Qiagen: Enormes Potenzial für Bio-Informatik und Sequenzierungs-Technologie
Im Bereich der Sequenzierung sieht Roland Sackers von Qiagen signifikante Wachstumsmöglichkeiten. Im Gespräch mit der Redaktion von www.4investors.de erläutert der Finanzvorstand, in welchen Bereichen Qiagen 2014 außerdem wachsen kann. Sackers spricht in dem Interview über die vielfältigen Chancen in Amerika und Asien. Er macht aber auch deutlich, welche Belastungen in den USA entstehen können.
"/medienpool/unternehmen/qiagen/sackers.jpg" alt="Qiagen-Finanzvorstand Roland Sackers im Interview mit www.4investors.de. Bild und Copyright: Qiagen." title="Qiagen-Finanzvorstand Roland Sackers im Interview mit www.4investors.de. Bild und Copyright: Qiagen." class="textbild" />www.4investors.de: Bereiche wie die „Next Generation Sequenzierung“ (NGS), Bioinformatik und „big data“ werden in den nächsten Jahren eine zunehmend bedeutendere Rolle spielen. Wo sehen sie hier den Platz von Qiagen und wie sind die weiteren Pläne für das Wachstum in den Segmenten?
Sackers: Wir wollen ein breites Portfolio an Produkten und Dienstleistungen entwickeln, um der „Next Generation Sequenzierung“ Einzug in die klinische Forschung und Diagnostik zu verschaffen. Dort ist unser Platz. Und es zeigt sich immer mehr, dass die Bioinformatik – also die Analyse und Interpretation der enormen Datenmengen, die im Rahmen der Sequenzierung anfallen – für den Durchbruch dieser Schlüsseltechnologie von entscheidender Bedeutung ist. Auf diesem Gebiet nehmen wir inzwischen eine führende Rolle ein, die uns signifikante Wachstumsmöglichkeiten eröffnet.
www.4investors.de: Was geschieht derzeit mit den riesigen Mengen von Daten, die gesammelt werden und wer sind für sie Kooperationspartner, die bei der Analyse helfen könnten?
Sackers: Die Daten müssen aufwändig aufbereitet, analysiert und interpretiert werden – ein Vorgang, der den eigentlichen Sequenzierschritt in Punkto Zeit und Kosten zuweilen deutlich übersteigt. Viele Anwender setzen dabei aktuell noch auf selbst entwickelte Softwarelösungen, die jedoch kaum skalierbar sind. Deshalb ändert sich dies gerade. Je stärker NGS Einzug in die klinischen Labore hält, desto mehr Anwender wechseln auf kommerzielle, standardisierte Bioinformatiklösungen, die eine schnelle Analyse und exakte Interpretation rasch wachsender Mengen genomischer Daten erlauben. Wir stellen hier die weltweit führende Datenbank und Softwareapplikation zur Verfügung und arbeiten dabei mit einer Vielzahl von Partnern zusammen.
www.4investors.de: Wie und wo können sie in diesem Segment derzeit bereits konkret Geld verdienen, wo zukünftig?
Sackers: Wir haben bereits damit begonnen, schrittweise universell einsetzbare Produkte einzuführen, die auch Bestandteil unseres eigenen Komplettsystems sein werden, das 2014 auf den Markt kommen wird. Im Bereich der Bioinformatik werden unsere Produkte zur Datenanalyse bereits heute von weltweit über 250.000 Nutzern in mehr als 2.300 Einrichtungen genutzt, Tendenz steigend. Sowohl unsere schon verfügbaren als auch die noch in der Entwicklung befindlichen Lösungen decken den gesamten Arbeitsablauf von der Probe bis zur finalen Datenauswertung ab und bieten Anwendern insbesondere in der klinischen Forschung und Diagnostik enorme Vorteile – und das ist der Markt, in dem wir künftig ein enormes Wachstumspotenzial sehen.
www.4investors.de: Wird eines Tages die Sequenzierung des Genoms, die trotz aller Fortschritte immer noch eine ordentliche Summe Geld kostet, zum medizinischen Standardprogramm gehören, das Krankenkassen bezahlen? Wenn ja, wann wird es so weit sein?
Sackers: Die Sequenzierung wird in den nächsten Jahren routinemäßig Einsatz in der Diagnostik finden. Keine Frage. Sie werden aber nicht bei jedem Patienten das gesamte Genom sequenzieren und auch nicht Sequenzierung als einzige Technologie einsetzen. Etablierte Verfahren wie die PCR werden weiterhin ihre Berechtigung in der klinischen Anwendung haben. Welches Testverfahren medizinisch geboten und wirtschaftlich vertretbar ist, wird von Fall zu Fall entschieden werden müssen. Bei dieser Diskussion stehen wir gerade erst am Anfang. An ihrem Ende, da bin ich sicher, werden diese Verfahren entsprechend ihres Wertes vergütet werden, den sie für die Patientenversorgung und die Entlastung der Sozialkassen schaffen.
www.4investors.de: Wie sehen sie die massiven Firmenkäufe zum Beispiel von Thermo Fisher in den letzten drei Jahren? Versucht Qiagen hier zu konkurrieren?
Sackers: Die Konsolidierungswelle in den Life Sciences hat viel damit zu tun, dass Kunden ihre Beschaffungsmodelle und Lieferantenbeziehungen neu ausgerichtet haben. Auch wir haben unsere Vertriebsstrukturen angepasst und unser Unternehmen sehr stark auf die Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnitten. Wir haben sehr attraktive Wachstumsmöglichkeiten vor uns.
www.4investors.de: Schauen wir in die nähere Zukunft: Worauf können sich ihre Aktionäre im kommenden Jahr einstellen? Welche Wachstumsraten peilen sie 2014 an?
