Air Berlin: Ganz viele Fragezeichen beim Sanierungskurs
Es gibt am Donnerstagvormittag nicht allzu viele Aktien im Prime Standard der Frankfurter Börse, die deutliche Gewinne erzielen können. Eines der Papiere ist die Aktie von Air Berlin, die gegen 10:43 Uhr bei 1,385 Euro mit 6,62 Prozent im Plus liegt – das bisherige Tageshoch ist bei 1,45 Euro sogar noch ein deutliches Stück darüber verzeichnet. Die Anleger reagieren mit den Käufen auf die gestern Abend vorgelegten Halbjahreszahlen von Air Berlin.
Dass die Berliner die Gewinnzone erreicht und ihre finanziell höchst prekäre Lage verbessert haben, ist ein Faktor, der heute den Aktienkurs von Air Berlin treibt. Finanziell hat man sich stabilisiert, was insbesondere für die Liquidität gilt, allerdings liegt das Eigenkapital mit 270 Millionen Euro weiter tief im negativen Bereich. Der andere Faktor sind die nochmals deutlich ausfallenden Kostensenkungen, die der Luftfahrtkonzern angekündigt hat. Massive Einschnitte stehen bei den Berlinern an. Die Flotte soll um zehn Flugzeuge verkleinert werden, die Kapazitäten um zehn Prozent sinken. Zudem will man sich unter anderem vor allem auf die Regionen Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie Palma de Mallorca und deren jeweilige Reisemärkte konzentrieren.
Kommt Air Berlin aus dem Vertrag mit TUIfly raus?
Mit den Maßnahmen will Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer das Unternehmen binnen drei Jahren wieder in die schwarzen Zahlen führen. Ob dies gelingt und die Restrukturierung ausreichend ist, bleibt abzuwarten und dürfte mit einigen Fragezeichen versehen sein. Börsianer kritisieren schon länger, dass die Hauptstädter auf zu vielen Hochzeiten zugleich tanzen und die Aktivitäten stärker konzentrieren sollen. Die Ankündigungen von Air Berlin gehen nun in diese Richtung, die angekündigten Schritte bei der Konzentration der Aktivitäten wirken vor dem Hintergrund der Kritik von Seiten der Börse aber nicht gerade konsequent.
Der Konkurrenz ist zudem die wachsende Nähe der Berliner zu Etihad schon lange ein Dorn im Auge. Man wittert bestimmende Einflüsse der Airline aus Abu Dhabi bei der zweitgrößten deutschen Airline – das birgt Schwierigkeiten mit dem EU-Recht für Air Berlin und hat schon zu Protesten in Brüssel geführt. Noch ist ein Veto aus Brüssel ausgeblieben, doch allzu viel Raum zum manövrieren dürften die beiden Konzerne nicht mehr haben. Dennoch sucht Air Berlin noch stärker die Nähe von Etihad: Man will die Zusammenarbeit mit dem Großaktionär, der das Überleben des Konzerns mit hohen Millionensummen gesichert hat, ausbauen und mit deren neuer Tochter Alitalia eine umfangreiche Kooperation eingehen.
Eine wesentliche Rolle bei den geplanten Kostensenkungen und dem Kapazitätsabbau dürfte zudem der Vertrag mit TUIfly spielen, der Air Berlin enorm hohe Kosten aufbürdet und noch mehrere Jahre läuft. Der Kontrakt ist eine „Altlast“ aus der Zeit der schnellen Expansion und hängt wie ein Klotz am Bein des Konzerns. Es ist kein Geheimnis, dass die Berliner gerne aus dem Vertrag aussteigen würden – entsprechende Schritte werden geprüft, der Ausgang ist offen. Ein Ausstieg könnte Air Berlin nochmals zunächst viel Geld kosten, bevor die Einsparungen greifen.