Nord LB – ifo-Geschäftsklima: Gelassenheit der Unternehmer gibt DAX kräftigen Schub
Heute Morgen hat das Münchner ifo-Institut die Ergebnisse seines Geschäftsklimaindex für den Monat Juli veröffentlicht. Demnach haben die befragten Unternehmen ihre Geschäftserwartungen im Nachgang des Brexit-Votums der Briten leicht nach unten angepasst. Der entsprechende Unterkomponente ging auf 102,2 Punkte zurück. Von übermäßiger Sorge oder gar Panik zeugen die heutigen Zahlen aber beileibe nicht. Der ifo-Geschäftsklimaindex verringerte sich auf 108,3 Punkte, immerhin der zweithöchste Wert in diesem Jahr. Nach wie vor wird die aktuelle Lage sehr gut bewertet, der Teilindex für die Geschäftsbeurteilung erhöhte sich sogar leicht auf 114,7 Punkte.
Insgesamt zeigen sich die rund 7.000 befragten Unternehmenslenker weniger beeindruckt von dem Brexit-Votum der Briten als im Vorfeld erwartet worden war. Alle drei Indizes fielen besser aus als die Konsensschätzung der von Bloomberg befragten Analysten und Volkswirte. Auch wir hatten nach den sehr schlechten Ergebnissen der im Vorfeld veröffentlichten Konjunkturumfragen von sentix sowie dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mit einem etwas stärkeren Rückgang gerechnet. Auch der deutsche Aktienmarkt reagierte freudig überrascht auf die guten Konjunkturzahlen aus München. Der Leitindex DAX übersprang mühelos um 10 Uhr die Marke von 10.200 Punkten und ist damit kurstechnisch auf das Vor-Brexit-Niveau zurückgekehrt.
Die Unsicherheit über den Austrittsprozess der Briten sowie die zukünftigen Handelsbeziehungen scheint die Industrie jedenfalls noch nicht unmittelbar beeindruckt zu haben. Hierzu mag beigetragen haben, dass sich die Märkte erstaunlich widerstandsfähig im Nachgang des Brexit-Votums gezeigt hatten. Allerdings hatte sich im Juni auch gezeigt, dass über 60% der durch das ifo-Institut befragten Unternehmen keine negativen Effekte für den Fall des britischen Ausstiegs auf ihr Geschäft erwarten.
Allerdings könnten sich die Unternehmen hier auch vorschnell in zu großer Sicherheit wiegen. Immerhin ist Großbritannien der drittwichtigste Exportmarkt Deutschlands. Im Verarbeitenden Gewerbe dürften vor allem der Fahrzeugbau mit Argusaugen auf die bevorstehenden Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien blicken. In dieser Branche ist nicht nur das Verhältnis von Auslandsumsätzen zum Gesamtumsatz besonders hoch. Auch ist der Anteil von Kraftwagen und Kraftwagenteilen an den Exporten nach Großbritannien um fast 15 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt. Über die Bedeutung des Fahrzeugbaus für Konjunktur und Beschäftigung in Deutschland brauchen wir sicher keine Worte zu verlieren.
Nach nunmehr einem Monat ergibt sich bei den Stimmungsindikatoren ein zweigeteiltes Bild. Finanzmarktexperten scheinen den Umfragen (ZEW, sentix) zufolge, einen stärkeren Einfluss des Brexit-Votums auf die deutsche Wirtschaft zu befürchten als die Unternehmenslenker. Hier passen die ifo-Zahlen zu den Ergebnissen der Markit Einkaufsmanagerindizes. Allerdings ist ein Datenpunkt noch zu wenig, um verlässliche Aussagen treffen zu können. Es macht aber Hoffnung, dass zumindest über den Stimmungskanal die Beeinträchtigungen im Rahmen bleiben.
Fazit: Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juli nur leicht gesunken. Während die Geschäftserwartungen wie erwartet leicht nach unten angepasst wurden, wird die aktuelle Lage nochmals besser beurteilt. Die Unternehmen blicken somit recht gelassen auf die Nach-Brexit-Welt. Dem deutschen Aktienmarkt hat dies kräftige Impulse gegeben: Der DAX sprang erstmals seit einem Monat wieder über die Marke von 10.200 Punkten. Wir bleiben aber vorsichtig, da sich durchaus in den kommenden Monaten noch stärkere Effekte zeigen könnten. Falls nicht, würden wir nichts lieber tun, als unsere BIP-Prognose von 1,0% für 2017 wieder anzuheben!