Commerzbank: Das Brasilien-Dilemma
Die brasilianische Notenbank erhöht die Zinsen (seit April 2013 um 600 Bp. auf 13,25%) und der Staat verstärkt die Sparanstrengungen – trotz dieser unpopulären und schmerzhaften, restriktiven Maßnahmen rücken die Ziele aber immer weiter weg: Die Inflation und das Haushaltsdefizit steigen besorgniserregend. Die Staatseinnahmen sinken wegen der rezessiven Entwicklung schneller als die Einsparungen steigen, was Misstrauen schafft, den BRL belastet und die Inflation erhöht. Diese Abwärtsspirale zu durch-brechen ist im aktuellen Umfeld zunehmender Risikoaversion gegenüber Emerging Markets, eines festen USD und niedriger Rohstoffpreise schwer. Je länger diese Situation anhält, desto näher rückt eine krisenhafte Entwicklung.
Zinsen und Anleihen
Nach dem Renditeschub der vergangenen beiden Wochen setze gestern zumindest bis zur US-Eröffnung eine Beruhigung bei Bundesanleihen ein – just auf dem Renditeniveau, das vor Ankündigung der EZB-Anleihekäufe im Januar geherrscht hatte. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Markt nach seiner Tal- und Bergfahrt der vergangenen Wochen allmählich beruhigt. Gegen einen ungebremsten weiteren Anstieg spricht neben der Charttechnik vor allem die Tatsache, dass die EZB mit ihren Anleihekäufen den Großteil der Nettoemissionen aufnimmt. Unterstützung erhielten Bundesanleihen zunächst von den allenfalls zähen Fortschritten bei den Verhandlungen der Partnerländer mit Griechenland und der Nachricht, der IWF wolle seine Hilfszahlungen blockieren, da er Griechenlands Schuldenlast für langfristig nicht mehr trag-bar erachte. Im Gefolge weiteten sich auch die Risikoaufschläge für die Peripherieländer deutlich aus. Die Ausführungen des Währungskommissars Moscovici, der bei der Vorstellung der Frühjahrsprognose der EU-Kommission den Zusammenhalt der Währungsunion in ihrer jetzigen Form beschwor, vermochten die Gemüter nicht zu beruhigen. Am US-Bondmarkt zogen die Renditen nach Bekanntgabe des besser als erwarteten ISM-Index für den Dienstleistungsbereich weiter an (April: 57,8 Punkte nach 56,5). Dies zeigt, wie sensibel der Markt angesichts der „datenabhängigen“ Zinspolitik der Fed geworden ist, zumal sein implizites Hauptszenario: Leitzinswende erst Anfang 2016 – korrekturanfällig ist. In diesem Sog zog die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen erstmals seit 21. Januar wieder auf über 0,50% an.
Aktien
Die Erholung der europäischen Aktienbörsen zum Wochenauftakt hat sich letztendlich nur als Strohfeuer erwiesen. Nachdem die Kurse zum Handelsbeginn mit der Unterstützung starker Quartalsdaten noch weiter gestiegen waren, folgte nach wenigen Stunden eine Umkehr, die den ganzen Tag anhalten und sich mit extrem schwachen US-Handelsdaten sogar noch massiv verstärken sollte. Der deutsche Leitindex Dax 30 verlor dabei ausgehend von den frühen Höchstständen über 400 Punkte. Lediglich die Aktien des Baustoffproduzenten HeidelbergCement (+0,8%) konnten sich dem allgemeinen Abwärtstrend entziehen. Auch die Titel von Infineon, adidas und der Deutschen Lufthansa (alle zwischen -2,2 und -2,4%) konnten sich trotz guter Quartalsdaten nicht positiv abheben. Besonders der festere Euro schickte auch die meisten anderen europäischen Börsen auf Talfahrt. Im Leitindex des Euroraum (EUROSTOXX 50) lagen alle Branchen mehr oder weniger im negativen Bereich. Dabei konnten sich Energie und Baumaterialien (je -1%) noch am besten halten, Banken (-2,8%) und Versorger (-3%) erlitten die stärksten Abschläge. An der Wall Street sorgten die aufkommenden Wachstumssorgen für vergleichsweise moderate Kursverluste. In diesem Umfeld kassierten alle Branchen vergleichbar hohe Verluste, negativ stachen lediglich Versorger hervor (-2,3%). Einziger Einzeltitel mit Kursgewinnen war Visa (+0,6%). Die chinesischen Börsen können sich heute Morgen von dem deutlichen Kursrutsch des Vortags erholen. Auch die europäischen Märkte sollten etwas fester eröffnen.