Nord LB – Nationaler Volkskongress in China: BIP-Wachstumsvorgabe gesenkt
Der politische bedeutende Nationale Volkskongress ist heute offiziell in Peking gestartet. Die dort diskutierten Fragestellungen sollen China jährlich einer Neuausrichtung unterziehen. Der in diesem Kontext erfolgende Bericht zur Regierungsarbeit von Premier Li Keqiang enthält auch die Vorgaben für die volkswirtschaftlichen Zielgrößen – wobei hier insbesondere die staatlichen Leitplanken für das Wirtschaftswachstum und die Preisentwicklung im Interesse der Marktbeobachter stehen. Wie unter anderem die Nachrichtenagentur Xinhua heute früh meldete, kam es hier zu keiner Überraschung. So soll das BIP-Wachstum 2015 bei „um die 7,0%“ liegen.
Damit stellt sich die erwartete Absenkung gegenüber dem Vorjahr ein. Die neue Vorgabe zur Preisentwicklung liegt bei 3,0% (nach 3,5% in 2014). Mit Blick auf unsere Prognosen sehen wir keinen Anpassungsbedarf. Für das Jahr 2015 rechnen wir mit einem BIP-Wachstum von 7,3%. In 2016 erwarten wir 6,9% und gehen dabei davon aus, dass das Wachstumsziel für das Jahr 2016 weiterhin bei „um die 7,0%“ liegen dürfte. Die Inflationsrate sehen wir im laufenden Jahr bei nur 1,6%. 2016 gehen wir von 2,8% aus.
Neben den Zielen für BIP-Wachstum und CPI-Teuerungsrate hat Peking aber auch an anderen Stellschrauben gedreht. Vor allem mit Blick auf den Umbau des Wachstumsmodells – in dem die Dynamik mehr durch den Binnenmarkt getragen werden soll – fällt die durchaus ambitionierte Vorgabe für die Einzelhandelsumsätze auf: Die „Retail Sales“ sollen 2015 mit 13,0% zwar weniger wachsen, als es für 2014 vorgesehen war (14,5%). Allerdings würde eine Zielerreichung immerhin eine signifikant bessere Entwicklung im chinesischen Einzelhandel anzeigen als es in 2014 tatsächlich der Fall war (12,2%).
Im weiteren Verlauf des Nationalen Volkskongresses sollte sich aber nunmehr die Aufmerksamkeit auf die Reformvorhaben Pekings konzentrieren. Für Chinas Handels- und Geschäftspartner dürften hier insbesondere Neuerungen am Finanzmarkt und Meldungen zur weiteren Öffnung des Binnenmarktes im Fokus stehen. Lockerungen in Bezug auf die Ansiedlung ausländischer Unternehmen waren bereits aus Peking zu vernehmen. Premier Li Keqiang hob in diesem Zusammenhang hervor, dass man zukünftig Unternehmensgründern wie auch Investoren aus dem Ausland mehr Raum geben würde – sollte dieses Versprechen gehalten werden, müsste dies zwangsläufig eine geringere Dominanz der Staatsbetriebe zur Folge haben.
Mit Blick auf die Geldpolitik der PBOC und den weiteren Kurs in Bezug auf die Wechselkursentwicklung würden wir nach den jüngsten Schritten der Zentralbank eher mit einer abwartenden Haltung rechnen. Auch bei Adjustierungen an der Wechselkurspolitik – so zum Beispiel eine Ausweitung der Handelsspanne – dürften sich die Währungshüter vorerst zurückhalten. Wie die Zinssenkung am Sonntag allerdings vor Augen geführt hat, unterliegt diese Einschätzung durchaus einem gewissen Risiko.
Fazit: Peking hat die neuen Leitplanken für 2015 vorgegeben. Größere Überraschungen blieben aus. Bemerkenswert ist die ambitionierte Vorgabe für den Einzelhandel, was auch als Indikator für Pekings Bekenntnis zu einem neuen Wachstumsmodell interpretiert werden kann. Im weiteren Verlauf des Pekinger Kongresses darf nun mit Ankündigungen zu weiteren Reformen gerechnet werden. Die Geldpolitik dürfte vorerst abwarten.