Commerzbank: Türkische Börse reagiert verhalten auf Erdogans Wahl zum neuen Präsidenten
Wie erwartet wurde Ex-Premier Erdogan zum neuen Präsidenten und somit zum 12. Staatsoberhaupt der Türkei gewählt. Zum ersten Mal durfte das Volk den Präsidenten direkt wählen. Erdogan, der jetzt auch den Vorsitz der islamisch-konservativen AKP abgeben muss, kündigte eine „neue Ära“ an. Er dürfte seine Macht weiter ausbauen und selber die Geschicke der Türkei lenken. Einige Entscheidungen des Präsidenten sind künftig nicht anfechtbar. Nach fünf Jahren kann er wiedergewählt werden. Somit stehen die Chancen gut, dass er 2023 noch herrschen wird. Dann feiert die Republik ihr 100-jähriges Bestehen. Die Popularität Erdogans resultiert trotz zahlreicher Skandale und vielfältiger Proteste der Bevölkerung v.a. auf den großen wirtschaftlichen Erfolgen des Landes seit Anfang der 2000er-Jahre. Die türkische Börse reagierte am Tag der Wahl zunächst mit Kursgewinnen, schloss dann aber doch mit mehr als 2% im Minus. Hierin zeigt sich vor allem die Skepsis einer Reihe von Investoren, die eine zu starke Dominanz Erdogans befürchten. Vor allem der starke politische Druck auf die Zentralbank bereitet Sorgen. Erdogan plädierte mehrmals lautstark für weitere Zinssenkungen, um die Konjunktur stärker zu befeuern. Die unverändert hohe Inflation rechtfertigt dies aber nicht. Auch die Rating-Agentur Fitch betonte nach der Wahl, dass die politischen Risiken unverändert groß seien. Wir hatten unser Ländervotum für die türkische Börse am 19. März 2014 von Untergewichten auf Neutral angehoben; seither hat der Leitindex (National 100) rd. 20% zugelegt. Nachdem die türkische Notenbank den Leitzins Ende Januar 2014 kräftig angehoben hatte, stabilisierte sich auch die Lira. In den vergangenen Wochen kam sie aber wieder verstärkt unter Druck und hat seit Jahresbeginn ggü. dem US-Dollar rd. 1% an Wert verloren. Wir erwarten, dass der Druck auf die Währung in den kommenden Wochen tendenziell anhalten wird. Hauptgründe hierfür sind die hohe Inflation und das relativ hohe Leistungsbilanzdefizit. Wir bestätigen zunächst unser neutrales Votum für den Aktienmarkt in der Türkei.
Zinsen und Anleihen
An den Rentenmärkten fehlte es gestern an neuen Anregungen und so wirkten die Daten des Vortages noch nach. In den USA stieg die Rendite 10-jähriger Treasuries auf 2,41%, der US-Dollar legte gegenüber dem Euro auf ein neues Jahreshoch zu. Die Renditen 10.j Bundesanleihen gaben indes wieder auf weniger als 1% nach. Der Markt rechnet offensichtlich mit einer weiteren Trübung der Konjunkturperspektiven im Euroraum; doch ist keineswegs ausgemacht, dass der heute anstehende PMI-Index im August weiter gefallen ist, vielmehr könnte ihn die günstigere globale Tendenz gestützt haben. Die verzweifelte Suche der Anleger nach Rendite lässt auch die Renditen in den Peripherieländern Italien, Spanien und Portugal immer weiter zusammenschmelzen; sie sanken auf neue Rekordtiefs. Das britische Pfund setzte gestern zu einer Erholung an als bekannt wurde, dass bei der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Rates der Bank of England (BoE) zwei der 9 Ratsmitglieder für eine Anhebung des Leitzinses um 25 Basispunkte votiert hatten. Trotz zuletzt widersprüchlicher Aussagen seitens der BoE erwarten wir weiterhin noch in diesem Jahr die Leitzinswende. Ähnlich der US-Dollar; er reagierte nach Bekanntgabe des jüngsten FOMC-Protokolls mit weiteren Avancen gegenüber dem Euro. Die Meinung einer steigenden Zahl von FOMC-Mitgliedern war die einfache Erkenntnis: Die Leitzinsen könnten früher steigen, sollten sich die Daten weiterhin so günstig wie zuletzt entwickeln. Heute im Fokus: Die PMI-Indizes im Euroraum.
Aktien
Die europäischen Börsen legten nach den Gewinnen der Vortage gestern eine Verschnaufpause ein. Die Leitindizes büßten um bis zu 0,7% (Österreich) ein. In einem recht nachrichtenarmen Umfeld fehlten entscheidende Impulse, um die jüngste Erholung fortzusetzen. Im Fokus standen vielmehr wieder Diskussionen darüber, wann die US-Notenbank mit ihren Zinserhöhungen beginnen wird. Die guten US-Makrodaten nährten die Sorgen über eine möglicherweise schnellere Zinswende in den USA. In diesem Umfeld verlor der Dax rd. 0,2%. Nach Spekulationen über einen möglichen Zukauf in den USA büßte die Aktie von Infineon rd. 1,4% ein. Zusammen mit Henkel war sie damit Tagesverlierer. Die Notierung von E.ON (+0,7%) profitierte ebenso wie Siemens (+0,2%) von einer Votenheraufstufung. Auf europäischer Sektorebene waren v.a. die Branchen Rohstoffe (+0,8%) sowie Versorger (+0,6%) gefragt. Am wenigsten gesucht waren gestern die Sektoren Immobilien und Haushaltsgüter. Die Börsen in den USA tendierten trotz der Zinsdiskussionen und gemischter Unternehmensdaten den dritten Tag in Folge freundlicher. Der Dow Jones-Index stieg um 0,4%. Die Apple-Aktie erzielte im Tagesverlauf ein neues Allzeithoch. Der Kurs des Autoverleihers Hertz sackte nach Bekanntgabe einer Gewinnwarnung um 3,9% ab. Auf Sektorebene (S&P 500) waren vor allem Industrieaktien gefragt. Als Tagessieger stiegen die Titel durchschnittlich um fast 1%. Nahezu unverändert notierten dagegen die Sektoren Pharma, Informationstechnologie sowie Verbrauchsgüter. Die Börsen in Asien tendierten uneinheitlich. Unterstützt von einem schwächeren Yen legte der Nikkei 225 um rd. 0,9% zu. Schwächere Makrodaten in China (Einkaufsmanagerindex HSBC) belasteten dagegen die Börsen im Reich der Mitte (Schanghai A-Index: -0,8%). Auch der KOSPI erlitt deutlichere Verluste (-1,4%).