Commerzbank: Ifo-Geschäftsklima sinkt weiter – Unsicherheit aufgrund geopolitischer Krisen
Der Ifo-Geschäftsklima-Index ist im August zum vierten Mal in Folge zurückgegangen. Er sank stärker als erwartet von 108,0 auf 106,3 Punke und lag damit unter den Konsenserwartungen von 107 Punkten. Die befragten Unternehmen bewerteten nicht nur die aktuelle Lage (-0,9) sondern auch die Erwartungen (-1,7) negativer als noch im Vormonat. Sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Groß- und Einzelhandel sank die Stimmung, während einzig der Bausektor eine leichte Stimmungsverbesserung zeigte. Grund hierfür sind die geopolitischen Krisenherde in Nahost, Irak und der Ukraine. Besonders der Konflikt in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen für Russland lassen die Erwartungen der deutschen Unternehmen sinken. Gleichzeitig drückt das schwache Wachstum der europäischen Nachbarn auf die Stimmung, was die deutschen Exporteure weiter verunsichert. Trotz des schwächeren Geschäftsklimas halten wir an unserer mit Abwärtsrisiken verbundenen 2014er Wachstumsprognose von 1,7% für Deutschland fest. Die Ifo-Daten dürften sich auch auf die Politik der EZB auswirken. Die optimistische Wachstumsprognose der EZB von 1,7% für den Euroraum in 2015 steht unter Druck, unsere mit Abwärtsrisiken versehene Prognose liegt bei nur 1,2%. Nachdem EZB-Präsident Mario Draghi am Freitag in seiner Rede beim Treffen der Notenbankchefs deutlich machte, dass er die Inflation mit allen Mitteln erhöhen will, steigt die Wahrscheinlichkeit für Staatsanleihekäufe seitens der EZB. Jedoch wird zunächst die Wirkung der TLTRO-Tender abgewartet. Unter diesem Einfluss gingen die Renditen von Staatsanleihen aus Deutschland und den Peripherieländern weiter zurück. Der Dax hingegen zeigte sich wenig beeindruckt von den schlechten Geschäftsklima-Daten und legte leicht zu.
Zinsen und Anleihen
Nach dem Notenbanktreffen in Jackson Hole, Wyoming, setzten die Staatsanleihen gestern zum Wochenauftakt zu einer erneuten Rally an. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sank auf unter 0,93%, ein neues Rekordtief. EZB-Chef Mario Draghi heizte mit einer Rede auf dem Notenbanksymposium am Freitag geldpolitische Lockerungsfantasie an. So merkte Draghi an, dass die Erwartungen zur Preisentwicklung im Euroraum erhebliche Rückgänge aufwiesen. Der EZB-Rat werde diese Entwicklung zur Kenntnis nehmen und innerhalb seines Mandats alle zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um die Preisstabilität mittelfristig zu gewährleisten. Diese Sätze sagte Draghi abweichend von seinem Redeskript. Deshalb sieht der Markt jetzt eine höhere Wahrschein-lichkeit für quantitative Lockerungsmaßnahmen wie Staatsanleihekäufe der EZB. Seit Juni wurden solche Maßnahmen immer wieder als Option genannt. Dazu passte der gestern gemeldete Ifo-Geschäftsklimaindex, der im August von 108,0 auf 106,3 Punkte stärker zurückging als erwartet (siehe dazu auch „Im Blickpunkt“). Noch stärker als bei Bundesanleihen gingen gestern die Renditen der Euro-Peripherie zurück. Aufgrund der erneuten geldpolitischen Lockerungsfantasie der EZB waren Staatsanleihen der Peripherie gefragt, die von Staatsanleihekäufen der EZB am meisten profitieren dürften. Ihre Renditen erreichten fast alle neue Rekordtiefs; die Rendite 10-jähriger italienischer und spanischer Titel gingen um 12 bzw. 13 Bp. zurück, die portugiesischer sogar um 20 Bp. Die Aussagen Draghis belasteten auch den Euro; er setzte seinen Abwärtstrend ggü. dem USD fort und tendierte gestern um 1,32 pro USD.
Aktien
Zum Wochenauftakt konnten die europäischen Aktienbörsen die geopolitischen Sorgen abschütteln, die am Freitag noch stark belastet hatten. Auslöser für diesen kurzfristigen Stimmungsumschwung war die Rede des EZB-Präsidenten Mario Draghi anlässlich des Notenbank-Symposiums in Jackson Hole, in der er im Kampf gegen die niedrige Inflation angekündigt hatte, dass er „alle“ verfügbaren Instrumente nutzen werde. Angesichts der Aussichten auf eine noch lockere Geldpolitik konnten weder der schwächere Ifo-Geschäftsklima-Index noch der Rücktritt der französischen Regierung das Handelsgeschehen stärker beeindrucken. Im deutschen Leitindex Dax 30 legten alle Werte meist deutlicher zu. Am Ende der Kursliste rangierten indes die Aktien der Deutschen Lufthansa (+0,2%), nachdem die Pilotengewerkschaft Cockpit am Wochenende einen Ausstand angekündigt hatte. Auch im EUROSTOXX 50 gab es nur Gewinner, allen voran die italienische Enel (+3,7%). Im insgesamt positiven Branchenumfeld stachen Energiewerte und Banken (jeweils +2,3%) noch her-vor. Insgesamt war das Handelsgeschehen vergleichsweise ruhig, da britische Investoren wegen eines Feiertags ausfielen. Auch an der Wall Street konnten die Kurse zulegen, allerdings hielt sich hier die Eurphorie in Grenzen. Im Tagesverlauf konnte der S&P 500 erstmalig die Marke von 2000 Punkten überschreiten. Im Fokus standen die Aktien von Burger King (+19,5%), nachdem die Fastfood-Kette bekannt-gegeben hatte, dass sie die kanadische Kaffee- und Donut-Kette Tim Hortons übernehmen und aus steuerlichen Grün-den den Hauptsitz nach Kanada verlegen werde. Die wichtigsten asiatischen Märkte tendieren heute Morgen etwas leichter. Auch die europäischen Börsen sollten nach dem gestrigen Aufschwung etwas leichter eröffnen. Im Fokus steht das Treffen von Putin und Poroschenko in Minsk.