ZEW-Umfrage: Deutsche Konjunktur brummt, Eurozone im Aufschwung - Nord LB Kolumne
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hat vor wenigen Minuten aktuelle Ergebnisse seiner monatlichen Umfrage unter rund 350 Volkswirten, Analysten und Fondsmanagern veröffentlicht. Demnach hat sich unter den Finanzmarktexperten auch im aktuellen Berichtsmonat Juni die hervorragende Stimmung gehalten. So erreicht die Einschätzung der gegenwärtigen Lage mit 88,0 Saldenpunkten nun fast das Allzeithoch von Mitte 2011. Vor diesem Hintergrund ist der leichte Rückgang der Konjunkturerwartungen für Deutschland auf 18,6 Saldenpunkte zu verschmerzen. Für die Eurozone fällt der Ausblick der Umfrageteilnehmer mit 37,7 Saldenpunkten hingegen noch einmal etwas besser aus.
Die insgesamt sehr positiven Umfrageergebnisse unterstreichen die hervorragende konjunkturelle Verfassung, in der sich die deutsche Volkswirtschaft derzeit befindet. Aber auch der mehr und mehr an Breite und Kraft gewinnende Aufschwung in der Eurozone wird durch die jüngsten ZEW-Zahlen bestätigt. Hierzu dürfte der jüngste Rückgang politischer Risiken für die Länder der Eurozone und den Zusammenhalt des Währungsraums beigetragen haben.
Erst am Sonntag hatten die Franzosen im ersten Wahlgang zur Nationalversammlung den Kandidatinnen und Kandidaten der Bewegung La République en Marche ihres gerade erst Anfang Mai gewählten Präsidenten Emmanuel Macron mehrheitlich ihr Vertrauen ausgesprochen. Für die Stichwahl am kommenden Sonntag wird nun ein fulminanter Sieg Macrons mit einer überwältigenden absoluten Mehrheit erwartet. Damit erspart Frankreich ihrem Präsidenten Macron und seiner Reformagenda das Risiko einer Cohabitation.
Aktuell läuft zudem der Konjunkturmotor in Deutschland rund. Mit einem bereits erreichten Wert von 88,0 Saldenpunkten existiert für die Lagekomponente kaum noch ein Steigerungspotenzial. Dies ist für uns auch die Erklärung dafür, dass einige Umfrageteilnehmer nicht mehr eine noch weitergehende Verbesserung annehmen. Dies wollen wir nicht überbewerten: Vom erreichten Niveau aus gleicht eine Seitwärtsbewegung einer Wanderung auf einem Hochplateau. Dies entspricht auch unserer Prognose, wonach das Expansionstempo vorerst nicht merklich abnehmen sollte und für das Gesamtjahr mit einem Wachstum in Höhe von mindestens 1,6% zu rechnen ist.
Mit Blick auf den deutschen Aktienmarkt haben die ZEW-Zahlen zwar keinen zusätzlichen Schub gebracht, allerdings unterstützten sie die ohnehin seit dem heutigen Handelsbeginn etwas freundlichere Tendenz. Für einen Angriff auf den Anfang des Monats markierten Höchststand von 12.879 Punkten braucht es aber wohl zusätzlicher Impulse. Die neue Unsicherheit über den Zeitplan für die Brexitverhandlungen der EU27 mit Großbritannien ist hier wohl eher nicht förderlich.
Fazit: Die heute veröffentlichten Umfragedaten des ZEW für den Berichtsmonat Juni sind insgesamt gut ausgefallen. Für Deutschland liegt die aktuelle Lagebewertung nur noch knapp unter dem historischen Höchstwert. Daher ist es sicher kein Alarmsignal, wenn in diesem Kontext die Erwartungskomponente in der aktuellen Umfrage etwas Federn lassen musste. Für die Eurozone spiegelt sich der Rückgang der politischen Risiken in einem weiteren Anstieg der auf die Entwicklung in sechs Monaten gerichteten Erwartungen wider. Die Juni-Zahlen des ZEW sprechen eine eindeutige Sprache: Aus Sicht der Finanzmarktexperten brummt die Konjunktur in Deutschland und der Aufschwung in der Eurozone gewinnt zunehmend an Kraft und an Breite – trotz Brexit und Trump…