Nord LB – USA: BIP-Wachstum ohne die erwartete Dynamik
Vor einigen Minuten sind aktuelle Daten zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in den USA veröffentlich worden. Nach vorläufigen Angaben zeigt sich im II. Quartal 2016 nicht die erwartete Beschleunigung des realen Wirtschaftswachstums. In Zahlen ausgedrückt offenbarte sich ein Anstieg des BIPs um lediglich annualisiert 1,2%. Dies ist eine klare negative Überraschung.
Zudem kam es zu umfangreichen Revisionen der historischen Daten. Das generelle Bild der Wirtschaftslage hat sich durch diese Anpassungen an der bisherigen Zeitreihe etwas verschlechtert. Insbesondere die leichte Abwärtsrevision des Wachstums im I. Quartal 2016 (von annualisiert 1,1% auf nun lediglich 0,8%) lässt die Entwicklungen im II. Quartal sogar noch etwas unfreundlicher erscheinen.
Trotz des recht schwachen Wachstumsanstiegs am aktuellen Rand bleibt dennoch festzuhalten, dass der Konsum der privaten Haushalte auch weiterhin als die tragende Säule der US-Ökonomie zu betrachten ist. Die Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen der vergangenen drei Monate hatten eine entsprechende Entwicklung allerdings bereits zeitnahe signalisiert. Ein intensiverer Blick auf die Details der BIP-Daten macht unserer Auffassung nach noch keinen großen Sinn, da es sich um die erste Veröffentlichung von Zahlen handelt; insofern ist natürlich von einer hohen Revisionsanfälligkeit der Angaben auszugehen. Dennoch muss festgehalten werden, dass vor allem auch die Entwicklungen bei den Vorräten als Belastungsfaktor gewirkt haben. Dies macht zumindest etwas Hoffnung für das III. Quartal.
Nun wird zunächst auf Revisionen der vorläufigen BIP-Zahlen zu warten sein. Eventuelle Anpassung sollten das grundsätzlich recht negative Bild der Entwicklungen im II. Quartal jedoch nicht nachhaltig ändern. In jedem Fall zwingen uns die heute gemeldeten Zahlen zu Anpassungen an der Wachstumsprognose für die USA.
Innerhalb der US-Notenbank geben die soeben veröffentlichten Daten zur BIP-Entwicklung den mit Blick auf Zinsanhebungen zögerlichen Fed-Offiziellen weitere Argumente zur Untermauerung ihrer Position. In diesem Umfeld gewinnen die Arbeitsmarktdaten am kommenden Freitag natürlich noch stärker an Bedeutung. Die Verunsicherung über den weiteren geldpolitischen Kurs in Washington ist mit den heutigen Angaben zum US-BIP aber auf jeden Fall weiter gestiegen.
Fazit: Die Wachstumsbeschleunigung in den USA präsentiert sich im II. Quartal ohne die eigentlich erhoffte Dynamik. Die Zahlen sind zwar noch recht anfällig für Revisionen, die offiziellen US-Statistiker müssten bei der zweiten und dritten Veröffentlichung von Daten aber schon recht umfangreiche Anpassungen vornehmen, um das eher unerfreuliche Bild der Wirtschaftslage im Land der eigentlich unbegrenzten Möglichkeiten noch zu ändern. Nach den jüngsten Erfahrungen ist dies sicherlich denkbar – aber wohl doch eher unwahrscheinlich. Für die weitere Fed-Geldpolitik deuten die heutigen Zahlen somit eher in Richtung einer erst in 2017 zu erwartenden Zinsanhebung. Immerhin wecken die Daten Hoffnungen auf mehr Wachstum im III. Quartal 2016.