Beate Uhse: „e-Commerce ist unser Wachstumstreiber“
Bis zu 30 Millionen Euro will Beate Uhse mit einer Anleihe ins Unternehmen holen. Verzinst wird das Papier jährlich mit 7,75 Prozent, die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Zeichnungsstart ist am 30. Juni. Serge van der Hooft, Vorstandschef bei Beate Uhse, erklärt im Gespräch mit der Redaktion von www.4investors.de, wie das Geld eingesetzt werden soll. Er macht deutlich, wo er künftiges Wachstumspotenzial sieht und wie die internationale Expansion verlaufen soll. Ausführlich erläutert er den neuen Stil der Gesellschaft, mit alten Gepflogenheiten hat dies wenig zu tun. Auch auf die aktuellen Zahlen sowie auf die Chancen im arabischen Markt geht van der Hooft in dem Interview ausführlich ein.
www.4investors.de: Aus der Zeit nach dem IPO gibt es weiterhin juristische Untersuchungen, die sich gegen damals Verantwortliche richten. Kann dies auch noch auf die Beate Uhse AG zurückschlagen? Könnte es z.B. Schadenersatzforderungen geben? Oder ist dieses Kapitel völlig abgeschlossen?
van der Hooft: Es bestehen keinerlei Risiken für unser Unternehmen! Leider wird die Bekanntheit der Marke Beate Uhse gerne genutzt, um beim Publikum Interesse für den Prozess um die Privatpersonen Orthmann, Eilts und Rotermund zu wecken. Mit sinnentstellenden Formulierungen wird versucht, einen Zusammenhang zwischen der Geschäftstätigkeit der Beate Uhse Gruppe und den angeklagten Handlungen der genannten Herren zu suggerieren. Tatsächlich sind die Tätigkeiten dieser Herren vollkommen losgelöst von den Geschäften der Beate Uhse-Gruppe und sie nehmen keinen Einfluss auf das operative Geschäft. Die Beate Uhse AG kann nicht für die Handlungen ihrer Aktionäre einstehen und wir distanzieren uns daher ausdrücklich von diesen Aktivitäten. Wir haben keine Informationen, die von Ihrem Kenntnisstand abweichen, erfahren Neuigkeiten bezüglich dieser Angelegenheit selbst nur aus der Presse und haben keinen Kontakt zu den involvierten Personen.
www.4investors.de: Liegt die Zukunft von Beate Uhse im Online-Handel oder wird der Einzelhandel eine ebenso wichtige Komponente bleiben?
van der Hooft: Der e-Commerce ist unser Wachstumstreiber und wir konnten den Anteil des Onlinegeschäfts am gesamten Versandhandelsumsatz zwischen 2010 und 2013 von 49 Prozent auf rund 84 Prozent steigern. Der physische Einzelhandel ist natürlich das klare Aushängeschild der Marke und ermöglicht uns, dass Beate Uhse Teil eines normalen Shoppingbummels wird. Durch die zunehmende Präsenz unserer Läden in den Fußgängerzonen wird die Marke mit ihrem neuen Auftritt visibler und wir profitieren von Impulskäufen durch Laufkundschaft. Durch unsere Omni-Channel-Strategie bieten wir unseren Kunden zudem über alle drei Vertriebswege – Einzelhandel, Katalog und e-Commerce – ein einheitliches Einkaufserlebnis. Und es gibt mehr und mehr Kunden, die über mehr als einen Vertriebskanal einkaufen.
