Weberbank - Aktien: starke Schwankungen, aber positiver Ausblick
Früher war mehr Lametta! Und Kartelle sind auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren! Die OPEC war über Jahrzehnte eine verlässliche Größe, wenn es um die Entwicklung des Ölpreises ging. Ziel der Organisation war, durch Maßnahmen wie Fördermengenausweitung oder -kürzung einen stabilen Ölmarkt sicherzustellen und damit gleichzeitig die eigenen Erdöl-Gewinne zu sichern. Mit Blick auf den rasanten Preisverfall des Rohöls fragt man sich derzeit schon, was eigentlich die OPEC macht. Die Mitglieder der Organisation können sich nicht mehr auf einen einheitlichen Kurs einigen, und zusätzlich leidet die OPEC unter einem spürbaren Bedeutungsverlust durch neue Förderländer außerhalb des Kartells. Aktuell lautet die Devise: „Der Markt wird es schon richten“. Eine ungewöhnliche Aussage für einen wirtschaftlichen Verbund, der dafür gegründet worden war, die Kräfte des Marktes zu umgehen. Der Ölpreis markiert fast täglich neue Tiefstände und hat allein im laufenden Monat mehr als 15 Prozent in Euro verloren. Ein Segen für den Verbraucher und Staaten, die von Ölimporten abhängig sind. Ein Fluch jedoch für Länder und Unternehmen, die auf Einnahmen aus dem Ölverkauf angewiesen sind. Im Mittelpunkt des Abwärtsstrudels befindet sich derzeit Russland: Durch die Sanktionen der westlichen Welt ohnehin geschwächt, könnte sich der drastische Preisverfall des Ölpreises als Zünglein an der Waage für das Land erweisen. Die Wirtschaft ist dominiert vom Energiesektor und leidet folglich sehr stark. Der russische Rubel ist seit dem Sommer im freien Fall. Die Notenbank versucht durch Devisenkäufe, die Währung zu stärken. Das lässt die Devisenreserven des Landes abschmelzen. In dieser Woche wurde überstürzt der Leitzins von 10,5 auf 17 Prozent angehoben. Mittlerweile wird das Ausfallrisiko bei russischen Staatsanleihen auf 33 Prozent geschätzt. Das weckt Erinnerungen an die Rubelkrise von 1998. Zwar haben sich die Märkte nach dem Eingreifen der Zentralbank kurzfristig wieder stabilisiert, das Risiko einer erneuten Abwärtswelle bleibt aber bestehen. Auch in der westlichen Welt wird der Preisverfall des Rohöls nicht einhellig positiv gesehen. Die USA haben in den vergangenen Jahren durch die deutliche Ausweitung der Produktion von Schiefergas und -öl enorme wirtschaftliche Zugewinne erzielt. Viele Produzenten sind aufgrund des Preisverfalls allerdings langsam an der Gewinnschwelle und laufen Gefahr, Verluste zu erwirtschaften. Da die Unabhängigkeit von Energieimporten jedoch im ureigenen Interesse der USA liegt, sind staatliche Stützungen der Schieferölproduzenten bei einem weiteren Preisverfall sehr wahrscheinlich. Für Europa und Asien als Netto-Energieimporteure wirkt die Ölpreisentwicklung wie ein Konjunkturpaket und sollte im kommenden Jahr positive Wirtschaftseffekte auslösen.
Konjunktur: Unverhofftes Konjunkturpaket für Asien und Europa
Wie schon in unserer letzten Anlagestrategie erläutert, beobachtet die Europäische Zentralbank (EZB) die Preisentwicklung bei den Energierohstoffen sehr genau. Der Einfluss auf die Inflationsrate ist nicht unerheblich und könnte in den nächsten Monaten die Preissteigerung sogar unter Null sinken lassen. Von Deflation ist jedoch auch dann noch nicht zu reden. Eine solche liegt erst dann vor, wenn es zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale aus negativen Inflationsraten, Rückgängen der Wirtschaftsleistung und Lohnsenkungen kommt. Dieses Risiko wird weiterhin als gering eingestuft. Das Umfeld ermöglicht jedoch durchaus weitere expansive Maßnahmen der EZB zu Jahresbeginn. Die Rentenmärkte haben direkt darauf reagiert. Die Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen markierte ein neues Allzeittief bei 0,57 Prozent und deutsche festverzinsliche Papiere konnten erneut Kursgewinne erzielen. So waren mit deutschen Anleihen in diesem Jahr durchschnittlich fast 7 Prozent zu verdienen. Ein ähnliches Ergebnis wird in nächster Zeit mit Staatsanleihen schwer zu erzielen sein. Ausgenommen sind in unseren Augen allerdings Schwellenländeranleihen. Durch die Turbulenzen in Osteuropa haben sich die Risikoaufschläge für das Segment zuletzt ausgeweitet und Mehrjahreshöchststände erreicht. Die durchschnittliche Qualität der Schuldner hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert und liegt teilweise über der von Staatsanleihen der großen Industrienationen. Mittelfristig ergibt sich somit ein attraktives Chance-Risiko-Profil.
Renten: Schwellenländer mittelfristig mit Potential
Vor allem Aktientitel aus der Ölbranche oder mit Handelsverflechtungen nach Russland standen in den letzten Wochen besonders unter Druck. Das belastete die Stimmung am Aktienmarkt und drückte den DAX in der Spitze um fast 9 Prozent. Für das kommende Jahr sehen wir europäische Aktien positiv, da die Mischung aus schwachem Euro, niedrigen Rohstoffpreisen und expansiver Geldpolitik ihre unterstützende Wirkung entfachen sollte. Wir wünschen allen unseren Lesern eine frohe Weihnachtszeit und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2015.
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Weberbank. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!