QSC-Vorstandschef Hermann: „Ich bin zufrieden mit dem Auftragseingang“ - Exklusiv-Interview
Gewinne und ein deutlich steigender Aktienkurs – bei QSC sah die Welt zuletzt wieder deutlich rosiger aus. Doch trotz der nun wieder erreichten schwarzen Zahlen sagt Jürgen Hermann, Vorstandsvorsitzender der QSC AG, im Interview mit www.4investors.de: „Wir sind noch nicht über den Berg“. Wie der Manager des Kölner Unternehmens den Umsatz und die Ergebnisse weiter steigern will und welche Potenziale der Trend zur Digitalisierung im Mittelstand für QSC birgt, lesen sie in unserem Exklusiv-Interview.
www.4investors.de: Zwei Quartale in Folge gab es bei QSC nun ein positives operatives Ergebnis. Haben Sie die Verlustzone damit endgültig hinter sich gelassen?
Hermann: Wir sind mit der Entwicklung im ersten Halbjahr sehr zufrieden. Wir konnten im zweiten Quartal nach acht Quartalen erstmalig wieder einen Konzerngewinn ausweisen und gewinnen weiter an Ertragskraft. Ich sage aber auch: Wir sind noch nicht über den Berg. Bereits zu Jahresbeginn haben wir klargestellt, dass in der zweiten Jahreshälfte noch einmalige Kosten für den Umbau des Unternehmens in einem mittleren einstelligen Millionenbereich anfallen.
www.4investors.de: Die letzten Ertragsverbesserungen waren auf Kosteneinsparungen und sinkende Abschreibungen in der Telekomsparte zurückzuführen. Sehen sie über das laufende Einsparprogramm hinaus weitere Möglichkeiten, die Kosten signifikant zu senken?
Hermann: Die größten Einsparungen erzielen wir zweifellos durch den planmäßigen Personalabbau. Große Einsparungen haben wir auch durch zusätzliche Kostensenkungsmaßnahmen im administrativen Bereich erzielt. Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen, ein wirklich signifikantes Einsparpotenzial sehe ich hier in der Zukunft aber nicht mehr.
www.4investors.de: Welche anderen Stellschrauben müssen von Ihnen bewegt werden, um zusätzliche Ertragsverbesserungen zu erreichen?
Hermann: Im Grunde geht es nur um eine Stellschraube: Profitables Wachstum! Wenn wir nachhaltig unseren Ertrag steigern wollen, müssen wir in den zukunftsfähigen Geschäftsfeldern wachsen. Dazu gehören vor allem unsere cloudbasierten Services für den Mittelstand, unser Angebot im Bereich Internet-of-Things (IoT) und das SAP-Beratungsgeschäft. Hier sehe ich überall gute Fortschritte.
www.4investors.de: QSC hat die Prognose für 2016 zuletzt bestätigt, manche Analysten rechnen eher damit, dass das obere Ende der Prognosespanne erreicht wird. Sind sie etwas zu pessimistisch?
Hermann: Ich bin nicht pessimistisch, sondern realistisch! Man sollte zwei Dinge nicht aus den Augen verlieren: Erstens verzichtet QSC 2016 auf jegliches Neugeschäft im klassischen Outsourcing; hier dürften daher die Umsätze im zweiten Halbjahr 2016 weiter zurückgehen. Und zweitens profitierte QSC in den vergangenen Monaten von einem vergleichsweise guten TK-Geschäft mit Wiederverkäufern, was sich aber nicht einfach in die Zukunft fortschreiben lässt.
www.4investors.de: Auf der Internetseite von QSC nimmt ihr bisheriges Kerngeschäft Telekommunikation einerseits keinen breiten Raum mehr ein. Andererseits sind die Umsätze im Bereich Cloud und Consulting trotz der hohen Wachstumsraten noch überschaubar. Wie viel Prozent des Weges vom Telekom-Anbieter zum IT-Systemhaus im digitalen Zeitalter hat QSC derzeit schon hinter sich gebracht?
Hermann: Korrektur: QSC ist kein IT-Systemhaus, sondern der Digitalisierer für den Mittelstand. Wir unterstützen mittelständische Unternehmen mit unseren selbst entwickelten und betriebenen Produkten und Diensten bei ihrem digitalen Wandel. Und dies umfassend und kontinuierlich. Unsere neue Pure Enterprise Cloud ist dabei gleichzeitig die Basis und die Klammer. Über sie können unsere Kunden seit Anfang dieses Jahres sämtliche ITK-Standardanwendungen sowie individuelle Geschäftsapplikationen standortunabhängig, über beliebige Endgeräte beziehen. Bezahlt wird nutzungsabhängig. Der Kunde hat die vollkommene Flexibilität. Dieses Portfolio wird durch unsere eigene Infrastruktur und hoher Sicherheit abgerundet, der Kunde erhält echte Ende-zu-Ende Qualität.
www.4investors.de: Welche Rolle spielt bei der Entwicklung von Branche und QSC in den kommenden Jahren, dass die ISDN-Telekommunikation ab 2018 Geschichte sein könnte?
