Anleger hoffen in Corona-Krise auf weitere Maßnahmen der Notenbanken - Börse München Kolumne
Coronavirus setzt weiter zu: Die deutschen Aktienmärkte haben in der vergangenen Woche stark geschwankt und letztlich erneut teils spürbare Verluste verzeichnet. Das beherrschende Thema blieb die Corona-Krise und die Auswirkungen auf die Wirtschaft. Dabei überwogen trotz zeitweiliger Beruhigung und der Unterstützung durch die unerwartete Zinssenkung der US-Notenbank Fed insgesamt die Sorgen. Genährt wurden diese nicht nur durch die gestiegenen Infektions- und Todesfallzahlen oder die Senkung der Wachstumsprognose der OECD für die globale Wirtschaft, sondern auch durch zunehmende Umsatz- und Gewinnwarnungen von Unternehmen. Besonders deutlich wurde dies am Donnerstag nach dem für viele Beobachter unerwartet schwachen Ausblick von Continental. Dieser sorgte nicht nur für einen Kurseinbruch beim Automobilzulieferer, sondern belastete die gesamte Branche und verstärkte die an diesem Tag ohnehin gegebene Verkaufsbereitschaft der Anleger. Zu Ende der Handelswoche flüchteten die Investoren dann förmlich aus den hiesigen Aktienmärkten, der gut ausgefallene US-Arbeitsmarktbericht spielte ebenso wie der überraschend starke Anstieg bei den Auftragseingängen in der deutschen Industrie praktisch keine Rolle.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) verlor im Wochenvergleich 2,9 Prozent auf 11.541,87 Punkte. Der MDax fiel um 2,4 Prozent auf 24.750,77 Zähler. Eine Berg- und Talfahrt vollführten die Titel des Indexwerts Metro. Nachdem es mit dem Kurs des Handelskonzerns nach Übernahmespekulationen erst um rund 20 Prozent aufwärts gegangen war, ließen die fehlende Bestätigung oder zumindest Neuigkeiten zu diesem Thema in Verbindung mit der allgemeinen Abgabestimmung an den Börsen die Gewinne wieder schwinden. Der TecDax reduzierte sich im Wochenvergleich um 0,8 Prozent auf 2.824,54 Punkte. Der m:access All-Share rückte gegen den Trend um 0,6 Prozent auf 2.594,28 Zähler vor. Dabei stach das Bitcoin-Unternehmen Northern Data mit einem Wochenkursgewinn von über 35 Prozent heraus.
An den deutschen Anleihemärkten setzten sich die Kursanstiege der Vorwoche in der vergangenen Woche fast ungebremst fort. Die Ängste vor den Auswirkungen des Coronavirus trieben die Investoren erneut in die Anlage in die als sicher geltenden Bundespapiere, deren Renditen in der Folge neue Rekordtiefststände markierten. Die überraschende Zinssenkung der Fed befeuerte diese Entwicklung noch. Im Wochenvergleich sackte die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe von -0,61 auf -0,73 Prozent, am Freitag markierte sie im Handelsverlauf mit -0,75 Prozent ein neues Rekordtief. Die Umlaufrendite ging deutlich von -0,59 auf -0,71 Prozent zurück.
Die US-Aktienbörsen konnten sich in der vergangene Woche trotz eines schwächeren Ausklangs der Handelswoche etwas von ihren vorangegangenen Verlusten erholen. Auch hier waren das Coronavirus und die Folgen für die globale Konjunktur das letztlich beherrschende Thema, der starke Arbeitsmarktbericht am Freitag stand im Schatten der Krise. Der Dow-Jones-Index stieg im Wochenvergleich dennoch um 1,8 Prozent auf 25.864,78 Punkte. Beim breiter gefassten S&P-500-Index ging es um 0,6 Prozent aufwärts auf 2.972,37 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index legte um 0,8 Prozent auf 8.530,34 Punkte zu.
Ausblick
Beim Blick auf die deutschen Aktienmärkte dürften in der aktuellen Woche zwei Dinge sicher sein: Die Volatilität dürfte hoch und das Coronavirus beziehungswiese dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft das Thema Nummer eins bleiben. Seitdem immer deutlicher wird, dass die Sorgen wegen der Folgen der Krankheit auf die globale Konjunktur berechtigt sind, steigt wenig überraschend die Nervosität der Investoren. Hierzu dürften auch die Abriegelungen in Italien beitragen. Und dass etliche neue Zahlen wie die am vergangenen Wochenende vorgelegten Daten zu den Ein- und Ausfuhren Chinas – die Exporte sackten im Januar und Februar um über 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab – die Befürchtungen der Marktteilnehmer bestätigen, dürfte in Verbindung mit gesenkten Unternehmensprognosen die Stimmung nicht bessern.
In Bezug auf letzteren Punkt dürften die Anleger in den kommenden Tagen auf die Unternehmenszahlen achten. Dabei legen beispielsweise aus dem Dax Adidas, Deutsche Post und RWE Daten vor. Von den MDax-Werten gibt Fraport Einblick in die Geschäftstätigkeit, der Kurs des Flughafenbetreibers hatte zuletzt erheblich unter den Folgen der Corona-Krise gelitten.
Hoffnung setzen viele Marktteilnehmer derzeit in Maßnahmen der großen Notenbanken, die die negativen Folgen der Viruserkrankung auf die Wirtschaft eindämmen sollen. Die überraschende Leitzinssenkung der US-Notenbank in der vergangenen Woche blieb bislang ohne nennenswerte Auswirkungen. Nun richten sich die Blicke der Marktteilnehmer auf die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in dieser Woche: Dabei werden allgemein Schritte der EZB erwartet, ob diese allerdings in einer Senkung des Einlagezinses oder in einer Ausweitung der Anleihekäufe oder in etwa ganz Anderem bestehen, bleibt abzuwarten.
Von Seiten der Konjunkturdaten stehen in den kommenden Tagen zwar einige unter normalen Bedingungen potenziell marktbewegende Veröffentlichungen auf der Agenda, ob diese in der aktuellen Situation allerdings tatsächlich einen nachhaltigen Einfluss auf das Marktgeschehen haben werden, darf momentan bezweifelt werden.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 09.03.: Industrieproduktion in Deutschland; Handelsbilanz für Deutschland
Dienstag, 10.03.: Bruttoinlandsprodukt der EU; Verbraucherpreise in China
Mittwoch, 11.03.: Verbraucherpreise in den USA
Donnerstag, 12.03.: Verbraucherpreise in Deutschland; Ergebnis der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank; Industrieproduktion in der Eurozone; Erzeugerpreise in den USA
Freitag, 13.03.: US-Verbrauchervertrauen der Universität Michigan; Import- und Exportpreise in den USA
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG