Der Honig hängt für den Crowdinvestor am Exit
Das Hamburger Start-up-Unternehmen Protonet scheint ein Garant für hohen Wellenschlag zu sein. 2014 stellte das Unternehmen einen Crowdfunding-Weltrekord auf, als es innerhalb von drei Stunden 1 Million Euro an Anlegergeldern einsammelte. Insgesamt wurden in der Finanzierungsrunde über die Plattform Seedmatch 3 Millionen Euro aufgenommen, nachdem zwei Jahre zuvor in einer ersten Runde bereits 200.000 Euro eingesammelt worden waren. Seitdem galt der Hardware-Entwickler aus der Hansestadt als deutsches Vorzeigebeispiel unter den crowdfinanzierten Wachstumsunternehmen und war Darling der Medien.
Könnte aus dem vermeintlichen Ritterschlag …
Die vorläufige Krönung der Erfolgsstory sollte eigentlich die im Februar gemeldete Eröffnung einer US-Niederlassung und die Aufnahme in das renommierte Inkubator-Programm des kalifornischen Venture-Fonds Y Combinator sein. Doch nun schlagen die Wellen zurück und die Protonet-Gründer lernen genauso wie die Plattform-Initiatoren, dass mit dem vermeintlichen Erfolg und nachhaltigen Wachstumsdrang eines jungen Unternehmens die Probleme nicht kleiner werden.
Rechtsanwälte und Strategen sollten sich den Fall genau ansehen, denn hier wird gerade ein spannendes Lehrbuchkapitel zum Thema Start-up-Finanzierung geschrieben – Ausgang noch ungewiss. Das Problem ist, dass durch den Einstieg des Investors und den dafür vorgenommenen Umbau der Firmenstruktur möglicherweise ein „Exit-Event“ entstanden ist. Bei vielen Crowdinvesting-Plattformen ist für solche Ereignisse in den Darlehensverträgen die Rückzahlung der Investments plus Bonus vereinbart. Damit sollten eigentlich die Interessen beider Parteien gewahrt werden: Das Unternehmen wird nicht durch die Crowd in seinem weiteren Expansionsdrang gebremst, die Investoren auf der Gegenseite werden bei einer erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens nicht mit mickrigen Darlehenszinsen abgespeist.
Hier liegt eine Krux der aktuellen deutschen Regulierung der Start-up-Finanzierung über Crowdinvesting durch das Kleinanlegerschutzgesetz begraben. Denn bei Investitionen in Start-ups lohnt sich die Sache in der Regel nur, wenn unter zehn Beteiligungen zumindest ein High-Flyer ist, der den Einsatz vervielfacht. Durch die vom Gesetzgeber verordnete Finanzierung über Partiarische Nachrangdarlehen – und damit der Ausschluss einer echten Beteiligung am Eigenkapital – kann der Investor nur durch vertraglich vereinbarte Bonuszahlungen vom Wertzuwachs eines Investments profitieren. Bei potenziellen Anschlussfinanzierungen durch VCs ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der neue Investor ein Interesse am Ablösen der Crowd hat. Soweit machen die vertraglichen Vorkehrungen für alle Seiten Sinn.
… versehentlich ein „Kopf ab“ werden?
Wenn der neue Investor eigentlich nur eine zusätzliche Finanzierung stellt, durch die Struktur der Transaktion aber – wie offenbar bei Protonet nun der Fall – gleichzeitig ein Exit-Event ausgelöst wird, gibt es ein Problem, das die meisten wohl bislang nicht auf der Rechnung hatten: Das crowdfinanzierte Unternehmen braucht das Darlehen der Crowd weiterhin oder wäre im Zweifelsfall zur sofortigen Rückzahlung gar nicht in der Lage. Bei Letzterem wäre die Rückforderungsmöglichkeit für die Nachrangdarlehensgeber allerdings per se ausgeschlossen. Was nun?
Im Fall Protonet spielt sich für die Unbeteiligten ein spannender Wirtschaftskrimi ab, den Beteiligten kann man nur wünschen, dass eine Lösung gefunden wird, mit der die Investoren leben können und das Unternehmen weiterwachsen kann.