Commerzbank: Die IAA im Rückspiegel – VW, Tesla, Apple
Zwar war die IAA von den Ereignissen bei VW überschattet, doch der Abgasskandal dürfte einige Trends in der Automobilindustrie nur noch beschleunigen, insbesondere den Vormarsch von Hybrid-/Elektroautos. Noch ist deren Absatzbasis relativ klein, aber die Wachstumsraten sind mittlerweile beachtlich, die technischen Herausforderungen (Gewicht, Lade- und Lebensdauer der Batterie, Reichweite reiner Elektromobile etc.) werden zunehmend gemeistert. VW lieferte durch „Dieselgate“ für die Präsentation von Apple´s „iCar“ und für das „Model X“ von Tesla zudem eine willkommene Steilvorlage. Weitere (Zukunfts)-Themen / Aufgaben bleiben „connected car“ (Internetzugang, Vernetzung/Kommunikation der Fahrzeuge untereinander, Integration externer Geräte wie Smartphones usw.), „autonomous driving“ (das selbstfahrende Auto – hierzu separat in den nächsten Tagen mehr), „shared mobility“ (das Teilen eines Fahrzeugs mit anderen Nutzern) sowie Komfort, Sicherheit, Verbrauch, Schadstoffbilanz/Nachhaltigkeit. Das Gedränge bei den Supersportwagen war dennoch unvermindert groß, die Industrie kann entgegen aller Kritik also immer noch (für die Meisten jedenfalls schwer erfüllbare) Träume generieren. Da das Wachstum der weltweiten Automärkte jedoch nachlässt und gleichzeitig die Kosten aufgrund des Innovationsdrucks (s.o.) weiter steigen, werden manch traditionelle Hersteller künftig weitergehende Allianzen schmieden müssen oder sich gleich zusammenschließen, trotz der damit verbundenen Risiken. Die Branche erlebt wieder einmal eine Zeitenwende, das Auto wird quasi neu erfunden: Es bleibt also spannend in der Autoindustrie.
Zinsen und Anleihen
In Deutschland gingen die Auftragseingänge im August um 1,8% M/M zurück, erwartet worden war ein Zuwachs. Zudem wurde der Rückgang im Vormonat von -1,4% M/M auf -2,2% M/M drastisch nach unten korrigiert. Dies lag vor allem am Rückgang aus Ländern außerhalb der Eurozone (-3,7% M/M). Insofern lässt sich vermuten, dass die deutsche Konjunktur an der Schwäche der Emerging Markets leidet. Dies zeigt sich auch in der Industrieproduktion, die im August um 1,2% M/M kräftig zurückging. Der Augustwert ist durch den Ferieneffekt (späte Lage) der Sommerferien unterzeichnet gewesen. Trotz der schwachen Daten hat die EZB gestern zu hohe Erwartungen einer erneuten Lockerung gedämpft. So warnte der finnische Notenbankpräsident Liikanen davor, aufgrund der niedrigen Inflation zu früh zu handeln und nicht zu ungeduldig zu sein. Anfänglich tendierten Staatsanleihen in Europa freundlich, dann aber aufgrund der aufkommenden Risikofreude der Anleger schwächer. US-Treasruies bekamen gestern im frühen Handel Rückenwind von der Einschätzung von Goldman Sachs, dass eine Abschwächung der Produktion und Beschäftigung ein Fest-halten der Fed an der Nullzinspolitik bis weit ins nächste Jahr rechtfertige. Es gäbe durchaus eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Fed ihre geplante Zinserhöhung bis weit ins Jahr 2016 oder darüber hinaus verschiebe. Tatsächlich ist an den Märkten die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed dieses Jahr noch die Zinsen erhöht, auf etwas über 35% gesunken, Mitte September lag sie noch bei über 60%. Nach den am Freitag gemeldeten US-Arbeitsmarktdaten ging die Wahrscheinlichkeit noch einmal zurück. Die US-Renditen, die gestern nur zwischenzeitlich anstiegen, liegen jetzt wieder höher als vor Meldung der US-Arbeitsmarktdaten.
Aktien
Im frühen Handel der europäischen Aktienbörsen hatte es noch so ausgesehen, als könnte auch wegen der enttäuschenden Auftragseingänge für die deutsche Industrie die vorbörslich positive Stimmung nicht durchgehalten werden. Doch im Laufe des Vormittags nahmen die Indizes ihren Erholungskurs wieder auf und schlossen letztendlich mit Unterstützung einer freundlichen Eröffnung der Wall Street deutlich im positiven Terrain. Im deutschen Leitindex Dax 30 profitierten vor allem die zuletzt so stark unter Druck geratenen Automobiltitel von der aufgehellten Börsenstimmung. So standen die Vorzugsaktien von VW (+3,8%) vor den Anteil-scheinen von Daimler (+2,5%) an der Spitze der Kursliste. Schwächer tendierten dagegen nach der gestrigen starken Performance die Aktien von RWE (-1,9%). Im EUROSTOXX 50 wiesen Energietitel (+2,8%) angesichts der steigenden Ölpreise die beste Entwicklung vor den Automobilwerten (+2,2%) auf. Deutlich schlechter war die Tendenz bei den defensiven Sektoren: Während sich Nahrungsmittel unverändert zeigten, musste der Gesundheitsbereich sogar Verluste hinnehmen. In den USA sorgten die erneute Reduzierung der globalen Wachstumsprognosen durch den IWF und ein hohes Defizit in der Handelsbilanz für einen Stimmungsumschwung, womit bis auf den Dow Jones alle Leitindizes letztendlich im Minus schlossen. Positiv entwickelten sich angesichts der ansteigenden Rohstoffpreise die Energiebranche (+2,3%) und der Grundstoffsektor (+1,3%). Starke Abschläge kassierte hingegen wegen der reduzierten Quartalsziele einiger Biotech-Konzerne der Pharmasektor (-2,3%). Besondere Aufmerksamkeit erhielten die guten Quartalszahlen und die angehobene Gewinnprognose von PepsiCo (+1,3%). Während die geöffneten asiatischen Börsen ihren Erholungstrend weiter fortsetzen, dürfte Europa unverändert eröffnen.
Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der / die Autor(in) oder andere Personen aus der 4investors-Redaktion halten unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten / Derivate auf Finanzinstrumente von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse durch die Berichterstattung beeinflusst werden könnten: Volkswagen (VW) Vz..