Thomson Gold Survey: Retail-Investments in Gold steigen 2013 um 31 Prozent, Schmuck um 18 Prozent
Thomson Reuters hat heute die GFMS Gold Survey 2014 veröffentlicht. In der 47. Ausgabe registriert die Studie im Jahr 2013 bei 4.957 Tonnen ein Allzeithoch der physischen Nachfrage (inklusive Käufen des sog. öffentlichen Sektors). Dies entspricht einem Anstieg um 15 Prozent gegenüber 2012 und liegt rund 703 Tonnen über der Versorgung mit neuem Gold und Altmetall im Laufe des Jahres. Während für 2014 prognostiziert wird, dass die Nachfrage die Versorgung durch neues Gold und Altmetall erneut übersteigt, dürfte sich der Markt in diesem Jahr generell ausgeglichener zeigen als im Vorjahr.
Hinsichtlich der Methodik schlägt die aktuelle Studie von Thomson Reuters einen neuen Weg ein: In der jährlichen Studie werden Marktstatistiken nun in Form der im Kalenderjahr entstandenen Überschüsse oder Defizite dargestellt. Dies geschieht sowohl nach Berücksichtigung der Produktions- und Retail-Investment-Nachfrage als auch erneut nach Anpassung an sichtbare Veränderungen bei ETFs und Tauschbeständen.
Mit dieser Methodik steht 2013 unterm Strich eine „Nettobilanz“ mit einem Überschuss von 277 Tonnen. Auf Basis der Werte 2013 entspricht das der Nachfrage nach Schmuck innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen. Diese Nettobilanz beinhaltet die Käufe von Barren und Münzen, jedoch nicht die Veränderungen bei außerbörslichen Investitionen oder Deinvestitionen. Vielmehr gelingt so ein Einblick, wie viel Metall dem Gold-Topf zu- oder abgeführt wurde, der Investoren potenziell zur Verfügung steht. Dieser liegt derzeit angesichts des aktuellen Konsumniveaus bei einem Vorrat für schätzungsweise 35 Jahre. Laut Rhona O’Connell, Leiterin des Bereichs Metalle, GFMS Resarch und Forecasts bei Thomson Reuters, sind es gerade die Fülle dieser Vorräte und die Geschwindigkeit, mit der sie mobilisiert werden können (inklusive Investment-Grade-Schmuck und Goldbarren im Besitz von Investoren), die den größten Unterschied zwischen Gold und anderen Metallen ausmachen. Gleichzeitig verwies O’Connell auf die Entwicklung zur Jahresmitte, die das beste Beispiel für die Marktdynamik darstellt. Hier nahmen Investoren aus dem Osten denen im Westen mit großem Interesse immense Goldmengen ab.
Der Interessensverlust seitens westlicher Investoren an Gold im Verlauf des Jahres 2013 wird besonders gut am Rückgang sichtbarer Vorräte ersichtlich. Anfang 2013 erreichten die Bestände von ETFs bei 2.698 ihren Höhepunkt und fielen im Jahresverlauf um 800 Tonnen, für einen Netto-Dollar-Mittelabfluss von USD 40 Milliarden. Gleichzeitig fielen auch die Goldbestände an den großen Börsen um 99 Tonnen. Zusammen kamen so im letzten Jahr also fast 1.000 Tonnen an den Markt. Dort stießen sie auf immenses Interesse aus Ostasien und dem Nahen Osten, insbesondere nach dem Preissturz im April und dem Rückgang auf unter USD 1.200 im Juni – der niedrigste Preis seit August 2010. Als Folge wanderte das Metall schnell aus Nordamerika und Großbritannien ab.
Dabei passierte ein Großteil die Raffinerien in der Schweiz, um von „London Good Delivery“-Barren (400 Unzen) in kleinere, von asiatischen Investoren bevorzugte Produkte umgeschmolzen zu werden. Barreninvestitionen in Asien schossen von 740 Tonnen im Jahr 2012 um 43 Prozent auf 1.060 Tonnen 2013 in die Höhe und trugen zum weltweiten Anstieg von 341 Tonnen bei. Auch das Interesse an Investment-Grade-Schmuck in der Region stieg um 21 Prozent bzw. 326 Tonnen. Damit war die Region für den Löwenanteil des weltweiten Anstiegs von 362 Tonnen verantwortlich. Die Raffinerien arbeiteten mit Hochdruck und es ist offensichtlich, dass Kapazitäten zu dieser Zeit das einzige Nachfragehemmnis darstellten.
