Fünf Antworten auf die Frage nach günstigem Wohnraum
Das Baugewerbe in Deutschland steht vor einem Neubeginn. Noch ist die Branche außerordentlich fragmentiert. Private Bauherren stemmen mehr als 80 Prozent des Volumens neuer Einfamilienhäuser. Kaum ein Bauträger übertrifft einen Marktanteil von einem Prozent, es tummeln sich zehntausende Freiberufler und Einzelbetriebe. Das wird sich völlig ändern. Am Ende der anrollenden Konsolidierungswelle im Wohnsektor stehen Anbieter, die hoch standardisiert und effizient ganze Siedlungen errichten.
Fünf Gründe sprechen dafür. Erstens: Die Baubranche muss eine Vielzahl von Auflagen bewältigen. Und zwar über die gesamte Prozesskette hinweg - von der Projektplanung bis zur Bauabnahme. Diese Komplexität lässt sich von einzelnen Bauherren und kleinsten Betrieben kaum noch steuern. Auch in der Baubranche stehen daher serielle Lösungen vor dem Durchbruch: Für eine standardisierte Fertigung wird jede Vorschrift einmal durchgeplant und dann auf hunderte identische Immobilien übertragen.
Damit ist auch der zweite Punkt halbwegs entschärft: der Fachkräftemangel. Serielles Bauen spielt hier seine Stärke aus. Alles kommt aus einer Hand, Schnittstellenprobleme entfallen, Abläufe sind eingespielt und durch Standardisierung perfektioniert. Das steigert die Effizienz der Mitarbeiter deutlich.
Der dritte Aspekt – Material und Logistik – hat denselben Hintergrund. Die meisten Gebäude in Deutschland entstehen heute als Einzelstücke auf gesonderten Grundstücken. Das ist im Grunde eine fortlaufende Fertigung individueller Prototypen – ein Prinzip, das in fast allen anderen Branchen längst der Vergangenheit angehört. Serielle Herstellung wird auch am Bau die Vielfalt und die Bezugsquellen von Material reduzieren, im Gegenzug die gehandelten Einzelmengen erhöhen und die Logistikketten vereinfachen.
Das alles wird die Baukosten nachdrücklich senken – wirkt aber nicht, wenn im wahrsten Sinne des Wortes die Basis fehlt: der Baugrund. Für diesen vierten Aspekt bietet serielles Bauen ebenfalls eine Lösung. Denn der Druck auf die Innenstädte und deren rare Restgrundstücke muss nicht sein. Wer ganze Siedlungen mit bewährter Wohn- und Lebensqualität errichtet, macht auch Randlagen attraktiv. Vor allem, wenn sich dort junge Familien das Wohnen wieder leisten können. Das erklärt das große Interesse von Kommunen an diesem Modell.
Und fünftens schafft eine standardisierte Fertigung die Voraussetzungen für Digitalisierung und Automation am Bau. Identische Fertigungsschritte lassen sich eben gut an Kollege Roboter delegieren. Ein Beispiel für den bevorstehenden Innovationsschub: Was früher nur für Fertighäuser galt, nämlich die Vorfertigung großer Teile an einer zentralen Stelle, leisten automatisierte Anlagen als Mauerwerk Stein auf Stein. Das reduziert den Bedarf an Fachkräften und Bauzeit auch im Massivhausbau weiter. Individualität fällt dabei nicht unter den Tisch – für sichtbare Elemente wie Fassaden und Raumaufteilung lässt sich Abwechslung planen.
Unter dem Strich wird serielles Bauen zum Umbruch einer Branche führen, die mit mehr als 300 Milliarden Euro Umsatz eine der größten in Deutschland ist. Das birgt enormes Potenzial – und wird in vielen Fällen die Frage nach günstigem Wohnraum einfach beantworten: klar, mit Standardisierung und industrieller Vorfertigung kein Problem!
Gastautor: Otfried Sinner, Vorstandsvorsitzender der Traumhaus AG, Wiesbaden
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