Zahl der Geschäfte kann sich reduzieren
www.4investors.de: Gibt es Expansionspläne für ihre Geschäfte? Oder wird sich deren Zahl eher verringern?
van der Hooft: In Deutschland haben wir 2013 damit begonnen, unsere Läden in neuem Look in die attraktiven Shopping-Gegenden zu verlagern. Wir befinden uns hier momentan noch mitten im Umbauprozess. Nach und nach werden im Zuge der Expansion weitere Läden umgebaut sowie neu eröffnet und in unpassenden Lagen auch geschlossen. Beispiele finden sich in Deutschland etwa in Hannover oder Köln. Bis Ende des Jahres wollen wir an den wichtigsten Standorten mit unseren Läden im neuen Design auftreten. Grundsätzlich wird sich die Zahl der Stores eher reduzieren und damit auch die Präsenz in den Bahnhofsgegenden, wie dies früher der Fall war. Unser Kerngeschäft ist ganz klar das e-Commerce-Geschäft. Auf dem französischen Markt wollen wir in Zukunft mit Neueröffnungen durchaus auch im Retail-Bereich weiter wachsen.
www.4investors.de: Ihre Webseite ist sehr weiblich ausgerichtet. Verprellen sie damit nicht zugleich die zahlungskräftige männliche Kundschaft?
van der Hooft: Unsere neuen Zielgruppen sind Frauen und Paare. Studien zeigen, dass vor allem online in den kommenden Jahren die Kaufkraft weiter ansteigen wird und Frauen ein erhebliches Marktpotential aufweisen. Über 70 Prozent unserer Kunden ist bereits weiblich, früher war dies umgekehrt. Um auch und vor allem für unsere weibliche Kundschaft ansprechend zu sein, haben wir im Zuge unserer Neuausrichtung unser Corporate Design angepasst: Einsehbare, freundlich gestaltete Boutiquen, ein neues Logo und eine komplett überarbeitete Website. Dort ist auch das vorrangig auf Männer zielende Entertainmentangebot angesiedelt und wird mittlerweile unter der Marke „Pleasure.XXX“ geführt.
www.4investors.de: Ihr Unternehmen ist nicht nur in Deutschland aktiv, sondern auch in den Benelux-Ländern, Frankreich usw. Gibt es dort Unterschiede in der Kundschaft, im Sortiment? Gibt es dabei besonders gewinnbringende Regionen?
van der Hooft: Rund zwei Drittel unserer Umsatzerlöse erwirtschaften wir in Deutschland und den Niederlanden. Für die einzelnen Märkte nutzen wir länderspezifische Marken und führen neben „Beate Uhse“, die vorrangig in Deutschland etabliert ist, weitere Marken wie „Pabo“ in u.a. Belgien, „Adame et Eve“ in Frankreich und „Christine le Duc“ in den Niederlanden. Alle länderspezifischen Marken fokussieren die gleiche Zielgruppe, Frauen und Paare. Mit dem e-Commerce können wir darüber hinaus europaweite Umsätze generieren und von steigenden Margen profitieren.
www.4investors.de: Ist China für Beate Uhse ein Markt der Zukunft?
van der Hooft: Anfang des Jahres sind wir nach einer ausgiebigen Restrukturierung und Stabilisierung des Geschäfts in die Wachstumsphase eingetreten. Bei der weiteren Expansion liegt unser Fokus vorrangig auf einem moderaten und profitablen Wachstum in den bereits bestehenden Märkten. So wollen wir in den für uns wichtigsten europäischen Absatzmärkten weiter wachsen. Zudem stellt Osteuropa, wie z.B. Polen, eine weitere interessante Region für uns dar. Darauf konzentrieren wir uns vorerst und streben aus diesem Grund mittelfristig keine Expansion in den chinesischen Markt an.
Margen sollen weiter zulegen
www.4investors.de: Im ersten Quartal hat es ein klares Umsatzplus gegeben. Wird sich dieser Trend fortsetzen? Wie sieht es bei den Margen aus?
van der Hooft: Die Q1-Zahlen 2014 bestätigen den Einstieg in die Expansionsphase. Wir streben ein moderates und profitables Wachstum an und planen mit einem Jahresumsatz in 2014 von 145 Millionen Euro bis 150 Millionen Euro und einem EBIT von 5,0 Millionen Euro bis 7,0 Millionen Euro. Zur Orientierung: 2013 konnten wir Umsatzerlöse in Höhe von 142 Millionen Euro und ein EBIT von 3,4 Millionen Euro erzielen. Unsere EBITDA-Marge haben wir in 2013 auf 7,0 Prozent verbessert. Auch die Bruttomarge haben wir durch Kostenoptimierung bei Wareneinsatz, Personal und Dienstleistungen sowie niedrigeren Abschreibungen um 4,3 Prozentpunkte auf nun 52,5 Prozent substanziell erhöht. Und gleichzeitig sehen wir gute Chancen, diese weiter zu steigern.