Die Fabrikationsnachfrage (Schmuck und industrielle Zwecke, ausgenommen des öffentlichen Sektors und Retail-Investment-Produkten) lag 2013 bei 3.170 Tonnen. Dies entspricht einem Anstieg von 16 Prozent im Vergleich zu 2012 und markiert den höchsten Stand seit 2005. Es ist zu erwarten, dass die weltweite Hortung von Barren sowie Investment-Grade-Schmuck für einige Jahre auf einem hohen Niveau verbleibt, trotz Konkurrenz durch andere Anlagemöglichkeiten.
Der öffentliche Sektor nahm 2013 rund 409 Tonnen auf. 2012 lag der Wert noch bei 544 Tonnen, da eine Vielzahl asiatischer und GUS-Staaten Gold als Mittel zur Portfoliodiversifikation nutzte. Russland war mit einem Rekordwert von 77 Tonnen offenkundig der größte Abnehmer. Die Umsätze verblieben auf normalem Niveau. Der Markt wartet nun gespannt darauf, ob das Central Bank Gold Agreement, das am 26. September 2014 ausläuft, erneuert wird.
Auf der Angebotsseite verzeichnete die Minenproduktion 2013 einen Anstieg auf 3.022 Tonnen (plus sechs Prozent gegenüber 2012). Die sog. „all-In“-Kosten (dabei handelt es sich um einen firmeneigenen Parameter, der erstellt wurde, um sämtliche Gewinnungskosten, inklusive laufender Investitionen, indirekter Kosten und Gemeinkosten sowie die gesamten Produktionskosten zu erfassen) stiegen 2013 um 27 Prozent auf USD 1.620 pro Unze. Darin enthalten sind jedoch einige Sondereinflüsse, die den Wert erhöhen: Niedrigere Preise sorgten dafür, dass Minenpläne überarbeitet wurden, Reserven wurden neuberechnet und der Wert von Goodwills vorheriger Akquisitionen wurde gemindert. Die weltweiten Gesamtbetriebskosten stiegen daher nur um USD 1 auf USD 767 pro Unze. Die durchschnittliche Cash-Marge fiel um 29 Prozent auf USD 644 pro Unze. Personalaufwendungen ließen die Kosten weiterhin steigen, jedoch glichen geringere Lizenzgebühren und schwächere lokale Währungen diese aus.
Nach einem Hoch im Jahr 2009 setzte Altmetall seinen Preisrückgang weiter fort. Während dieser im letzten Jahr Hauptursache für den Rückgang um 22 Prozent war, ist davon auszugehen, dass der Großteil des umsatznahen Materials mittlerweile zurückgeführt wurde. Insofern dürfte es eines großen Preissprungs bedürfen, um neues Metall heraus zu filtern – natürlich abgesehen von Notverkäufen.
Zu Beginn des Jahres 2014 hat der Goldpreis einen kräftigen Aufschwung miterlebt. Er stieg von rund USD 1.199 zum Jahresende auf USD 1.385 am 14. März 2014. Deckungskäufe in Folge spekulativer Verkäufe in den letzten Wochen des Jahres 2013 sowie geopolitische Spannungen in den GUS-Staaten trugen zu dieser Entwicklung bei. Thomson Reuters erwartet zur Jahresmitte allerdings eine Bewegung nach unten, da sich Investoren auf die US-Geldpolitik konzentrieren und die Renditen von Treasuries steigen. Gleichzeitig deuten die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung darauf hin, dass Aktien als die attraktivere Anlageklasse gegenüber Gold gesehen werden. Dies könnte auch auf lange Sicht zu Rückgängen im Verlauf des Jahres 2015 führen. Demgegenüber gibt es jedoch Vorbehalte.
Die aufgestaute Nachfrage dürfte die Preise unter USD 1.200 stützen, wenngleich der Markt sich noch auf die physische Nachfrage als Schlüsseltreiber einstellen muss. Das birgt Potenzial für eine Unterbewertung. Die physische Nachfrage liegt derzeit bei Preisen über USD 1.300, allerdings besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich der Markt an die hohen Preise im Laufe des Jahres gewöhnt. Jegliche Lockerung der indischen Importrestriktionen, insbesondere der 80:20-Regel (20 Prozent der Goldimporte müssen für den Re-Export reserviert sein), könnte einen weiteren Anstieg der indischen Nachfrage bewirken und bietet somit Luft nach oben. Signale nach oben könnte auch ein Blick auf die Gewinnungskosten bieten, allerdings ist zu erwarten, dass die Minenleistung in 2014 gleich bleibt.
Insgesamt deutet kurzfristig also alles auf eine Handelsspanne von USD 1.200 bis 1.300 hin. Es gibt allerdings durchaus die Möglichkeit einer Abkühlung bis USD 1.100, wogegen die physische Nachfrage jahreszeitlich bedingt durchaus wieder einen Anstieg auf USD 1.400 bedingen könnte. Der Appetit der Investoren ist allerdings begrenzt – und ohne diesen dürfte der Preis insgesamt wieder sinken.