Commerzbank: EZB-Chef Draghi sorgt für erneuten Renditerückgang
Die Rede von EZB-Chef Mario Draghi in Jackson Hole vergangenen Freitag hat die Renditen erstklassiger Staatsanleihen und der Euro-Peripherie auf neue Rekordtiefs gedrückt. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen fiel kurzzeitig unter 0,90%, die Renditen 1-3 jähriger sind negativ geworden. Draghi signalisierte, dass die Wahrscheinlichkeit für breit angelegte Staatsanleihekäufe der EZB gestiegen ist. Sorge bereiten der EZB die gesunkenen Inflationserwartungen. Die Inflationsrate im Euroraum ist im Juli auf 0,4% J/J gesunken. Die Schnellschätzung dafür wird morgen gemeldet (erwartet: 0,3% J/J); sie könnte im Vorfeld der nächsten EZB-Ratssitzung nächsten Donnerstag die geldpolitischen Spekulationen weiter anheizen.
Zinsen und Anleihen
Die Renditen im Euroraum fallen und fallen, von einem historischen Tiefstand zum nächsten. Die vom Markt fast schon als klares Avis einer quantitativen Lockerung (QE) aufgenommene Rede des EZB-Chefs vom vergangenen Freitag hallt an den Rentenmärkten offensichtlich noch immer nach - und wie es scheint, über den Euroraum hinaus. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass gestern 10-jährige US-Treasuries sich ihrem diesjährigen Renditetief näherten, desgleichen britische Gilts. Vergleichbare japanische Staatsanleihen rentierten gestern unter 0,50%; dies war bislang nur an einem Tag im Umfeld der Ankündigung des QE-Programms der Bank of Japan im April vergangenen Jahres und davor wenige Tage im Juni 2003 der Fall. Am Rande sei bemerkt: keine sechs Wochen später hatte sich ihre Rendite im Sommer 2003 dann „verdoppelt“. Wie dem auch sei: Die Märkte schwelgen in QE-Phantasie, die in dem gehegten Umfang eigentlich nur enttäuscht werden kann. Als gesichert kann freilich gelten, dass die EZB nach Abschluss der Vorarbeiten – in die wie gestern zu vernehmen war, auch der Vermögensverwalter BlackRock eingebunden ist, mit einem ABS-Programm aufwartet. Ob es zu breitangelegten Staatsanleihenkäufen kommt, deren Sinnhaftigkeit auf dem bereits extrem niedrigen Renditeniveau mit Fug und Recht anzuzweifeln ist, steht auf einem anderen Blatt. Für die EZB-Ratssitzung am 4. September hat der EZB-Chef jedenfalls sehr hohe Erwartungen geweckt.
Aktien
Die europäischen Börsen tendierten am gestrigen Handelstag uneinheitlich. Nach den starken Zugewinnen der Vortage fehlten neue Kaufimpulse. Der Stoxx Europe 50-Index legte seit dem Tief am 8. August fast 6% zu. Auch der Dax stieg in ähnlicher Größenordnung. Daher scheint eine Verschnaufpause angebracht. Die Anleger honorierten jüngst vor allem eine gewisse Beruhigung in Bezug auf die vielen geopolitischen Konflikte (Friedensgespräche in der Ukraine, Waffenstillstand im Gazastreifen) sowie die Aussagen von EZB-Präsident Draghi, die auf eine Ausweitung der ohnehin schon sehr expansiven Geldpolitik hindeuten. Schwächere Makrodaten (bspw. der GfK-Konsumklimaindex aus Deutschland) hatten kaum negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte. In diesem Umfeld gab der Dax um 0,2% nach. Neben Bankwerten (Commerzbank: +2,3%) war v.a. die Notierung der Deutschen Lufthansa im Aufwind (+2,2%, Hoffnung auf Abwendung eines Pilotenstreiks). Auf europäischer Sektorebene waren insbesondere Werte aus den Branchen Telekom sowie Reise & Freizeit gefragt, die im Schnitt um 0,7% stiegen. Am Performanceende rangierten Automobilaktien, die durchschnittlich 0,4% einbüßten. Die Börsen in den USA tendierten nahezu unverändert. Der Dow Jones-Index legte um 0,1% zu. Die Aktie von Tiffany zog nach Vorlage solider Quartalszahlen und infolge der Anhebung der Jahresprognose um rd. 1% an. Bei Burger King (-2,1%) kam es den zweiten Tag in Folge zu Gewinnmitnahmen. Auf Sektorebene (S&P 500) waren insbesondere Versorgeraktien gefragt, die im Schnitt um 0,9% stiegen. Die größten Verluste wiesen dagegen Finanzwerte auf (-0,2%). Die Börsen in Asien tendierten uneinheitlich. Während der Nikkei 225 um 0,5% nachgab (der Yen legte ggü. dem USD leicht zu), stieg der indische Sensex zum Mittag um rd. 0,2% an.