Ifo-Geschäftsklimaindex: Unbeeindruckt oder blind bezüglich Coronavirus? - Nord LB Kolumne
Das Münchner ifo-Institut veröffentlichte soeben die Ergebnisse der aktuellen Geschäftsklima-Umfrage. Danach hat sich der wichtigste deutsche Konjunkturindikator im Februar unerwartet verbessert. Der Gesamtindex stieg von 95,9 auf 96,1 Punkte. Dies lag vor allem am Zuwachs der ifo-Geschäftserwartungen, die von 92,9 auf 93,4 Indexzähler überraschend anzogen. Die Beurteilung der Geschäftslage ging zwar wie erwartet zurück, aber weniger deutlich als befürchtet.
Die im November begonnene, kurzzeitige Aufhellungstendenz wurde zuletzt zwar nicht fortgesetzt, aber immerhin nicht rückgängig gemacht. Nach dem leichten Vormonatsrückgang scheint sich die Stimmung unter den deutschen Unternehmenslenkern sogar zu stabilisieren. Die vergangene Woche veröffentlichte Umfrage des Mannheimer ZEW unter den Finanzexperten hatte eine signifikante Eintrübung angezeigt. Im Gegensatz dazu fielen die Markit PMIs recht solide aus – der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe zog sogar etwas an (auf 47,8 Punkte).
Die Gemütslage in den deutschen Unternehmen wird derzeit ziemlich „durchgeschüttelt“: Sorgten noch in 2019 die Themen ungeregelter Brexit und Eskalationsgefahr im Handelskonflikt zwischen den USA und China für eine deutliche Eintrübung der Stimmung, konnten bereits die Anzeichen auf ein Ausbleiben eines „Hard Brexit“ und eine Einigung auf das „Phase-1-Abkommen“ zuletzt für ein besseres „Vibe“ sorgen. Die Zeichen waren für die exportlastige deutsche Wirtschaft schon wieder auf zaghafte Hoffnung gestellt, was die heutigen Umfrageergebnisse zu belegen scheinen.
Doch noch ist es unseres Erachtens viel zu früh zum Durchatmen: Das Thema Coronavirus ist nämlich dabei, nicht „nur“ ein Problem für China und Asien zu werden, es „klopft“ bereits deutlich an der Tür zu Europa. Die Ereignisse vom Wochenende in Italien machen heute sicherlich zunehmend Sorgen. Die ifo-Umfrageergebnisse scheinen diese Skepsis kaum zu reflektieren, was sie – bereits jetzt schon – als etwas veraltet erscheinen lassen. Für jene, die einen Einsturz des ifo-Index befürchteten, sind die Daten vom ifo aber in jedem Fall schon eine Erleichterung.
Es bleibt abzuwarten, wie die Ausbreitung des Virus – nun auch in Europa – gebremst werden kann. Eine korrekte Einschätzung ist demnach entscheidend auch für eine richtige Prognose der Finanzmärkte. China wird im I. Quartal ein negatives BIP-Wachstum blühen, Japan könnte bereits in eine (technische) Rezession fallen. Die Aussichten für Europa und die USA hängen nun von dem Verlauf der Ausbreitung ab, mit jeder Woche werden die Prognosen nach unten angepasst.
Diese allgemeine Verunsicherung lastet auf den Finanzmärkten, die am heutigen Montagmorgen eine deutliche Sprache sprechen: Die Gefahren ausgehend von dem Coronavirus lassen die Anleger massiv aus den Aktienmärkten in die vermeintlich sicheren Häfen flüchten. Sie fiel der DAX bis unter 13.100, die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen sackte nahezu bis -0,50% ein. Während die Rendite 30-jähriger US-Treasuries bereits ein neues Allzeittief markierte, ist die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen nur noch wenige Basispunkte davon entfernt.
Fazit: Der deutsche ifo-Geschäftsklimaindex konnte sich im Februar entgegen den Befürchtungen erstaunlicherweise leicht aufhellen. Der Gesamtindex und Geschäftserwartungen zogen leicht an, nur die Geschäftslage ging etwas zurück. Vielleicht wirkt das Ausbleiben der großen Risiken des Jahres 2019 – ein harter Brexit und eine Eskalation im Handelskonflikt – nach. Dennoch muss angemerkt werden, dass die neuen Entwicklungen um das Coronavirus noch nicht komplett im ifo-Index enthalten sein dürften. In jedem Fall bestimmt dieses Thema aktuell die Finanzmärkte mehr als der heutige ifo-Index – die Aktienmärkte stehen stark unter Druck und deutsche Bundesanleihen sind massiv gesucht.