Nord LB – Bank of Japan: Geldschleusen (noch) nicht aufgerissen
Im Wochenverlauf schien die heutige BoJ-Sitzung – immerhin die erste nach dem Brexit – zum Highlight zu avancieren. Umso größer ist nun die Enttäuschung bei vielen Marktteilnehmern – nicht nur in Japan. Obwohl die Zentralbanker in Tokio mit der verlautbarten Ausweitung des Wertpapierankaufprogramms die Geldpolitik noch einmal expansiver ausrichten, blieb die erwartete weitaus üppigere Lockerung aus. So werden mehr Exchange Trades Funds (ETF) durch die Bank of Japan erworben. Allerdings wurde weder das Ziel zur jährlichen Steigerung der Geldbasis angepasst (weiterhin JPY 80 Bio.), noch eine Reduzierung des Leitzinses bekannt gegeben. Wir hatten hier schon mit einer aggressiveren Kursanpassung gerechnet.
Shinzo Abe kündigte unerwartet sein neues Konjunkturprogramm bereits am Mittwoch an. Damit hat der japanische Premier dem BoJ-Gouverneur Haruhiko Kuroda ein regelrechtes Ei ins Nest gelegt – zumindest was die Erwartungshaltung der Finanzmarktteilnehmer anbelangt. Beweggründe für eine aggressiver auftretende Bank of Japan hätte es schon gegeben. Zu nennen ist hier insbesondere die Konjunkturflaute und das weit entfernte BoJ-Inflationsziel. Entsprechend ernüchternd fallen die heutigen Marktreaktionen aus. Der Yen wertete deutlich auf. Eine bemerkenswerte Randnotiz ist sicherlich die Kommentierung aus Richtung der Regierung. So hat der Finanzminister Taro Aso die heutige Entscheidung sogar begrüßt.
Auf der BoJ-Pressekonferenz ließ Kuroda durchblicken, dass man noch nicht am Limit sei und weitere Zinssenkungen nicht undenkbar sind. Dabei verwies er auch explizit auf Europa. Auch das Ankaufprogramm für Staatsanleihen sei nicht am Ende. Insbesondere mit Blick auf den USD/JPY-Wechselkurs könnte Kuroda allerdings auf Zeit spielen. Schließlich würde eine Fed-Zinsanhebung in 2016, die nach der jüngsten Sitzung der US-Notenbank zumindest wahrscheinlicher geworden ist, diesbezüglich Schützenhilfe geben. Die Ankündigung einer Prüfung der eigenen geldpolitischen Ausrichtung („Policy Review“) bis zur nächsten Sitzung wirft unterdessen gewisse Fragen auf. Unserer Auffassung nach kann dies auch als Hinweis für umfangreiche Lockerungen im Rahmen des nächsten BoJ-Meetings gewertet werden. Möglicherweise geht es insbesondere darum, Argumente zu sammeln.
Doch das Lager der Bedenkenträger mit Blick auf die BoJ-Geldpolitik erhält immer mehr Zulauf. Als Problemfelder bringen sie die Belastungen des Bankensektors durch die Negativzinsen sowie das fehlende Material an japanischen Staatsanleihen vor. Zudem wird das Ankaufprogramm in Bezug auf ETFs von einigen Marktbeobachtern kritisch bewertet, da die Zentralbanker zunehmend in die Rolle des Unternehmenseigentümers schlüpfen.
Fazit: Die japanischen Notenbanker haben die Märkte heute durchaus enttäuscht und keine aggressive Lockerung beschlossen. Gleichwohl bleiben die geldpolitischen Entscheidungsträger um Haruhiko Kuroda insgesamt „dovish“. Zur nächsten Notenbanksitzung wird die Prüfung der geldpolitischen Ausrichtung in den Fokus rücken. Abes Konjunkturprogramm dürfte bis dahin noch nicht wirken. Das Thema „Aufreißen der Geldschleusen“ ist auch nach den heutigen Ankündigungen keineswegs vom Tisch – die Erwartungen könnten für den September nun sogar noch etwas höher sein.