China: Überraschende Dynamik bei den Produzentenpreisen - Nord LB Kolumne
Heute früh wurden aus dem Reich der Mitte aktuelle Zahlen zur Preisentwicklung gemeldet. Die offiziellen Angaben der chinesischen Statistikbehörden warteten insbesondere mit Blick auf die Produzentenpreise mit einer Überraschung auf. Der entsprechende Index zog im Berichtsmonat September deutlich um 6,9% Y/Y an. Dieser Anstieg war so nicht erwartet worden und ist als Indikation für eine ausgeprägte ökonomische Aktivität im chinesischen Unternehmenssektor zu werten. Die Konsumentenpreise präsentierten sich hingegen weitaus zurückhaltender. So stand im aktuellen Berichtsmonat nur ein Zuwachs von 1,6% Y/Y zu Buche.
Der starke Anstieg des Produzentenpreisindex (PPI) ist sowohl auf eine robuste Binnennachfrage als auch auf nennenswerte Entwicklungen auf der Angebotsseite zurückzuführen. So greifen Pekings Maßnahmen zur Kapazitätsreduzierung – vor allem im Stahl- und Zementsektor – zunehmend Raum. Die höheren Produzentenpreise dürften außerdem den chinesischen Industrieunternehmen eine nennenswerte Hilfestellung geben. So sorgen sie – zumindest so lange Preissteigerungen an die Kunden durchgereicht werden können – für anziehende Erträge.
Die Teuerungsrate bei den Verbraucherpreisen bleibt deutlich hinter Pekings offiziellem Inflationsziel zurück. Das verschafft den geldpolitischen Entscheidungsträgern der People’s Bank of China (PBOC) Spielraum zum Agieren. Die Notenbanker dürften sich unserer Auffassung nach entsprechend gezielt auf den Kampf gegen die Verschuldung konzentrieren, ohne dabei der Realwirtschaft sprichwörtlich den Geldhahn abzudrehen.
Trotz der Anzeichen für eine hohe Wirtschaftsaktivität sind die heutigen Zahlen aber auch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Schließlich haben bereits die ersten beiden Quartale des Jahres positiv überrascht. Sollte das Wachstumstempo auch im zweiten Halbjahr annähernd so hoch bleiben, wäre möglicherweise schon von gewissen Überhitzungstendenzen zu sprechen. Für das BIP-Wachstum im III. Quartal 2017 (hier werden die Zahlen am Donnerstag vorgelegt) sehen wir für unsere zurückhaltende Vorhersage von +6,6% Y/Y auch ausgelöst durch die heutigen PPI-Zahlen eine hohes Prognoserisiko.
Die aktuelle Dynamik dürfte aber zumindest der Parteiführung in Peking gelegen kommen. Am Mittwoch startet schließlich der bedeutende Parteikongress, auf dem wichtige Weichenstellungen für Chinas Zukunft vorgenommen werden. Auf den zum Beginn anstehenden Arbeitsbericht zur ökonomischen Lage können sich die politischen Entscheidungsträger nunmehr fast schon regelrecht freuen.
Fazit: Die Produzentenpreise im Reich der Mitte sind im September unerwartet stark gestiegen. Diese Entwicklung ist auch als Indikation für eine überraschend hohe Wirtschaftsaktivität in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft zu werten. Angesichts der zurückhaltenden Verbraucherpreisentwicklung ist zudem die Notenbank in Peking nicht unmittelbar unter Zugzwang. Allerdings sehen wir durchaus gewisse Gefahren für Überhitzungstendenzen in China. Für den Moment dürfte die hohe konjunkturelle Dynamik aber der Parteispitze im Vorfeld des Parteitags gut in die Karten spielen.