www.4investors.de: Seit kurzem sind sie auf dem Markt der Scharia-konformen Produkte unterwegs. Ist das ein Widerspruch in sich? Welches Potenzial bietet dieser Markt?
van der Hooft: Dieser Markt ist größtenteils noch unerschlossen und bietet ein großes Potential. Der Vertrieb Scharia-konformer Produkte stellt keinen Widerspruch dar. Das Angebot ist auf den arabischen Zielmarkt angepasst und umfasst unter anderem Produkte wie Öle, Cremes und andere Wellnessartikel, die Scharia-konform beispielsweise ohne Gelatine hergestellt werden.
www.4investors.de: Gibt es im Jahresverlauf weitere Kooperationen oder Joint Ventures mit interessanten Partnern? Wo kann sich Beate Uhse aus ihrer Sicht strategisch verstärken?
van der Hooft: Grundsätzlich sind wir immer offen für und interessiert an neuen attraktiven Kooperationen. Momentan verfolgen wir jedoch keine konkreten Pläne, weitere Joint Ventures einzugehen. Unser Hauptaugenmerk liegt klar darauf, unser Kerngeschäft weiter voranzubringen.
www.4investors.de: Mit dem frischen Geld aus der Anleihe wollen sie in das Brand-Marketing investieren. Können sie das konkretisieren?
van der Hooft: Nach dem Relaunch der Marke geht es jetzt darum, das Bewusstsein für das neue Image von Beate Uhse zu stärken. Die für das Brand-Marketing erlösten Mittel wollen wir beispielsweise in den Umbau der Läden oder in neue Werbekampagnen investieren. Wir haben mit unserer TV-Kampagne vor einigen Monaten sehr gute Erfolge erzielen können – so haben sich TV-Spots eindeutig in gesteigerten e-Commerce-Umsätzen niedergeschlagen.
www.4investors.de: Wie viel Geld wird für die Rückzahlung von Verbindlichkeiten benötigt?
van der Hooft: Wir beabsichtigen rund die Hälfte des Emissionserlöses für die Rückführung von Verbindlichkeiten zu verwenden und damit die Kapitalstruktur zu optimieren, indem wir dann eine langfristig stabile Finanzierungsstruktur haben. Gleichzeitig haben wir derzeit eine Eigenkapitalquote von ca. 30 Prozent und fühlen uns damit sehr gut aufgestellt, um künftig wieder profitabel wachsen zu können. Aber auch in Krisenzeiten haben wir immer positive operative Cashflows erzielt. Das war die Voraussetzung, um seit 2006 Verbindlichkeiten in Höhe von 77 Millionen Euro zu tilgen. Ich denke, das ist auch ein wichtiges Argument für unsere künftigen Anleihegläubiger.
www.4investors.de: Einerseits wollen sie das Image eines seriösen Wirtschaftsunternehmens haben, andererseits organisieren sie „sexy drink und sexy food“ Events, die „Scharfe Titten-Pasta und Popp Bier“ offerieren. Passt das zusammen, könnte das Investoren verschrecken?
van der Hooft: Diese Produkte werden von uns nicht mehr vertrieben und Events wie die genannten passen nicht mehr zur Markenphilosophie von Beate Uhse. Unser Fokus liegt nun vor allem auf erotischen Lifestyle-Produkten, wie Wäsche und Dessous, aber auch Toys und Wellnessprodukten. Diese Produkte erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit, insbesondere weil das Thema Sexualität in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Der Erfolg des Buches „Shades of Grey“ ist das beste Beispiel dafür.