Mario Draghi steht vor der „Quadratur des Kreises” - National-Bank Kolumne
Ohne Zweifel ist die Pressekonferenz nach der Tagung des EZB-Rats das Ereignis des Tages. Mario Draghi steht vor der Schwierigkeit, die Investoren auf die Reduzierung des geldpolitischen Stimulus vorzubereiten, ohne dass es zu starken Verwerfungen kommt. Schließlich können die die meisten Euroländer, und hier insbesondere diejenigen aus dem Süden, höhere Kapitalmarktrenditen aufgrund der Haushaltsdefizite und der am BIP gemessenen Verschuldung nicht leichten. Mario Draghi steht also vor der Quadratur des Kreises. Er wird sich seine Aussagen noch genauer überlegen müssen. Das dürfte auch eine Erkenntnis aus den Reaktionen der Investoren nach seinem Vortrag in Sintra sein. Zugleich müsste allen Notenbankern klar sein, dass es wahrscheinlich Verwerfungen geben wird. Es wird nun vor allem darum gehen, sie so gering wie möglich zu halten. Ob sich der EZB-Rat daher darauf einigen kann, das Wording in der Presseerklärung leicht zu verändern, so dass der Passus über die potenzielle Ausweitung des QE-Programms entfällt, ist keineswegs sicher. Selbst das, obwohl es viele Marktteilnehmer erwarten, dürfte Spuren hinterlassen. Da wird es wenig helfen, dass Draghi sicher betonen wird, dass die Wirtschaft im Euroraum weiterhin stark auf die geldpolitische Unterstützung angewiesen ist. Die Stimmungsindikatoren und viele harte Daten wie bspw. die Industrieproduktionsdaten sprechen durchaus dafür, dass der Aufschwung an Kraft gewonnen hat. Letztlich ist es vor allem der Arbeitsmarkt, auf dem der Aufschwung zwar ankommt, der aber noch viele freie Kapazitäten aufweist. Ob das zusammen mit dem Hinweis auf die Preisentwicklung ausreichen wird, um Verwerfungen zu verhindern, ist völlig offen.
Immerhin wird eine Notenbank ihren sehr expansiven Kurs beibehalten: Die Bank of Japan hat das Erreichen des Inflationsziels von 2% um ein weiteres Jahr, nun 2019, verschoben. Das bedeutet zugleich, dass es keine Änderung bei der geldpolitischen Vorgehensweise geben wird, obwohl auch dort die Wirksamkeit der QE-Maßnahmen inzwischen kritisch hinterfragt wird.
Vor dem Hintergrund der Tagung des EZB-Rats dürften die übrigen Konjunkturdaten kaum Bedeutung haben, obwohl mit dem Phili-Fed-Indikator sowie den US-Frühindikatoren und dem europäischen Konsumentenvertrauen am Nachmittag durchaus noch Informationen veröffentlicht werden, die für Bewegung an den Kapitalmärkten sorgen können.
Die Investoren werden jedenfalls sehr vorsichtig agieren. Der Bund Future dürfte den Handel mit Verlusten beginnen, zumal es durch die EmisQsionen aus Frankreich und Spanien am Vormittag Belastungspotenzial gibt. Im Tagesverlauf sollte sich der Bund Future zwischen 161,05 und 162,55 bewegen. Die Rendite der 10jährigen US-Treasuries sollte zwischen 2,22 und 2,36% schwanken.