Warten auf den US-Arbeitsmarktbericht - National-Bank Kolumne
Mario Draghi hat die Investoren wohl gestern auf dem falschen Fuß erwischt. Anders lässt sich die deutliche Reaktion der Staatsanleihekurse im Euroraum und in ihrem Sog auch der US-Treasuries nicht erklären. Dabei setzte er nur den bereits eingeschlagenen Kurs fort: Die europäischen Konjunkturdaten und vor allem die Stimmungsindikatoren signalisieren am aktuellen Rand eine Stabilisierung bzw. leichte Beschleunigung des Wirtschaftswachstums im Euroraum. Dem trugen die ganz leicht nach oben revidierten Wachstumsschätzungen der EZB Rechnung. Zugleich wurden die Inflationserwartungen für das laufende und das kommende Jahr etwas nach oben gesetzt, wobei der erwartete Preisanstieg für 2017 von 1,3 auf 1,7% dann doch stärker ist, als man es erwarten konnte. Für die kommenden beiden Jahre geht die EZB davon aus, dass die Verbraucherpreise weiterhin leicht unter ihrer Zielmarke liegen werden. Der EZB-Chef erwartet zwar, dass die zyklischen Aufschwungskräfte etwas stärker werden. Für Lohnsteigerungen sieht er im Euroraum aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit jedoch wenig Spielraum. Daher er-mahnte er die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel, weitere Strukturreformen durchzuführen.
Ohne ein spürbares Anziehen der Kernrate der Verbraucherpreise wird die EZB ihren eingeschlagenen Weg nicht ändern. Die optimistischere Beurteilung der wirtschaftlichen Perspektiven hat jedoch Konsequenzen: Die TLTROs werden mit der letzten Bereitstellung Ende März auslaufen. Die Investoren sollten sich außerdem darauf einstellen, dass das Volumen des QE-Programms beginnend mit Januar 2018 zurückgeführt wird. Die Entscheidungen dazu werden kaum vor dem Herbst getroffen werden, sofern nichts Unvorhergesehenes passieren sollte.
Die Auswirkungen der Aussagen von Mario Draghi werden zwar noch einige Zeit nachwirken. Heute steht jedoch ganz der US-Arbeitsmarktbericht im Fokus. Was die Konsensusprognose hinsichtlich der Zahl neu geschaffener Stellen wert ist, ist heute unklar. Schließlich hat der ADP-Bericht für eine Änderung der Erwartungshaltung gesorgt. Vermutlich gehen die Marktakteure eher von einer Zunahme der Zahl neuer Stellen oberhalb der geschätzten 200 Tsd. aus. Zumindest die Jobless Claims der letzten vier Wochen sprechen ebenfalls dafür. Die Entwicklung der durchschnittlichen Stundenlöhne ist ebenso von großer Bedeutung. Irgendwann sollte es sich doch bemerkbar machen, dass der US-Arbeitsmarkt angespannt ist. Hier würde es sicher helfen, wenn die Industrie und vor allem der Bergbau wieder eingestellt hätten. Letzteres ist in Anbetracht der Zunahme der Zahl aktiver Ölförderanlagen gar nicht so unwahrscheinlich. Immerhin werden heute Morgen die deutschen Außenhandelszahlen noch Beachtung finden. Der Außenhandelsüberschuss dürfte kleiner geworden sein, was vor allem an der Verteuerung von Rohstoff- und hier Ölimporten liegen dürfte.
Die Investoren werden sich mit der Positionierung bis zur Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichtes zurückhalten. Und selbst danach dürften sie ihre abwartende Haltung nicht unbedingt aufgeben. Schließlich tagt in der kommenden Woche die Fed. Der Bund Future dürfte mit leichten Kursverlusten in den Freitag starten. Er sollte sich zwischen 159,15 und 160,65 bewegen. Die Rendite der 10jährigen US-Treasuries dürfte zwischen 2,52 und 2,66% schwanken.