Paion Aktie: Der ganz normale Wahnsinn an der Börse - und ein paar Fakten
Es war gestern der erwartet turbulente Handelstag bei der Paion Aktie – doch der verlief in großen Teilen anders, als sich die bei dieser Biotechaktie reichlich vorhandenen Bären erhofft hatten. Nachdem die Aachener wie erwartet ausgefallene Quartalszahlen, aber auch den Rückzug von Ono Pharma aus dem Remimazolam-Projekt in Japan gemeldet hatten, rauschte der Aktienkurs des Unternehmens zunächst in die Tiefe. Begleitet von eigen, nennen wir es mal alarmistischen Berichten in den Börsenmedien fiel die Paion Aktie auf 2,15 Euro.
Ob es Zufall ist oder die charttechnische Unterstützung bei 2,13/2,16 Euro ihren Dienst tat, man weiß es nicht – jedenfalls drehte hier sehr zum Unwillen der Bären der Trend völlig. Am Ende des XETRA-Handels jedenfalls hatte sich der Aktienkurs der Aachener auf 2,519 Euro erholt, das Minus auf 0,36 Prozent reduziert. Am frühen Donnerstagvormittag liegen die Kurse sogar noch eine Idee darüber, womit wieder Hürden zwischen 2,58/2,65 Euro und 2,71/2,75 Euro in den Fokus geraten sind.
Der gestrige Tag hat heftige Spuren hinterlassen – nicht nur im Chart der Paion Aktie, sondern auch im operativen Geschäft des Unternehmens mit seinem Flaggschiffprojekt, dem Narkosemittelkandidaten Remimazolam. Das hat, was bei vielen Berichten immer wieder untergeht, in Japan die komplette klinische Entwicklung im Bereich Vollnarkose hinter sich gebracht. Dass Paions Partner Ono Pharma den Zulassungsantrag dennoch nicht einreicht, liegt nur vordergründig an Auffälligkeiten beim sogenannten Plasmaspiegel bei einer Handvoll Patienten im Rahmen einer klinischen Studie der zweiten Phase in der Indikation „Intensivstation“. Diese Auffälligkeiten sind am Markt seit langem bekannt. Das gilt auch für die anderen Partnern von Paion, die im Zuge ihrer Vertragsabschlüsse zu anderen Beurteilungen gekommen sind als die Japaner. Der eigentliche Grund für den Rückzug ist daher auch woanders zu suchen: Ono Pharma hat nach sehr schwachen Halbjahreszahlen ein Finanzproblem, muss kräftig sparen, bündelt finanzielle Ressorcen und rasiert daher das eine oder andere Projekt – dem ist Remimazolam zum Opfer gefallen. Paion erhält die Lizenz zurück, kommt an alle Forschungsdaten und kann sich einen neuen Partner für den japanischen Markt suchen.
Onos Rückzug: Chance und Rückschlag für Paion zugleich
Die Verzögerungen in Japan durch Onos Rückzug sind natürlich erst einmal ein klarer Rückschlag für die Aachener, daran besteht kein Zweifel. Ein zeitnaher Zulassungsantrag und eine Zulassung von Remimazolam in Japan im kommenden Jahr wären willkommene Nachrichten für Paion gewesen, ein Vertriebsstart hätte Umsatz und Cashflow verbessert, von wahrscheinlichen Meilensteinzahlungen seitens Ono Pharma abgesehen – hierzu gibt es von Paion allerdings keine Einzelheiten. Doch es gibt eine zweite Seite der Medaille bei dieser Nachricht. Die Ono-Partnerschaft hatte Paion noch über die Akquisition von Cenes „geerbt“. Die Japaner sind im Jahr 2007 zu einem extrem frühen Zeitpunkt in das Remimazolam-Projekt eingestiegen. Entsprechend gering wären im Falle eine Zulassung des Narkosemittels Umsatzbeteiligungen und Meilensteinzahlungen an Paion ausgefallen.
Mit der abgeschlossenen klinischen Entwicklung für Remimazolam in der Indikation „Vollnarkose“ ergibt sich für die Aachener bei der nun wohl anstehenden Partnersuche eine ganz andere Verhandlungsposition. Man wird gegenüber einem Partner deutlich höhere Zahlungen bzw. Umsatzbeteiligungen durchsetzen können. Der Grund: Für den Partner entfallen Entwicklungskosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich und eine Menge Risiken, die im Zuge klinischer Testprogramme anfallen. Langfristig könnte sich die gestrige Hiobsbotschaft für die Aachener damit als gar nicht so katastrophal erweisen, wie dies gestern einige Berichte suggerierten. Noch allerdings muss Paion diesen Partner finden. Erste Interessenten für die Japan-Rechte sind vorhanden – es sollen mindestens 3 Konzerne sein, ist aus dem unternehmensnahen Umfeld zu hören. Entsprechendes hat Paion gestern auf einer Telefonkonferenz bestätigt.
Bis zu einem Vertragsabschluss kann allerdings noch einige Zeit ins Land gehen. Die nächsten wichtigen News der Aachener dürften sich daher um die klinischen Tests der dritten Phase in den USA und Europa drehen. In den USA geht es im ersten Quartal los, in Europa wohl einige Wochen danach. Die Starts erfolgen etwas später als erhofft, das dürfte sich auf das Chance-Risikorofil der Paion Aktie aber kaum auswirken. Das Papier startet am Donnerstagvormittag mit 2,60 Euro in den XETRA-Handel.