Evotec: Gerüchteküche stillgelegt und Beginn der DiaPep-Spekulationen
Reichlich Gerüchte hatte es jüngst um die Evotec-Aktie gegeben. Während die angebliche Übernahmeofferte von Astra Zeneca, die durch die britische Presse geisterte, ins Reich der Fabeln verwiesen wurde und sich auch im Internet gestreute Gerüchte um eine angeblich bevorstehende Kapitalerhöhung als Medienente entpuppt haben, verpuffen heute auch die Ängste des Marktes vor einer Gewinnwarnung des Biotechunternehmens. Die Evotec-Aktie kann stattdessen nach den heute vom Konzern vorgelegten Halbjahreszahlen zwischenzeitlich deutliche Gewinne verzeichnen. Bis auf 3,78 Euro geht es am Morgen nach oben, bevor die hier befindliche massive charttechnische Widerstandszone für die Evotec-Aktie das Stoppschild hochhält. Anschließend werden Gewinne der vergangenen Tage mitgenommen. Gegen Nachmittag liegt der Evotec-Aktienkurs mehr als 2,6 Prozent im Plus gegenüber dem gestrigen XETRA-Schlusskurs.
Die Halbjahreszahlen von Evotec sind längst nicht so schlecht ausgefallen, wie es von einigen befürchtet wurde. Das erste Halbjahr hat die Gesellschaft mit einem Umsatz von 40,09 Millionen Euro nach zuvor 36,69 Millionen Euro abgeschlossen. Wechselkurseffekte haben einige Prozentpunkte Wachstum gekostet und so zu Belastungen für die Gesellschaft geführt. Der Halbjahresverlust reduziert sich leicht von 4,58 Millionen Euro auf 4,43 Millionen Euro. Auf bereinigter Basis hat das TecDAX-notierte Unternehmen den Überschuss minimal von 0,5 Millionen Euro auf 0,6 Millionen Euro erhöhen können. Die Liquidität liegt bei 85,6 Millionen Euro und soll bis Jahresende auf mehr als 90 Millionen Euro ansteigen.
Nicht nur die Liquiditätsprognose wird von Evotec bestätigt, auch die weiteren finanziellen Ziele. Der Umsatz aus Meilensteinen, Abschlagszahlungen und Lizenzen soll „im hohen einstelligen Prozentbereich“ klettern, bei den Ausgaben für Forschungen und Entwicklungen sieht das Budget einen Wert bis zu 14 Millionen Euro vor. Auf bereinigter EBITDA-Basis will man Geld verdienen, der bereinigte operative Gewinn soll ähnlich stark ausfallen wie im vergangenen Jahr. Die Gesellschaft sei auf einem guten Weg, diese Prognose zu schaffen, kommentieren die Analysten von Close Brothers Seydler die Entwicklung bei Evotec. Die Halbjahreszahlen seien stark ausgefallen. Als Folge daraus erhöhen die Experten ihr Kursziel für die Evotec-Aktie von 4,50 Euro auf 4,70 Euro, die Kaufempfehlung wird beibehalten. Zwei weitere Kaufempfehlungen für die Biotechaktie mit Kurszielen von 4,00 Euro und 5,00 Euro kommen von der DZ Bank und der Commerzbank – mehr dazu im Tagesverlauf in der Rubrik „Analysten auf www.4investors.de.
Fokus verschiebt sich auf News zu Evotecs Medikamentenpipeline
Alles in allem haben die Evotec-Halbjahreszahlen also keine negativen Überraschungen produziert, wie von einigen am Markt befürchtet wurde. Stattdessen sind die Zahlen sogar etwas besser als von Experten erwartet ausgefallen. Das sorgt, zusammen mit der aufgehellten charttechnischen Lage, heute für die Gewinne.
Allerdings dürfte der Halbjahresbericht vom Markt auch schnell abgehakt werden und der Fokus sich auf die weiteren Nachrichten zu Kooperationen und den klinischen Forschungen verlagern. Das gilt allen voran für Evotec-News aus der abschließenden dritten Phase zum Diabeteswirkstoff DiaPep277. Mit diesem soll per Immuntherapie Diabetes des Typ 1 behandelt werden – dieser Typ stellt rund ein Zehntel der Diabetes-Erkrankungen. Die Ergebnisse für diese Studie werden spätestens im ersten Quartal des kommenden Jahres erwartet und für das Unternehmen wie auch die Evotec-Aktie ein enorm wichtiger Meilenstein. Ebenfalls 2015, wahrscheinlich Anfang des Jahres, sollen Ergebnisse für eine klinische Studie der Phase IIb mit dem Alzheimer-Wirkstoff EVT302 kommen, den man zusammen mit Roche entwickelt. Zudem ist mit diversen Starts klinischer Studien aus Partnerprogrammen zu rechnen, unter anderem beim Wirkstoff EVT201 gegen Schlafstörungen im Rahmen der Zusammenarbeit mit Zhejiang JingXin Pharmaceutical.
Der Fokus wird sich in den kommenden Wochen und Monaten also verschieben, zugleich dürfte die Evotec-Aktie damit volatil bleiben. Schon oft hat die TecDAX-notierte Biotechaktie gezeigt, dass sie sehr sensibel auf neue Nachrichten reagiert. Studienerfolge belohnt die Börse bei Biotechwerten oftmals mit hohen Kursgewinnen, Fehlschläge mit deutlichen Abschlägen – auch wenn die Projektpipeline diversifiziert ist. Damit wird in den kommenden Monaten viel von den DiaPep-News abhängen. Gelingt die Studie, hat Evotec ein Medikament in einem enorm breiten Marktsegement der Pharmabranche nur noch einen Schritt vor dem Markteintritt – die letzte Hürde wäre dann die Zulassung durch die Behörden. Dass Evotec-Chef Werner Lanthaler selbst ein Scheitern der Studie im Gespräch mit dem „Deutsches Anleger Fernsehen“ angesichts einer umfangreichen Pipeline als „kein unendlich großer Rückschlag“ einstuft, mag daher stimmen – die Aktionäre dürften auf schlechte DiaPep-News dennoch wohl gerne verzichten.