USA: BIP-Wachstum verlangsamt sich - Nord LB Kolumne
In den USA sind vor einigen Minuten vorläufige Zahlen zur Entwicklung des BIPs gemeldet worden. Erwartungsgemäß zeigen sich beim Wachstum zum Start des neuen Jahres gewisse Bremsspuren. In Zahlen gesprochen kam es zu einem Anziehen der Wirtschaftsaktivität um lediglich annualisiert 0,7%.
Da die vorläufigen Angaben noch sehr revisionsanfällig sind, macht eine zu genau Betrachtung der Details kaum Sinn. Allerdings darf wohl schon festgehalten werden, dass der private Konsum sich am aktuellen Rand ungewöhnlich schwach präsentiert. An dieser Stelle ist auf eine Zurückhaltung bei den Käufen von Kraftfahrzeugen und die Ausgaben für die Beheizung der Wohnungen zu verweisen.
Erwartungsgemäß ist das Thema „Residual Seasonality“ der eigentlich saisonbereinigten Zeitreihe zum BIP in den USA durch die Veröffentlichung der aktuellen Zahlen wieder auf die Agenda der Finanzmärkte gerückt. Die offiziellen US-Statistiker haben jüngst angemerkt, dass sie an diesem Problem weiter arbeiten wollen. Kurzfristige Lösungen sind aber wohl nicht zu erwarten. Für den Prognostiker macht das trotz Bereinigung verbleibende Saisonmuster die Arbeit einfacher. In der Tat ist die Einschätzung, in den kommenden Quartalen mit höheren US-Wachstumsraten zu rechnen, derzeit nicht sonderlich mutig.
Dennoch werden wir unsere Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2017 nach den heutigen ziemlich schwachen Zahlen zum Anziehen der ökonomischen Aktivität in den Vereinigten Staaten ganz leicht nach unten anpassen müssen, wobei der Wert trotzdem noch leicht oberhalb von 2,0% liegen dürfte.
Festzuhalten ist in diesem Kontext, dass größere stützende Effekte der Wirtschaftspolitik der neuen Regierung in den kommenden drei Quartalen noch nicht zu erwarten sind. Die Entwicklungen in Washington müssen natürlich dennoch im Auge behalten werden, sollten aber vor allem ab 2018 eine höhere Bedeutung haben.
Die sich bereits grob abzeichnenden Maßnahmen im Rahmen der Steuerreform – die beispielsweise positive Effekte auf die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen haben dürften – und die denkbaren (aber auch unter Republikanern recht umstrittenen) Infrastrukturprogramme haben schon das Potential, das Wachstum im Land der unbegrenzten Möglichkeiten in gewissem Maße zu beflügeln. Die von der Regierung avisierte „Zielwachstumsrate“ von 3,0% dürfte von der US-Wirtschaft aus heutiger Perspektive aber dennoch schwierig mit größerer Nachhaltigkeit zu erreichen sein.
Fazit: Die aktuelle Schwäche des Wirtschaftswachstums in den USA kommt nicht völlig unerwartet und sollte aus verschiedenen Gründen zunächst auch nicht überbewertet werden. Die heutigen Zahlen könnten dennoch einen gewissen Einfluss auf die weitere Geldpolitik der US-Notenbank haben. Die Wahrscheinlichkeit eines Zögerns der Fed im Juni hat sich etwas erhöht, was als stützend für den Euro gewertet werden kann.