"/medienpool/unternehmen/qiagen/blutentnahme.jpg" alt="Blutentnahme für Untersuchungen. Bild und Copyright: Qiagen." title="Blutentnahme für Untersuchungen. Bild und Copyright: Qiagen." class="textbild" />Sackers: Die Wachstumstreiber des Jahres 2013, also die Automationspattform QIAsymphony, das Geschäft in den Schwellenländern, unsere Tests für die personalisierte Medizin und den Nachweis latenter Tuberkulose werden auch im nächsten Jahr für Wachstumsdynamik sorgen. Hinzukommen noch Umsätze aus neuen Schlüsselbereichen wie etwa der Bioinformatik. Eine genaue Prognose werden wir aber erst am 30. Januar mit der Veröffentlichung unserer Jahreszahlen bekannt geben.
www.4investors.de: Qiagens erste Produkte wurden hauptsächlich in Forschungslaboratorien eingesetzt, mittlerweile positionieren sie sich mehr und mehr im Bereich der klinischen Diagnostik. Wird dieser Trend fortgesetzt?
Sackers: Das stimmt. Die klinische Diagnostik macht inzwischen rund 50 Prozent unserer Umsätze aus, und dabei setzt erst ein Bruchteil der Krankenhäuser molekulare Testverfahren ein. Mit anderen Worten: Im Markt ist noch viel Luft nach oben. Das heißt aber nicht, dass wir andere Kundengruppen – die Forschung, Pharma und die angewandten Testverfahren – vernachlässigen. Es war immer unsere Strategie, Technologien und Produkte zu entwickeln, die in unterschiedlichen Märkten eingesetzt werden können. Damit sind wir immer gut gefahren, und so wollen wir es auch in Zukunft halten.
www.4investors.de: Roche hat erst versucht Illumina aufzukaufen und startet jetzt eine strategische Zusammenarbeit mit Pacific Biosciences – was ist hier Qiagens Strategie?
Sackers: Die jüngsten Bewegungen im Markt belegen nur einmal mehr, welch enormes Potenzial der Sequenzierungstechnologie zugemessen wird. Was uns vom Wettbewerb unterscheidet ist: Wir sind damit das einzige Unternehmen, das Testverfahren auf Basis etablierter Verfahren und neuer Sequenzierungstechnologie anbieten kann. Und wir sind führend in der Bioinformatik – einem Feld, das für die erfolgreiche Nutzung dieser Technologie von grundlegender Bedeutung ist.
www.4investors.de: Möchten sie weiter vor allem als Anbieter von Instrumenten und Verbrauchsmaterialen fungieren oder wird der Schwerpunkt in Richtung strategische Allianzen gehen?
Sackers: Wir entwickeln Probenvorbereitungs- und Testtechnologien, manuelle und automatisierte, die wir auch erfolgreich in Partnerschaften einbringen. Denken sie allein an die Vielzahl von Kollaborationen, die wir im Bereich der Personalisierten Medizin unterhalten. Wir arbeiten mit über 15 Pharmafirmen daran, Begleittests für Medikamente zu entwickeln, mit denen Therapien erheblich verbessert und Gesundheitskosten deutlich gesenkt werden können.
www.4investors.de: Wie sehr belasten sie der bisher eher rumpelige Verlauf von „Obamacare“ oder der Sparzwang in den internationalen Gesundheitssektoren im aktuellen Geschäft?
Sackers: Wir wussten ja, dass die Einführung der Gesundheitsreform erst einmal eine Belastung darstellen würde. Konkret schlägt die Medical Device Tax 2013 bei uns mit rund 0,02 Dollar pro Aktie zu Buche. Weil aber die Zahl der versicherten Amerikaner um 40 Millionen steigen wird, erwarten wir in den kommenden Jahren von „Obamacare“ positive Effekte. Was die öffentlichen Ausgaben angeht, so haben die Kürzungen im Forschungsbereich natürlich ihre Spuren hinterlassen, insbesondere in den USA. Das aber sollte sich jetzt stabilisiert haben.
www.4investors.de: Asien wird für den Absatz von biotechnologischen Produkten immer wichtiger, ist das auch bei Qiagen so? Wie wird sich das Verhältnis USA, Asien und Europa beim Geschäftsvolumen in den nächsten Jahren verändern?
Sackers: In der Expansion auf den aufstrebenden Märkten, insbesondere in Asien, sehen wir einen wesentlichen Wachstumstreiber für Qiagen. Im letzten Quartal hat der Umsatz in den Schwellenländern allein um 38 Prozent zugelegt, aufgrund der Reallokation von Ressourcen zugunsten von Wachstumstreibern und der Einführung neuer Produkte. Diesen Weg gehen wir weiter, als nächstes mit der Einführung unseres Tests auf latente TB in China und dem careHPV Test in Indien. Mittelfristig sollten diese Länder dann 20 Prozent zum Konzernumsatz beitragen.
www.4investors.de: Welche Märkte in Europa sind noch im Wachstum und wie hat sich der Markt in Deutschland für Qiagen entwickelt?
Sackers: In Europa hat sich das Wachstum inzwischen bei 4 Prozent und damit auf einem höheren Niveau eingependelt als noch zu Beginn des Jahres. Die wichtigsten Beiträge kommen dabei aus Skandinavien, Großbritannien, der Türkei, Italien – und Deutschland. Weitere Wachstumsperspektiven für die Zukunft sehen wir im Osten, wo wir bislang nicht mit einer eigenen Präsenz vertreten sind.