Weberbank - Aktien: Sommerloch? Renten: Neue Rekordhochs?
Gilt die alte Börsenregel “Sell in May and go away” doch? Immerhin hat der deutsche Aktienindex DAX Ende Mai und auch in den Juni hinein noch mit neuen Höchstständen gerungen. Seitdem jedoch verliert er Schritt für Schritt an Boden. Für jede vermeintliche Börsenweisheit kann auch eine Begründung herbeigezaubert werden. In diesem Fall werden häufig die in den Sommermonaten geringeren Umsätze angeführt. Sinkt die Handelsaktivität, reichen auch kleinere Transaktionen aus, um den Märkten einen Impuls in die eine oder andere Richtung zu geben. Auch in diesem Jahr sind seit Juni weniger Umsätze festzustellen. Dies allein reicht jedoch nicht aus, die Stimmung muss sich ebenso bewegen. Und in der Tat hat sich ein wenig Skepsis ausgebreitet. Neben der politischen und nun auch menschlichen Brisanz der Krisen in Osteuropa und Nahost sorgten schwache Wirtschaftsimpulse für Unsicherheit. Ein Beispiel: Einer der wohl am intensivsten beobachteten Indikatoren für die Konjunkturentwicklung in Deutschland ist der ifo Index. Auch hier gilt eine grobe Daumenregel: Fällt der ifo drei Mal in Folge, so deutet dieser eine Richtungsänderung an. Im Mai ist er gesunken und im Juni ebenso. Ein weiterer Rückgang im Juli würde daher auf eine Abschwächung der zuletzt erfreulichen Entwicklung in Deutschland deuten und damit auch für die Dynamik der gesamten Währungsunion. Aber eine Abschwächung ist eben nicht gleichzusetzen mit einem Rückfall in eine Rezession. Im Gegenteil: Eine Korrektur war unseres Erachtens sogar längst überfällig. Die Vorschusslorbeeren für den Wirtschaftsaufschwung waren einfach schon zu hoch. Wichtig ist, dass sich die Normalisierung nicht in eine ausgeprägte negative Erwartungshaltung wandelt und die Unternehmen anfangen, Investitionen zurückzustellen. Stand heute sehen wir dies nicht und erwarten bereits bei den kommenden Daten wieder Verbesserungen. Übersetzt in unsere Aktienmarktmeinung bedeutet dies, grundsätzlich investiert zu bleiben. Die aktuelle Korrektur sollte jedoch genau beobachtet werden, so dass im Fall der Fälle kurzfristig Liquidität geschaffen werden kann.
Auch auf die Gefahr hin, dass der geneigte Leser uns für verrückt erklärt, aber am Rentenmarkt würden wir derzeit noch investiert bleiben. In unseren vorhergehenden Publikationen haben wir recht ausführlich über die Gründe für die niedrigen Renditen gesprochen. Nur zur Erinnerung: Die Hauptargumente waren und sind die rückläufigen Inflationserwartungen und eine noch lockere Geldpolitik der EZB mit möglicherweise weiteren Anleihekäufen. Die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit unterstützt nun auch noch zusätzlich. Langlaufende öffentliche Anleihen sind auf dem Weg, neue Rekorde zu erklimmen. Wer hätte das gedacht? Auch wenn wir von einem freundlichen Umfeld für festverzinsliche Papiere ausgegangen waren, sind die aktuellen Bewegungen selbst in unseren optimistischsten Szenarien nicht erwartet worden. Selbst die sichersten Anleihen weisen seit Jahresanfang einen durchschnittlichen Gesamtertrag von über 4 Prozent aus. Aber ist dies auch für das zweite Halbjahr so fortzuschreiben? Unseres Erachtens nicht. Zumindest unter der Bedingung, dass Europa nicht wieder in eine Rezession zurückfällt. Und das erwarten wir nicht. Warum empfehlen wir dennoch derzeit investiert zu bleiben? Erstens ist es nicht klar auszumachen, wie lange die Unsicherheit, insbesondere die politische, noch anhält. Zweitens wird die europäische Zentralbank an ihrer lockeren Geldpolitik noch lange festhalten. Und Drittens, und das ist für uns das schwerwiegendste Argument, können wir derzeit keinerlei Inflationsdruck feststellen. Daher sollten Anleihen mit kurzer Restlaufzeit auf dem niedrigen Niveau verharren. Mit zunehmender Fristigkeit dürfte die Schwankungsbreite der Preisbewegungen zunehmen, aber eben nicht signifikant negativ werden. Die Empfehlung bleibt, den Fokus auf mittlere Laufzeiten zwischen 4 und 7 Jahren zu legen.
Von einem Segment sind wir jedoch ein wenig enttäuscht: Allem Unbehagen zum Trotz konnte der Goldpreis nicht durchstarten und seine Seitwärtsbewegung verlassen. Gilt doch das Gold als eigentliche Krisenwährung, so dass spätestens mit dem noch ungeklärten Flugzeugunglück über der Ostukraine der Preis hätte steigen sollen. Was hemmt den Goldpreis? Eine eindeutige Erklärung gibt es hierfür nicht. Jedoch sind zwei Bremsklötze auszumachen: die Erwartung an steigende Zinsen in den USA und die niedrigen Inflationserwartungen. Beide dürften auf kurzfristige Sicht die Perspektiven noch dämpfen. Ein Verfall des Goldpreises sollte jedoch nicht drohen, so dass es als strategische Schutzposition gegen einen sprunghaften Inflationsanstieg in den kommenden Jahren haltenswert ist.