US-Gesundheitsreform droht im Chaos unterzugehen - National-Bank Kolumne
Die jüngsten Wirtschaftsdaten hinterließen kaum Eindruck auf den Kapitalmärkten. Dazu gehörten sie zu sehr in die zweite oder dritte Reihe. Das dürfte sich heute kaum ändern. Zum einen ist der Datenkalender vergleichsweise leer. Zum anderen werden, wenn überhaupt, nur die Zahl an US-Baubeginnen und Baugenehmigungen etwas Einfluss auf das Marktgeschehen nehmen können. Größere Überraschungen sind jedoch nicht zu erwarten. Der EZB-Chef hat gestern immerhin Rückenwind erhalten. Dem Bank Lending Survey konnte entnommen werden, dass sowohl Kreditnachfrage als auch Kreditangebot zunehmen. Das wird Mario Draghi als Indikator für die Wirksamkeit der Geldpolitik der EZB nehmen. Schließlich zog die Nachfrage nach Krediten selbst in schwächeren Ländern wie Italien oder Frankreich an. Außerdem äußerte sich der IWF im Rahmen seiner jährlichen Konsultationen positiv über Spanien und erhöhte die Wachstumsschätzungen. Sowohl der Bankensektor als auch die hohe Arbeitslosigkeit seien jedoch weiterhin Anlass zur Sorge. Diese Themen müsse das Land zügig angehen.
An den Finanzmärkten wirkt das Chaos rund um die Abschaffung von Obamacare immer noch nach. Nun will der republikanische Mehrheitsführer im Senat in der kommenden Woche evtl. darüber abstimmen lassen, Obamacare mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren völlig abzuschaffen, um während dieser Periode ein neues Gesundheitssystem zu erarbeiten. So eine Abstimmung gab es 2015 bereits. Damals haben die Republikaner für so ein Vorgehen gestimmt und hatten eine Mehrheit im Senat zustande bekommen. Sie wusste jedoch zugleich, dass der damalige Präsident sein Veto einlegen würde. Das wird dieses mal sicher nicht passieren. Allerdings sieht es zurzeit nicht danach aus, als ob es diese Mehrheit heute noch geben wird. Vielmehr besteht nun das ernste Risiko, dass das Vorhaben der Abschaffung von Obamacare trotz der Möglichkeit, dafür jahrelang Vorbereitungen zu treffen und Alternativkonzepte zu erarbeiten, scheitern könnte. Im Weißen Haus scheint man sich derweil schon auf das nächste Thema konzentrieren zu wollen: Die Steuerreform. Zweifel an der Umsetzung auch dieses Vorhabens sind angebracht. Zu spüren ist der Vertrauensverlust vor allem an der Entwicklung der Renditen für 10jährigen US-Treasuries, die inzwischen wieder unter der 2,3%-Marke liegen sowie dem USD. Die Investoren werden das jedenfalls genau im Auge behalten.
Heute und Morgen gehört die Bühne jedoch der Tagung des EZB-Rats. Die Spekulationen über die Inhalte der Presseerklärung nach der Sitzung werden vorerst weiter gehen. Unbestätigten Berichten aus EZB-Kreisen zu Folge tun sich die Notenbanker derzeit schwer damit, neue Signale in Richtung einem Ende der ultralockeren Geldpolitik zu senden. Sie dürften sich noch sehr gut an die Reaktionen der Investoren auf die Aussagen Draghis in Sintra erinnern. Nach wie vor können sich die meisten Euroländer keine deutlich höheren Kapitalmarktrenditen leisten, da Verschuldung und Haushaltsdefizite trotz des Wirtschaftswachstums einfach zu hoch sind. Nun beginnt also der Drahtseilakt, die Märkte auf die Änderung der Geldpolitik einzustimmen, ohne damit allzu großen Scha-den in Form erheblich höheren Renditen anzurichten. Im besten Fall werden die Bondvolatilitäten zunehmen.
Der Bund Future sollte den Tag kaum geändert beginnen. Die Aufstockung der 2046er Bund wird am Vormittag für leichte Belastung sorgen. Dann werden die Investoren auf Abwarten schalten. Im Tagesverlauf sollte sich der Bund Future zwischen 161,05 und 162,40 bewegen. Die Rendite der 10jährigen US-Treasuries sollte zwischen 2,22 und 2,36% schwanken.