiger befriedigen kann - das sind unter anderem die Banken und Anleihegläubiger.
Bei den Kunden der Wirecard Bank sieht dies noch etwas anders aus: Rund 1,7 Milliarden Euro hatten diese bei der Bank laut Neunmonatsbilanz angelegt. Noch ist die Wirecard Bank nicht insolvent, wie die Aschheimer weiter betonen. Offen ist aber, wie weit hier Kundeneinlagen in den letzten Tagen abgeflossen sind und wie viel „Puffer” die wichtige Konzerntochter noch hat.
Mit den neuen Spekulationen um die Profitabilität von Wirecards Kerngeschäft wird auch den Optimisten immer deutlicher, dass der „Insolvenz-Zock” keine Grundlage hat. Wir hatten schon vor einigen Tagen vor hoch risikobehafteten Zockereien mit der Wirecard Aktie gewarnt. Aktuell wird das Unternehmen an der Börse immer noch mit 327 Millionen Euro (!) bewertet.
Hier noch einmal unser Bericht vom heutigen Morgen zu diesem Thema:
Wenn auch diese Berichte zu Wirecard zutreffen, wird das ein herber Rückschlag für die Massen an Zockern, die - warum auch immer - auf einen Insolvenz-Zock bei der Wirecard Aktie setzen. Eigentlich fehlt einer solchen Spekulation ohnehin völlig die Basis, wie wir in unseren letzten Berichten zum immer noch im DAX notierten Titel mehrfach betont haben. Viel zu groß sind die milliardenschweren Risiken aus dem Bilanzskandal und der Insolvenz, als dass sich irgendjemand derzeit den gesamten Konzern per Übernahme ans Bein binden mag. Und selbst die mehr oder weniger vage Vermutung, dass sich Käufer eventuell für einzelne werthaltige Tochtergesellschaften interessieren könnten, ändert nichts an der Gesamtsituation des insolventen Unternehmens. Es ist abzusehen, dass die Aktionäre am Ende des „Falls Wirecard” leer ausgehen werden.
Dass nun auch noch die „Financial Times” mit neuen Enthüllungen über die vermeintlich operativen Geschäftsbereiche daher kommt, zieht diesem „Insolvenz-Zock” die Beine weg. Hieß es bisher stets, dass Wirecards Kerngeschäft ja hoch profitabel gewesen sei und damit Käufer anlocken könnte, so streut ein neuer Bericht daran erhebliche Zweifel. Die britische Zeitung, die den Wirecard-Bilanzskandal schon Anfang 2019 aufgedeckt hat, berichtet nun unter Berufung auf vertrauliche Teile des KPMG-Prüfberichts, dass auch in Europa und im Amerika-Geschäft in Teilen des Geschäfts rote Zahlen anfielen. So wird von einem operativen Verlust von 74 Millionen Euro im Jahr 2018 bei solchen Gesellschaften gesprochen, die unter dem direkten Einfluss der Konzernzentrale standen. Auch in den Jahren davor sollen Verluste angefallen sein, die man kaschiert hat.
Von Wirecard kommt diesmal übrigens kein Kommentar zu dem Bericht - früher attackierte der Konzern die „FT” noch regelmäßig nach solchen Berichten und sprach von irreführenden Falschaussagen. Seit dem Insolvenzantrag und dem Wechsel an der Konzernspitze von Wirecard hat sich aber vieles geändert. Während der Ex-CEO und „Wirecard-Macher” Markus Braun gegen Kaution auf freien Fuß ist und mit den Ermittlungsbehörden kooperieren soll, ist mit Jan Marsalek der Ex-Vorstand von Wirecard flüchtig, in dessen unmittelbaren Verantwortungsbereich die Betrügereien im Konzern gefallen sind. Wo Marsalek sich aufhält, ist unklar. Außergewöhnlich und bemerkenswert ist, dass zwei weitere Vorstände des Unternehmens aus der Ära des Bilanzskandals weiter an Bord sind: Zum einen Finanzvorstand Alexander von Knoop, zum anderen CPO Susanne Steidl.