Nord LB – BIP Euroland: Aufschwung in schwierigem Umfeld – Marktpanik fordert EZB
Heute hat die europäische Statistikbehörde Eurostat ihre erste Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone im Schlussquartal des Jahres 2015 veröffentlicht. Demnach erhöhte sich das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Währungsunion um 0,3% im Vergleich zum Vorquartal. Die Jahresrate verringerte sich leicht auf 1,5% Y/Y. Auch für das Gesamtjahr 2015 ergibt sich damit ein Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 1,5% im Vergleich zu 2014. Die BIP-Zahlen sind wie erwartet ausgefallen. Im gemeinsamen Währungsraum hat sich damit trotz des schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds der konjunkturelle Aufschwung fortgesetzt.
Das Wachstum verteilt sich im zurückliegenden Quartal erneut auf mehrere Schultern. In Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Eurozone, legte die Wirtschaftsleistung ebenfalls um 0,3% gegenüber dem Vorquartal zu. Nur marginal schwächer fiel das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal in Frankreich aus (+0,2% Q/Q). Italien (+0,1% Q/Q) und Spanien (+0,8% Q/Q) entwickeln sich weiterhin sehr unterschiedlich. In Belgien und den Niederlanden verlief die Expansion durchschnittlich (+0,3% Q/Q), während Österreichs Wirtschaft erneut nur stagnierte.
In Deutschland wurde das Wachstum auch zum Jahresende von den privaten und vor allem öffentlichen Konsumausgaben unterstützt. Aber auch die Bauinvestitionen profitierten von milder Witterung, steigender Nachfrage und einem weiterhin strukturell günstigen Umfeld. Vom Außenhandel gingen hingegen erneut keine positiven Wachstumseffekte aus. Die Exporte gingen demnach preisbereinigt stärker zurück als die Importe.
Wie erwartet kam es in Griechenland zu einem Rückfall in die Rezession. Die Wirtschaftsleistung verringerte sich jedoch trotz der massiven Verwerfungen zur Jahresmitte und neuen empfindlichen Einschnitten der Regierung „nur“ um 0,6% gegenüber dem Vorquartal. Portugal steht sicher im Fokus, nachdem die Anleihen des Landes in den letzten Wochen unter erheblichen Abgabedruck gerieten. Im Schlussquartal legte hier das BIP um immerhin 0,2% Q/Q zu, womit sich zumindest bis jetzt realwirtschaftlich keine Verschlechterung andeutet. Allerdings sollte die neue Regierung dringend die Haushaltsrisiken adressieren und Druck vom Anleihemarkt nehmen.
Insgesamt ist das ökonomische Bild in der Eurozone bis zuletzt recht stabil. Allerdings hat die regelrechte Panik an den Märkten das Potenzial, irgendwann auch die Realwirtschaft in Mitleidenschaft zu ziehen. Daher ist die EZB nicht nur wegen der extrem niedrigen Inflationserwartungen gefordert. Für den März erwarten wir, dass die EZB deutlich den Einlagesatz auf -0,50% senkt und Maßnahmen ergreift, um ihre Bilanz noch schneller auszuweiten. Bei einer fortgesetzten Panik an den Märkten und einem Spillover auf die Realwirtschaft könnte aber die Geldpolitik an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gelangen. Eine Prognose der konjunkturellen Entwicklung ist derzeit mit hoher Unsicherheit behaftet. Grundsätzlich sind die Rahmenbedingungen mit niedrigem Ölpreis und Niedrigzinsumfeld sowie besseren Arbeitsmarkt- und Budgetzahlen positiv. Wenn die Panik weichen sollte, steht aber einem Wachstum von rund 1,5% auch in 2016 nichts im Wege!
Fazit: Der konjunkturelle Aufschwung in der Eurozone hat sich wie erwartet bis zum Jahresende 2015 fortgesetzt. Das Bruttoinlandsprodukt legte im vierten Quartal um 0,3% Q/Q zu, im Gesamtjahr 2015 lag die Wachstumsrate mit 1,5% so hoch wie seit 2011 nicht mehr. Die großen Volkswirtschaften setzten ihren mehr oder weniger positiven Trend fort, und auch die Zahlen aus Griechenland und Portugal sind nicht so schlecht ausgefallen. Alles gut, wäre da nicht die aktuelle Marktpanik. Die EZB ist daher nicht nur wegen der stark gesunkenen Inflationserwartungen gefordert, im März ein klares Signal zu senden. Diesmal werden die Markterwartungen sicher nicht wie im Dezember enttäuscht werden!