Hermann: Die Branche macht jetzt genau das, was QSC bereits vor zehn Jahren gemacht hat: Die Umstellung auf IP-Telefonie. Für QSC ist das eine gute Entwicklung, denn sowohl in der Produktentwicklung als auch im Betrieb können wir durch jahrelange Erfahrung überzeugen. Das Marktpotenzial ist zudem groß, ungefähr drei Millionen Geschäftskundenanschlüsse mit mehr als 8,4 Millionen Kanälen müssen in den nächsten zwei bis drei Jahren migriert werden. Das entspricht nach unserer Schätzung einem Marktvolumen von insgesamt 2,2 Milliarden Euro pro Jahr. Ich bin zuversichtlich, dass wir davon profitieren können.
www.4investors.de: Bleibt es denn vor diesem Hintergrund der Trends in Richtung All-IP endgültig bei der Entscheidung, das eigene Netz zu behalten, oder ist QSC hier weiter auf der Suche nach möglichen Optionen?
Hermann: Der Zugriff auf die eigene Infrastruktur ist und bleibt für uns unverzichtbar, weil es ein Qualitätsversprechen in Richtung Kunde bedeutet. Insbesondere in Verbindung mit unserem Cloud- und IoT-Angebot ist unsere hochverfügbare Infrastruktur ein klarer Wettbewerbsvorteil.
www.4investors.de: QSC hat sich für die „neuen“ Geschäftsbereiche mit dem Mittelstand eine potenzielle Kundengruppe als Schwerpunkt ausgesucht, die im Querschnitt als recht konservativ gilt. Wie kommt der Mittelstand mit Themen wie Internet der Dinge, Digitalisierung und Cloud zurecht?
Hermann: Eine ganz aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts Crisp Research, die im Auftrag von QSC genau bei unserer Zielgruppe durchgeführt worden ist, belegt eindeutig, dass Digitalisierung als das wichtigste strategische Thema angesehen wird. Das deckt sich auch mit meinem persönlichen Eindruck. Jeder verantwortungsvolle Unternehmer befasst sich derzeit sehr intensiv mit Digitalisierungsmöglichkeiten in seinem Haus. QSC ist dafür der ideale Partner.
www.4investors.de: Mit welchen Wachstumsraten rechnen Sie für die nächsten Jahre in den Sparten Cloud, Internet of Things und Consulting?
Hermann: Bei den Themen Cloud und Internet of Things sehen wir überdurchschnittliches Wachstum – wenn auch von einem niedrigem Umsatzniveau ausgehend. Im Consulting sehen wir eine kontinuierlich positive Entwicklung. In der Telekommunikation mit Wiederverkäufern werden wir unverändert unter Druck stehen, der Geschäftskundenbereich in dem Segment ist stabil und profitabel.
www.4investors.de: Sie wollen in der zweiten Jahreshälfte eine wachsende Zahl von Cloud-Experten ins Boot holen. Gelingt dies, oder stellt das Wachstum in den „neuen“ Geschäftsbereichen QSC personell vor Probleme?
Hermann: Natürlich ist das eine Herausforderung, aber wir kommen hier gut vorwärts. Allein in diesem Jahr haben wir bereits über 100 neue Kollegen und Kolleginnen gewonnen, vorwiegend in der Technik sowie im Vertrieb und Marketing.
www.4investors.de: Welche Rolle werden Zukäufe für die Entwicklung ihrer neuen Geschäftsbereiche rund um die Cloud, Internet der Dinge etc. spielen?
Hermann: Akquisitionen sind aktuell nicht Bestandteil unserer Planungen.
www.4investors.de: Wir hören im „Flurfunk“ der Börse Gerüchte über möglicherweise bevorstehende neue Großaufträge im Cloud-Bereich. Können Sie dies bestätigen?
Hermann: Wir haben in den letzten Monaten mehrere Aufträge unterschiedlicher Größenordnungen gewonnen, sowohl mit der Pure Enterprise Cloud als auch im Internet-of-Things-Bereich. In den Fällen, in denen der Kunde einverstanden ist, machen wir dies auch öffentlich. Ich bin zufrieden mit dem Auftragseingang im laufenden Kalenderjahr.